Schützt Sport auch die Nervenbahnen?

Was schlecht für das Herz ist, scheint auch schlecht für das Gehirn zu sein. Das Level körperlicher Aktivität ist positiv mit der Intaktheit der weißen Substanz und kognitiver Leistungsfähigkeit assoziiert.

Schlechte kardiopulmonale Fitness geht mit erhöhtem Risiko für Demenz einher

Was schlecht für das Herz ist, scheint auch schlecht für das Gehirn zu sein. Das Level körperlicher Aktivität ist positiv mit der Intaktheit der weißen Substanz und kognitiver Leistungsfähigkeit assoziiert.

Nachdem Vorarbeiten hierzu lediglich Selbsteinschätzungen von Patienten bezüglich ihrer Fitness heranzogen, geht eine neu erschienene Studie noch einen Schritt weiter, indem sie die kardiopulmonale Belastbarkeit auch objektiv erfasst – und den Zusammenhang bestätigt.1

Hierzu wurde die maximale Sauerstoff-Aufnahme (VO2max), die Integrität der weißen Substanz (mittels Diffusions-Tensor-Bildgebung) und die neurokognitive Leistungsfähigkeit (mit Schwerpunkt auf Gedächtnis- und Exekutivfunktion) bei 55 Patienten mit aMCI (amnestisch betonte milde kognitive Beeinträchtigung) und 26 kognitiv unauffälligen älteren Erwachsenen gemessen (Alter  65±7 Jahre, 43 Frauen).

Zusammenhang zwischen kardiopulmonaler Belastbarkeit und Verfall wichtiger Nervenbahnen

Nach Adjustierung für Geschlecht, Alter, BMI, Läsionslast der weißen Substanz und MCI-Status zeigte sich eine positive Korrelation zwischen dem kardiopulmonalen Fitnesszustand und der Intaktheit der Nervenbahnen der weißen Substanz, welche wiederum mit besserer kognitiver Funktion bei MCI-Patienten vergesellschaftet ist. Das Maß der "Unversehrtheit" der weißen Substanz wird auch als Prädiktor für den Erhalt der kognitiven Plastizität in steigendem Alter angesehen.

Größere Studien laufen

Das O'Donnell Brain Institute führt nun eine multi-zentrische Folgestudie durch, in der an über 600 Teilnehmern mit erhöhtem Demenz-Risiko über 5 Jahre untersucht werden soll, ob und in welcher "Dosis" regelmäßiges Training eine gute Hirnfunktion erhalten kann und ob sich Sport auch noch modulierend auf Verläufe auswirken könnte, bei denen bereits kognitive Defizite eingetreten sind.

Kann körperliches Training das Fortschreiten Alzheimer-typischer Neuropathologien verhindern?

In dieser Richtung gibt es spannende Vorarbeiten, die von einer Verbesserung kognitiver Defizite durch langfristiges körperliches Training berichten – wenn auch (bislang) ausschließlich im Mausmodell.2

Nach 5-monatigem Laufband-Training wurde eine deutlich reduzierte Ablagerung von β-Amyloid (Aβ) im Hippocampus und ein Rückgang der Hyperphosphorylierung von Tau-Protein festgestellt. Bei Alzheimer und anderen Tauopathien führt die überschießende Phosphorylierung zu einer "Verklumpung" dieser Proteine, die sich sodann als charakteristische Tau-Fibrillen ablagern. Parallel dazu gingen auch APP-Phosphorylierung (Amyloid Precursor Protein) und PS1-Expression (Presenilin) merklich zurück.

Referenzen:
1. Ding, K. et al. Cardiorespiratory Fitness and White Matter Neuronal Fiber Integrity in Mild Cognitive Impairment. J. Alzheimers Dis. 61, 729–739 (2018).
2. Liu, H., Zhao, G., Zhang, H. & Shi, L. Long-term treadmill exercise inhibits the progression of Alzheimer’s disease-like neuropathology in the hippocampus of APP/PS1 transgenic mice. Behav. Brain Res. 256, 261–272 (2013).