Wo sonst Rettungshubschrauber und Martinshorn zu hören sind, ertönen Trillerpfeifen. An der Unimedizin beklagen Studentinnen und Studenten schlechte Studienbedingungen. Die Klinik verweist auf "ausgezeichnete Noten der Absolventen", sieht aber selbst auch Verbesserungsbedarf.
Lautstarker Protest in weißen Kitteln: Mehrere hundert Medizin- und ZahnmedizinstudentInnen haben in Mainz gegen den Kurs der rheinland-pfälzischen Landesregierung protestiert und mehr Geld für ihre Ausbildung verlangt. Sie zogen vom Haupteingang der Mainzer Unimedizin, der einzigen medizinischen Fakultät im Land, bis in die Innenstadt. "Lehre am Limit - RLP handle jetzt" oder "Wo ist das S in der SPD" war auf Schildern zu lesen. Die Organisatoren der Demo unter dem Motto #LehreAmLimit hatten sich zuvor auch schon in einem offenen Brief an die Landesregierung gewandt.
Das Studium der Human- und Zahnmedizin sei unterfinanziert, kritisierte der 24-jährige Medizinstudent Vincent Bock, der zum Organisationsteam der Kundgebung gehört. An der Unimedizin gebe es zu wenig ÄrztInnen, und da die Versorgung der PatientInnen Vorrang habe, komme die Ausbildung oft zu kurz. Untersuchungskurse seien zu voll, auch die mediale Ausstattung an der Unimedizin sei mangelhaft. Es gebe auf dem Gelände beispielsweise kein WLAN.
Die Zahnmedizin-Studentin Julia Quintus (30) beklagte ein schlechtes Betreuungsverhältnis im Studium. Auch kämen zu wenige PatientInnen zu zahnmedizinischen Behandlungen durch StudentInnen in die Unimedizin. Das mache es schwierig, im Studium verlangte Leistungen zu erbringen. Das Wissenschaftsministerium erklärte den Patientenrückgang bei diesen Behandlungen mit einem ausreichenden Angebot an niedergelassenen ZahnärztInnen im Umfeld. WLAN werde es bis März 2020 in Vorlesungs- und Studienräumen für Studierende und Lehrende geben.
Wissenschaftsstaatssekretär Denis Alt (SPD) betonte, mit Blick auf die StudienanfängerInnen sei Mainz der bundesweit drittgrößte Studienort für Medizin. Zum Beispiel bei den Professuren sei die Unimedizin gut ausgestattet, um StudentInnen auszubilden. Mit über 140 Köpfen verfüge sie im Vergleich zu den Unikliniken Tübingen, Köln, Göttingen und Freiburg über die meisten ProfessorInnen, wobei andere Hochschulstandorte mit weniger professoralem Personal absolut mehr Studierende betreuen müssten. Auch das Zahnmedizin-Studium in Mainz werde von der Landesregierung unterstützt. Mit der neuen Zahn-, Mund- und Kieferklinik entstehe eine "hoch attraktive Ausbildungsstätte".
Alt erklärte weiter, für zusätzliche Studienplätze in der Humanmedizin würden im Doppelhaushalt 2019/20 insgesamt rund 950.000 Euro zur Verfügung gestellt. Damit könne die Unimedizin Lehrpersonal einstellen. In der Zahnmedizin sei keine Steigerung der Studienplätze vorgesehen und auch nicht erforderlich.
Mit dem Demonstrationszug unterwegs war der Generalsekretär der rheinland-pfälzischen CDU, Gerd Schreiner. Er sagte: "Wer ÄrztInnen möchte, muss auch ÄrztInnen ausbilden." Um auch künftig in der Fläche MedizinerInnen zu haben, müsse die Landesregierung ihrer Verantwortung gerecht werden. Die Ärzte-Gewerkschaft Marburger Bund rechnete vor, pro Medizin-Studienplatz werde in Rheinland-Pfalz gut 6.000 Euro weniger gezahlt, als andere Fakultäten in Deutschland bekämen. Den mehr als 3.400 StudentInnen der Human- und Zahnmedizin an der Mainzer Unimedizin fehlten pro Jahr gut 20 Millionen Euro.
Es mangele an Lehrpersonal und es bestehe die Gefahr, dass StudentInnen einzelne Fächer in ihrem Studiengang nicht mehr belegen könnten. Das könne dazu führen, dass die Regelstudienzeit überschritten werde. Die prinzipiell zu begrüßende geplante Erhöhung der Studierendenzahl in Mainz werde die Situation weiter verschärfen.
Landesärztekammer-Präsident Dr. Günther Matheis sagte: "Es darf nicht sein, dass die derzeitige Unterfinanzierung der Universitätsmedizin Mainz die Lehre in Mainz ans Limit bringt." Der Wissenschaftliche Vorstand der Unimedizin, Ulrich Förstermann, teilte mit, die Klinik sei in konstruktiven Gesprächen mit der Regierung. Alle Beteiligten wollten die Zukunft der Unimedizin sichern. Indem das Land im Doppelhaushalt 2019/20 mehr Geld für Forschung Lehre bereitstelle, sei ein Anfang gemacht.
"Die Universitätsmedizin hat allerdings wiederholt darauf hingewiesen, dass das konsumtive Budget für Forschung und Lehre als noch nicht auskömmlich anzusehen ist", ergänzte Förstermann. Bei den Studienbedingungen gebe es mit Sicherheit Verbesserungsbedarf, die regelmäßig ausgezeichneten Examensnoten sprächen aber auch dafür, "dass die Ausbildungsqualität an der Universitätsmedizin Mainz nach wie vor hoch ist".