In einer Psychotherapie können Patienten ihr Innerstes offenbaren - und machen sich damit verletzlich. Über die Risiken und Nebenwirkungen diskutieren nun Forscher auf einer Tagung in Jena.
Wie Medikamente haben auch Therapien oft unerwünschte Nebenwirkungen. Darüber informieren und diskutieren Forscher am Freitag und Samstag auf einer Tagung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. "In jeder Therapie gibt es unerwünschte und erwartete Ereignisse", sagte Bernhard Strauß, Direktor des Instituts für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena. Anders als bei Arzneimitteln seien diese aber lange Zeit kaum erforscht worden.
Nebenwirkungen könnten auch dann auftreten, wenn sich der Therapeut völlig korrekt verhalten habe, so Strauß. Ein Patient müsse etwa damit rechnen, dass sich das persönliche Empfinden im Verlauf der Therapie zwischenzeitlich verschlechtern kann.
Darüber hinaus habe eine Therapie manchmal Folgen für das soziale Umfeld des Patienten. "Die Familie oder der Partner kriegen vermutlich mit, dass sich beim Patient etwas verändert", sagte Strauß. Manchmal komme es auch zu Stigmatisierungen in der Gesellschaft. So lehnten manche private Krankenkassen Menschen, die schon einmal in therapeutischer Behandlung waren, ab. Auch am Arbeitsplatz könne nicht jeder damit rechnen, auf Verständnis zu stoßen.
Risiken seien zum Beispiel, dass der Patient ein ungesundes Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Therapeuten entwickelt. Oder er sich aus dem Mangel an Plätzen für die falsche Therapieform entscheidet. "Patienten sind durch das System und den Mangel an Plätzen in ihrer Wahlfreiheit eingeschränkt", sagte Strauß. Man könne nicht erwarten, dass jeder Therapeut zu jedem Patienten passe.
Auf der Tagung wollen Experten Forschungsergebnisse vorstellen. Therapiefehler sollen ebenso thematisiert werden wie positive Nebenwirkungen, hieß es in der Ankündigung. Unter anderem ist ein Vortrag der Fachärztin Andrea Schleu vom "Ethikverein e.V. - Ethik in der Psychotherapie" geplant. Dort werden Patienten, die Probleme mit ihrer Psychotherapie haben, von ausgebildeten Therapeuten beraten. Laut Strauß lagen die Beschwerden, die im vergangenen Jahr beim Ethikverein eingingen, im dreistelligen Bereich.