Frauen machen knapp die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Und die meisten von ihnen kommen im Laufe ihres Lebens in die Wechseljahre. Doch als diejenigen, die es selbst betrifft, wissen sie wenig darüber, was sich warum in ihrem Körper verändert und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Warum ist das so?
Mit der Menopause beginnt der allmähliche Abfall der weiblichen Geschlechtshormone, was etwa zehn Jahre dauert. Erst fällt das Progesteron ab und dann in einem Zeitraum von drei bis vier Jahren auch das Östrogen - bis die Hormonproduktion fast zum Erliegen kommt. Dann sei die Frau meistens schon über 60, erklärt Prof. Dr. Stephanie Krüger, die am Zentrum für seelische Frauengesundheit in Berlin viele Patientinnen mit Problemen in der Menopause behandelt.
Wenn eine Frau in ihren 50ern plötzlich Schweißausbrüche bekommt, ist für die meisten Menschen klar: Sie ist in den Wechseljahren. Das sind aber nur die äußeren Symtome, zu denen auch dünner werdende Haut, dünner werdendes Haar, trockene Schleimhäute und die Faltenbildung zählen. Die weiblichen Geschlechtshormone haben auch einen sehr großen Einfluss auf die seelische Stimmung.
Östrogen ist zuständig für das räumliche Sehen, für Orientierung im Raum und für das Gedächtnis und Progesteron verhindert seelische Zustände wie Unruhe, Ängste oder Schlafstörungen. "Wenn dann in den Wechseljahren die Hormonproduktion nachlässt, kommen Frauen eben genau mit diesen Beschwerden zu mir", erklärt Stephanie Krüger. Eine zunehmende Instabilität der Affektlage äußere sich zum Beispiel, wenn eine Juristin im Gerichtssaal plötzlich anfange zu weinen, obwohl sie vorher taff gewesen sei oder bei einer Lehrerin, wenn sie plötzlich vor der Klasse einen Wutausbruch bekomme, obwohl sie vorher immer die Ruhe selbst gewesen sei oder auch, wenn man nicht mehr schlafen könne. Mit dieser Erkenntnis beginnt aber keine einfühlsame Auseinandersetzung. Vielmehr wird das Thema Menopause beschwiegen oder nicht ernst genommen.
"Das ist nach wie vor ein absolutes Tabuthema, weil natürlich auch die Frauen nicht gerne darüber sprechen", weiß Krüger aus der Arbeit mit ihren Patientinnen. "Wechseljahre sind verbunden mit dem Älterwerden, man ist sozusagen weg vom Fenster, man wird unattraktiv, die reproduktive Zeit geht dem Ende zu, darunter leiden viele Frauen." Oft würde das sogar von der eigenen Mutter oder dem Gynäkologen abgetan. "Das führt dazu, dass die Frauen sich nicht trauen, darüber zu reden, sich schämen." Esther Richter sieht hier aber auch ein gesellschaftliches Problem. "Viele Jobs sind heute sehr stressig. Das ist bei Frauen aber eine sehr sensible Zeit. Und dass das bei Arbeitgebern nicht für Ablehnung oder Unverständnis sorgt, sondern dass damit normal umgegangen wird, das würde ich mir wünschen."
Bei einem Tabuthema wie der Menopause gibt es natürlich auch viele Mythen. Oft hört man, dass die Lust auf Sexualität nachlässt. Stephanie Krüger kann das nicht bestätigen. "Das mag so sein, wenn man trockene Schleimhäute hat und der Geschlechtsverkehr schmerzhaft wird. Aber dass die Libido nachlässt, das bestätigen mir Frauen immer wieder, das ist nicht der Fall." Fakt ist aber: Die meisten Frauen kommen in die Wechseljahre und bei 20 Prozent der Frauen entwickeln sich erstmals in ihrem Leben so ausgeprägte seelische Symptome, dass sie behandlungsbedürftig sind. Der Rest hat leichte Symptome der Menopause, manche Frauen haben das Glück und haben gar keine Symptome. "Aber man muss sich darüber klar sein, dass es sehr viele Frauen betrifft, die wirklich drunter leiden."
Wenn Frauen in einem bestimmten Alter darüber klagen, dass es ihnen immer gut gegangen sei und nun plötzlich sagen, sie könnten nicht mehr gut schlafen oder müssten dauernd weinen, sollten behandelnde Ärztinnen und Ärzte immer die Menopause in Betracht ziehen, rät Krüger: "Ich mache dann eine Hormonanalyse. Schaue mir an, wie ist das Verhältnis von Progesteron zu Östrogen und behandele dann sehr individuell."
Einen offeneren Umgang mit dem Thema wünschen sich auch die PatientInnen. "Das sollte kein Thema sein, dass man durch Zufall beim Gynäkologen in einer Broschüre findet", findet Esther Richter. "Ich wünsche mir, dass der Arzt proaktiv Menschen aufklärt, vielleicht auch selbst berichtet. Aber eben auf eine sehr professionelle, verständnisvolle Art. Ich weiß zum Beispiel mehr über Krebs als über die Wechseljahre. Ob ich wirklich Krebs bekomme, weiß ich nicht, aber die Wechseljahre bekomme ich mit Sicherheit."