In immer mehr Ländern werden Cannabis-haltige Lebensmittel legalisiert. In einem Kommentar sprechen sich zwei kanadische Forscher allerdings dafür aus, dass ÄrztInnen deutlicher auf potenzielle Nebenwirkungen hinweisen sollten.
Dr. Jasleen Grewal und Dr. Lawrence Loh von der University of Toronto weisen darauf hin, dass besonders bei Personen ohne Cannabis-Erfahrung, Familienmitgliedern wie Kindern oder Haustieren ein Risiko durch Rauschmittel-haltige Lebensmittel vorliegt. "Obwohl Cannabis in Lebensmittelform gemeinhin als sicherste Form des Konsums gilt, sollten Mediziner auch immer die nicht zu unterschätzenden Risiken im Hinterkopf behalten", merkten die ForscherInnen an.
Besondere Stichwörter hierbei sind "Dauer der Wirkung" und "Überkonsum". Die WissenschaftlerInnen weisen darauf hin, dass im Vergleich zum inhalierten Cannabis bei essbaren Produkten die Wirkung bis zu vier Stunden nach dem Konsum eintreten kann. Dies könne besonders bei Unerfahrenen schnell in einem Überkonsum resultieren. Außerdem könne beim Verzehr von Haschkeksen oder ähnlichem die Wirkung des Stoffs bis zu acht Stunden andauern, länger als in gerauchter Form.
Auch legal erwerbliche Produkte mit staatlich festgelegten Grenzwerten sind nach Grewal und Loh mit Vorsicht zu genießen. Die beiden ForscherInnen weisen darauf hin, dass jedes Individuum unterschiedlich auf das Rauschmittel reagieren kann. Zudem könnten Haschprodukte in optisch ansprechenden Formen – zum Beispiel als Keks oder Süßigkeit – besonders reizvoll für Kinder oder Haustiere sein. Kinder zählen für die Forscher neben älteren Bevölkerungsteilen auch zur Hauptrisikogruppe.
Loh und Grewal merken an: "Nach der Legalisierung von essbaren Cannabis-Produkten in Colorado kam es im Zeitraum von 2013 bis 2017 zu einer 70% höheren Beanspruchung medizinischer Dienste aufgrund von versehentlichem Cannabis-Konsum bei Kindern. Bei älteren Erwachsenen hingegen wurde der Konsum solcher Produkte in Zusammenhang mit stärkerer kognitiver Beeinträchtigung, erhöhtem Risiko für Hypotonie-bedingte Stürze, Arrhythmien und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten gebracht."
Die AutorInnen des Kommentars schlussfolgerten: "Wenn PatientInnen sich bei ÄrztInnen über Cannabis oder Cannabis-haltige Esswaren erkundigen, sollten sie unbedingt über Absicherungen für Kinder, das Potenzial eines versehentlichen Überkonsums und die verzögerte Wirkung hingewiesen werden. Außerdem sollte dringend die Wechselwirkung mit Substanzen wie Alkohol, Benzodiazepinen, Schlafmitteln und Opioiden betont werden."
Quelle:
Grewal JK & Loh LC. CMAJ 2020; 192(1): E1-E2; doi:10.1503/cmaj.191217