Vorhofflimmern ist ein weit verbreitetes Gesundheitsproblem mit weltweit steigender Prävalenz. Nach epidemiologischen Studien ist dieser Anstieg vornehmlich einer alternden Bevölkerung und einer verbesserten Diagnostik zur Abgrenzung zum Beispiel von einem Myokardinfarkt geschuldet. Die Forschungsbemühungen haben sich in der neuen Ära der direkten oralen Antikoagulantien, die alternativ zu Vitamin-K-Antagonisten gegeben werden können, auf das antithrombotische Management zur Prävention von Schlaganfällen fokussiert. Und obwohl diese groß angelegten Phase-3-Studien Patienten aus zahlreichen Zentren in verschiedenen Ländern der Welt eingeschlossen haben und breite Populationen untersucht wurden, könnten regionale Unterschiede und solche in der Qualität des Behandlungsmanagements die Ergebnisse beeinträchtigt haben.
Im Magazin The Lancet berichten Jeff S. Heale und seine Kollegen von den Ergebnissen ihrer Kohortenstudie, in die prospektiv erhobene Daten von Patienten, die sich mit Vorhofflimmern in einer Rettungsstelle vorgestellt haben, eingeflossen sind. 15.400 Patienten aus 47 Ländern in acht geographischen Regionen wurden in die Studie eingeschlossen. Dabei wurde das Vorhofflimmern entweder als primäre oder sekundäre Diagnose bekannt. Der primäre Endpunkt war das Eintreten des Todes oder eines Schlaganfalls ein Jahr nach der Vorstellung in der Rettungsstelle.
Unter den Patienten mit Vorhofflimmern als sekundäre Diagnose traten mehr Todesfälle auf – verglichen mit Patienten mit Vorhofflimmern als primärer Diagnose (1.381 [16%] von 8.536 Patienten vs. 377 [6%] von 6.825, p<0.0001]). Ebenso traten beim Vorhofflimmern als Zweitdiagnose vermehrt Schlaganfälle auf. Darüber hinaus bemerkten die Forscher ungeklärte interregionale Unterschiede sowohl hinsichtlich der Schlaganfallraten als auch bezüglich des Mortalitätsrisikos; sie untersuchten allerdings nicht die Daten zur primären und sekundären Diagnose mit Fokus auf verschiedene Regionen, mutmaßten jedoch, dass die oben genannten Umstände der Tatsache geschuldet sein könnten, dass Patienten in ärmeren Regionen der Welt eher ernste Komplikationen entwickelten (abgesehen von Arrhythmien), während sie auf medizinische Versorgung warteten. Die Feststellung eines Vorhofflimmerns – sofern es nicht asymptomatisch verläuft – benötigt nicht mehr als die Pulskontrolle per Palpation. Patienten und Ärzte in den armen Ländern der Welt sollten ermutigt werden, sich dieser einfachen Technik zu bedienen, um proaktiv ein mögliches Vorhofflimmern zu entdecken – so könnten Kliniker zeitnah die optimale Behandlung mit Antikoagulantien initiieren, sofern Risikofaktoren für einen Schlaganfall bestehen. Diese opportunistische Screeningmethode ist auch kostengünstiger als ein systematisches Screening auf Vorhofflimmern.
Die Zahl an Patienten, die ein Jahr nach ihrer Vorstellung in der Rettungsstelle einen Schlaganfall entwickelten, war in Afrika (89 [8%] von 1.137 Patienten), in China (143 [7%] von 2.023) und Südostasien (88 [7%] von 1.331) am höchsten und am niedrigsten in Indien (20 [<1%] von 2.536). Trotz des Einsatzes verschiedener Modelle zur Anpassung blieb ein großer Anteil interregionaler Unterschiede bezüglich der Schlaganfälle und Mortalität in der Analyse bestehen. Rauchen ist kürzlich als starker Vorhersageparameter für Schlaganfälle und eine insgesamt erhöhte Mortalität definiert worden, und zwar auch nach Anpassung an bereits etablierte Risikofaktoren für Schlaganfälle. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO besteht in Afrika, China und Südostasien eine hohe Prävalenz unter Erwachsenen für das tägliche Rauchen (obwohl die Daten nicht für alle Länder in allen Regionen vollständig sind). Die erhöhte Rate an Schlaganfällen mag bei Patienten mit Vorhofflimmern also zum Teil durch die Assoziation zwischen Raucherprävalenz und Schlaganfallrisiko zu erklären sein. Dieser Umstand und möglicherweise auch andere kulturell bedingte Verhaltensweisen, die nicht in der Analyse berücksichtigt wurden, sind wahrscheinlich wichtige Variablen, die bei der Interpretation der Ergebnisse bedacht werden müssen.
In der Studie erhielten 703 (46%) von 15.400 Patienten keine orale Antikoagulation, wie es die Leitlinien vorsehen. In einer ähnlich angelegten europäischen Studie zu Patienten mit Vorhofflimmern erhielten mindestens 70 Prozent der Probanden eine orale Antikoagulation. Die Initiierung einer solchen oralen Antikoagulation zur Schlaganfallprävention sollte streng nach den Empfehlungen der aktuellen Leitlinien realisiert werden. Ärzte und Pflegepersonal auf der ganzen Welt sollten dringend dazu angehalten werden, die Gefahren, die ein Vorhofflimmern birgt, zu reduzieren, indem das Schlaganfallrisiko und die Mortalitätsraten mittels einer oralen Antikoagulation gesenkt werden. Nach der Diagnose eines Vorhofflimmerns ist der nächste angebrachte Schritt, Patienten mit einem Risiko für Thromboembolien zu identifizieren und dementsprechend effektive Antikoagulantien sowie Beratung bezüglich des Lifestyles anzubieten, wie beispielsweise Nikotinkarenz und Gewichtsverlust. Und schließlich können die Präferenz des Patienten und die Einschätzung des Arztes dabei helfen, die Antikoagulation mittels eines Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Warfarin oder Marcumar) oder einer direkten oralen Antikoagulation (z.B. Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban) einzuleiten.