Einer neuen Untersuchung zufolge unterliegen Arbeitnehmer, die von ihren Kollegen sexuell belästigt werden, einem höheren Risiko für Depressionen als Arbeitnehmer, die sexuelle Belästigung von Kunden oder Auftraggebern erfahren.
Die Ergebnisse einer Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes lassen vermuten, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz fast schon - wie die morgendliche Tasse Kaffee - zum Arbeitsalltag gehört. Denn die Erhebungen aus dem Jahr 2015 besagen, dass über die Hälfte aller Arbeitnehmer in Deutschland bereits eine Form von sexueller Belästigung erfahren oder beobachtet hat.
Der Antidiskriminierungsstelle des Bundes können wir entnehmen, dass unerwünschte sexuelle Handlungen, die Aufforderung zu unerwünschten sexuellen Handlungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie das unerwünschte Zeigen und sichtbare Anbringen von pornographischen Darstellungen, zum Beispiel in Form einer Platzierung von pornografischen Magazinen auf dem Schreibtisch, konkret verboten und daher als sexuelle Belästigung einzustufen sind.
Eine Studie aus Dänemark hat sich diesem immer mehr in den Vordergrund rückenden Problem angenommen und interessante Entdeckungen zu den psychischen Konsequenzen der Betroffenen gemacht. "Wir waren überrascht, dass es für Betroffene einen Unterschied macht, ob sie von Kunden oder von Kollegen belästigt werden", verrät Studienautorin Dr. Ida Elisabeth Huitfeldt Madsen schon einmal vorab. Ihre Studie umfasst die Daten von 7.603 Arbeitnehmern in Dänemark und wurde mit der Intention durchgeführt, herauszufinden, mit welchem Ausmaß an Depressionen Betroffene in der Folge zu kämpfen haben.
Im Rahmen ihrer Untersuchungen hat sie Arbeitnehmer befragt, ob sie am Arbeitsplatz schon einmal sexuell belästigt wurden. Im Anschluss wurde die psychische Verfassung der Studienteilnehmer durchleuchtet, mit besonderem Augenmerk auf Depressionen.
Es stellte sich heraus, dass der Depressions-Index, der über das MDI-Intervall berechnet wird, bei Arbeitnehmern, die sexuelle Belästigung von ihren Kollegen erfahren haben, um 2,45 Punkte höher war als bei Arbeitnehmern, die von Kunden oder Auftraggebern sexuell belästigt wurden. In der Folge machten sich depressive Symptome in der erstgenannten Untersuchungsgruppe deutlicher und in höherem Ausmaß bemerkbar.
Schon vorangegangene Studien legten nahe, dass Arbeitnehmer ein erhöhtes Risiko für langfristige Krankschreibungen haben, wenn sie sexuell belästigt wurden. Die kürzlich veröffentlichte Studie zeigt nun erstmals einen Unterschied zwischen sexueller Belästigung seitens Kollegen und Kunden auf. Einen Erklärungsversuch für diesen Unterschied kann die Studienautorin nicht liefern, es ist jedoch naheliegend, dass die Enttäuschung und die damit einhergehenden Folgen schwerwiegender sind, wenn die sexuelle Belästigung von einem Personenkreis ausgeht, zu dem ein gewisses Vertrauensverhältnis besteht – wie in diesem Fall die Kollegen am Arbeitsplatz, denen Betroffene tagtäglich begegnen und mit denen sie in der einen oder anderen Mittagspause womöglich bereits auf emotionaler Ebene verbunden waren.