Schlaganfall-Reha: Entspannung oder Laufbandtraining?

Fortschritte in der Schlaganfalltherapie führen zu einem immer besseren Überleben. Es steigt dadurch aber auch die Zahl der PatientInnen, die nach Schlaganfall mit bleibenden Behinderungen leben müssen. Somit kommt der Rehabilitation eine wachsende Bedeutung zu.

Eine Frage der Intensität

Fortschritte in der Schlaganfalltherapie führen zu einem immer besseren Überleben. Es steigt dadurch aber auch die Zahl der PatientInnen, die nach Schlaganfall mit bleibenden Behinderungen leben müssen. Somit kommt der Rehabilitation eine wachsende Bedeutung zu.

Derzeit ist die Datenlage zu erfolgsversprechenden Trainingsmethoden jedoch widersprüchlich. Das von den amerikanischen Fachgesellschaften empfohlene Ausdauertraining zeigte sich in der aktuellen Studie "PHYS-STROKE" unter Leitung der Direktorin der Neurologischen Klinik an der Universitätsmedizin Greifswald (UMG), Professorin Dr. Agnes Flöel, gegenüber einer Entspannungstherapie als nicht überlegen.

Die neuen Daten deuten darauf, dass in der Frühphase nach einem Schlaganfall "weniger vielleicht mehr" ist. Die Studienergebnisse wurden gestern im British Medical Journal veröffentlicht und sollen auf einer Tagung des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (DZHK) am 30. September in Greifswald vorgestellt werden.

Widersprüchliche Datenlage

Weltweit erleiden jährlich zehn Millionen Menschen einen Schlaganfall. Davon erholt sich mindestens ein Drittel funktionell nicht wieder vollständig. Medikamente zur effektiven Unterstützung der Rehabilitation stehen nicht zur Verfügung. Die Behandlung besteht hauptsächlich aus einer intensiven Physio- und Ergotherapie und im Falle von Sprachstörungen in der Logopädie sowie in neuropsychologischen Maßnahmen. Ein gezieltes Laufband-Training kann die Geschwindigkeit und Ausdauer beim Gehen und Treppensteigen verbessern.

Die Datenlage zu den Ergebnissen einer solchen Schlaganfall-Reha ist allerdings widersprüchlich. "Generell lassen sich die Studien wegen der Unterschiede im Hinblick auf Art, Intensität und Zeitpunkt des Trainingsbeginns schwer vergleichen", erklärte Prof. Dr. Agnes Flöel. "Insbesondere für Patienten in der Frühphase nach einem Schlaganfall bestehen nach wie vor Unsicherheiten, welches Training optimal ist."

Suche nach bestmöglichen Behandlungsstrategien weiter im Fokus

Im Rahmen der großen deutschen Studie "PHYS-STROKE" ("Physical Fitness Training in Patients with Subacute Stroke") wurden von 2013 bis 2017 in sieben stationären Rehabilitationskliniken die Effekte eines aeroben Laufband-Trainings mit Beginn in der Frühphase nach einem Schlaganfall untersucht. An der Studie nahmen 200 erwachsene SchlaganfallpatientInnen mit einem Durchschnittsalter von 69 Jahren teil. Die Studiengruppe mit 105 ProbandInnen absolvierte zusätzlich zu den Standard-Reha-Maßnahmen ein aerobes Laufband-Training, die Kontrollgruppe mit 95 ProbandInnen nahm neben den Standard-Reha-Maßnahmen an Entspannungseinheiten teil. Jede Gruppe absolvierte das jeweilige Training fünfmal wöchentlich, jeweils 25 Minuten, über insgesamt vier Wochen.

"Zusammenfassend war das frühe vierwöchige Laufband-Training hinsichtlich des maximalen Gehtempos und der Alltags-Fitness nach drei Monaten dem Entspannungstraining nicht überlegen", so Prof. Martin Ebinger von der Medical Park Berlin Humboldtmühle, der an der Planung und Durchführung der Studie beteiligt war. "Die vorliegenden Daten sprechen also dafür, bei mittel bis schwer betroffenen Patienten in der subakuten Phase nach Schlaganfall aerobes Training nicht zu forcieren. Möglicherweise könnten aber leichter betroffene Patienten schon früher profitieren. Dieser Frage muss in künftigen Studien nachgegangen werden, damit konkrete Empfehlungen für diese Gruppe gegeben werden können."

Quelle:
Nave Alexander H, Rackoll Torsten, Grittner Ulrike, Bläsing Holger, Gorsler Anna, Nabavi Darius G et al. Physical Fitness Training in Patients with Subacute Stroke (PHYS-STROKE): multicentre, randomised controlled, endpoint blinded trial BMJ 2019; 366
DOI: https://doi.org/10.1136/bmj.l5101