Sachsen-Anhalt unterstützt ein Präventionsangebot der Berliner Charité für Menschen mit pädophilen Neigungen. Kinder sollen so geschützt werden. Wie wird es angenommen?
Seit Juni vergangenen Jahres fördert Sachsen-Anhalt ein Fernbehandlungs-Projekt für Jugendliche und Erwachsene mit pädophilen Neigungen, das an der Berliner Charité angesiedelt ist. Seit Projektbeginn wurden 52 Kontaktaufnahmen registriert, darunter waren 50 Erwachsene und 2 Jugendliche, wie das Sozialministerium in Magdeburg auf Nachfrage mitteilte. In zwei Fällen hätten sich stellvertretend die Angehörigen gemeldet.
"Die bisherige Resonanz des Projekts übertrifft die aufgrund der Erfahrungen in Bundesländern mit vergleichbarer Größe angenommene Zahl von Kontaktaufnahmen", erklärte eine Ministeriumssprecherin. "Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die erhöhte Anonymität und der Wegfall der Fahrtzeiten zum Behandlungsort die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme senken." Das Hilfsangebot kann anonym und kostenfrei in Anspruch genommen werden. Betroffene könnten eine Videosprechstunde nutzen.
23 Fälle seien dem sogenannten Dunkelfeld zugerechnet worden. Elf Fälle seien ausgeschlossen worden, weil es sich um Personen gehandelt habe, die Hilfe suchten, aber bereits eine Strafe verbüßten oder Verdächtige in einem Ermittlungsverfahren seien. Damit gehörten sie nicht zur Zielgruppe des Projektes. Die vergleichsweise hohe Anzahl von Anfragen aus dem "Hellfeld" deutet laut Ministerium auf Lücken in der Versorgungsstruktur für diese Gruppe hin.
Sachsen-Anhalt ist den Angaben zufolge derzeit das einzige Bundesland, das dieses Projekt des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité fördert. Im Jahr 2020 standen dafür laut Sozialministerium Haushaltsmittel in Höhe von 74 000 Euro zur Verfügung. Für 2021 sind 115 000 Euro eingeplant.
Im vergangenen Jahr waren zahlreiche Missbrauchsfälle vor allem in Nordrhein-Westfalen bekannt geworden. In Sachsen-Anhalt hatte die Polizei im vergangenen Jahr 506 Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern registriert und damit ähnlich viele Fälle wie im Vorjahr. Es wird eine hohe Dunkelziffer vermutet.
Ziel des Projekts an der Charité sei es, sexuellen Missbrauchshandlungen an Kindern in einem Stadium vorzubeugen, in dem noch nichts geschehen sei, hatte der Initiator des Projekts Klaus M. Beier zum Auftakt im Juni 2020 erklärt. Ein Prozent der männlichen Bevölkerung habe aktueller Forschung zufolge pädophile Neigungen und fühle sich von kindlichen Körpern sexuell angesprochen. Auch sei die Rückfallquote bei Menschen mit diesem Krankheitsbild mit 80 Prozent sehr hoch.