Für den Bereich der Hormon- und Stoffwechselerkrankungen haben Experten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) zehn Empfehlungen formuliert, die sowohl Unterversorgung als auch eine Übertherapie bei Menschen mit hormonellen Erkrankungen verhindern sollen. Die DGE schließt sich damit der Initiative "Klug entscheiden" an – initiiert von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM).
Insgesamt haben rund 12 Millionen Deutsche Diabetes oder Osteoporose. Bis zu 30 Prozent der Bevölkerung hat Bluthochdruck und Experten vermuten, dass nahezu jeder dritte Bundesbürger eine Schilddrüsenerkrankung hat. Diese Volkskrankheiten werden schwerpunktmäßig von Endokrinologen behandelt. "Gerade bei einer so großen Zahl von Betroffenen müssen wir regelmäßig prüfen, ob die von uns verordneten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden noch den besten und effizientesten Versorgungsmöglichkeiten entsprechen", sagt Professor Dr. med. Joachim Spranger, Direktor der Medizinischen Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin, Charité - Universitätsmedizin Berlin. Mit der Initiative "Klug entscheiden" möchte die DGE neueste wissenschaftliche Erkenntnisse flächendeckend in die Arztpraxen transportieren und damit die Patientenversorgung optimieren.
Gemeinsam mit ihren Mitgliedern und der DGIM hat die DGE die häufigsten Hormon- und Stoffwechselerkrankungen auf den Prüfstand gestellt und dabei jeweils fünf Beispiele für Unter- und Überversorgung aufgedeckt. So zeigen die Experten beispielsweise auf, dass viele Patienten mit Osteoporose eine unzureichende medikamentöse Therapie bekommen, obwohl wirksame Therapien zur Verfügung stehen. Ebenso erhalten bis zu 40 Prozent der Diabetespatienten keine ausreichende Schulung zum Umgang mit ihrer Erkrankung. "Patienten mit schlechtem Selbstmanagement haben häufiger Blutzuckerentgleisungen. Dadurch steigt das Risiko für Folgeerkrankungen, was wiederum eine geringere Lebenserwartung zur Folge hat", erklärt Spranger.
Als verzichtbar sehen die Endokrinologen dagegen die häufigen Verschreibungen von Testosteron bei Männern, bei denen einmalig ein niedriger Testosteronwert gemessen wurde. "Wird nur einmalig ein niedriger Wert gemessen, ist das noch keine Krankheit. Es muss eine Bestätigung des niedrigen Testosteronwertes erfolgen und eine Ursachenklärung durchgeführt werden, bevor gegebenenfalls eine Therapie erfolgt", so Spranger.
Die DGE-Empfehlungen basieren auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und haben hohe Evidenz. Sie ermöglichen einen selbstkritischen Umgang im Praxisalltag und sollen stets mithilfe nachprüfbarer Erkenntnisse aus der Versorgungsforschung auf dem neuesten Stand gehalten werden. "Ärztliche Routine ist natürlich prinzipiell wünschenswert, da dadurch Patienten Sicherheit und Erfahrung zuteilwird", erklärt Professor Dr. rer. nat. Josef Köhrle, Präsident der DGE und Seniorprofessor im Institut für Experimentelle Endokrinologie, Charité. "Doch in die täglichen Abläufe drohen sich auch Gewohnheiten zu schleichen, die schlimmstenfalls überflüssige oder für den Patienten gar schädliche Entscheidungen zur Folge haben."
Anlässlich des 2. Deutschen Hormontages am 16. September 2017 findet am 13. September 2017 in Berlin eine Pressekonferenz der DGE statt. Hier stellt die Fachgesellschaft ihre Empfehlungen vor.
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