Während der Schwangerschaft kann jede Frau in Deutschland drei finanzierte Ultraschalluntersuchungen wahrnehmen – dennoch bleiben zu viele kindliche Fehlbildungen unerkannt.
Darunter fallen beispielsweise zwei Drittel der Herzfehler bei Ungeborenen. Das Problem: Viele Anomalien können nur durch Untersuchungen bei spezialisierten Experten erkannt werden, die Kosten dafür müssen werdende Mütter in vielen Fällen selbst tragen. Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) fordert deshalb auf einer Pressekonferenz am 12. Dezember in Berlin, dass moderne Pränataldiagnostik auch den Schwangeren zugänglich gemacht werden müsse, bei denen keine Auffälligkeiten des Ungeborenen bei der Routineuntersuchung festgestellt wurden. Die DEGUM kritisiert zudem, dass in den neuen Weiterbildungsrichtlinien der Bundes- und Landesärztekammern bisher keine klaren Qualitätsstandards für die Ultraschalldiagnostik vorgesehen sind.
Anlass für die Initiative der DEGUM sind unter anderem die aktuellen Diskussionen um die Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung für Ärzte. "Obwohl in den neuen Richtlinien ein starker Fokus auf die Inhalte der Weiterbildung gelegt wird, mangelt es unter anderem in der Pränataldiagnostik an klaren Ultraschall-Qualitätskriterien", sagt Professor Dr. med. Peter Kozlowski, Vorstandsmitglied der DEGUM. Die Qualifikation des Untersuchers ist jedoch sehr entscheidend für die Diagnose von Fehlbildungen. So werden bei Routineuntersuchungen momentan nur ein Drittel aller Herzfehler bei Ungeborenen erkannt – obwohl die Erkennungsraten von gut ausgebildeten Ultraschallexperten bereits bei über 90 Prozent liegen.
Um kindliche Fehlbildungen möglichst frühzeitig zu entdecken, ist auch entscheidend, ob die Schwangere umfassende Organultraschalluntersuchungen wahrnimmt oder nicht. "Mit der feindiagnostischen Untersuchung um die 20. Schwangerschaftswoche können wir beispielsweise mit sehr hoher Sicherheit feststellen, ob mit der körperlichen Entwicklung des Kindes alles in Ordnung ist", so Kozlowski, Facharzt in der Düsseldorfer Praxis für Pränatal-Medizin und Genetik. "Hier können das Herz, die Arme und Beine sowie Gehirn und Gesicht des Fötus vollständig untersucht werden." Doch diese Vorsorgeuntersuchung müssen viele Frauen laut den aktuellen Mutterschafts-Richtlinien, die die Betreuung von Schwangeren regeln, selbst bezahlen. Die Richtlinien sehen Untersuchungen durch Spezialisten – wie die Feindiagnostik um die 20. Schwangerschaftswoche und die frühe Organdiagnostik zwischen der 11. und 13. Woche – nur bei Auffälligkeiten in einer der Routineuntersuchungen, bei belasteter Vorgeschichte oder mütterlichem Alter ab 35 Jahren vor. "Gerade die umfassende Organultraschalluntersuchung in der 20. Schwangerschaftswoche sollte allen Schwangeren zugänglich gemacht werden", so der DEGUM-Experte. Da die feindiagnostischen Untersuchungen so relevant sind, hat die Fachgesellschaft erst im vergangenen Jahr die entsprechenden Untersuchungsstandards für Basisdiagnostiker und für spezialisierte Ärzte an die fortschreitende Entwicklung angepasst.
Qualitätskriterien in der geburtshilflichen Ultraschalldiagnostik erstellen und weiterentwickeln – damit befassen sich Experten der DEGUM mittlerweile schon seit über drei Jahrzehnten. Dabei konzipieren sie sowohl Kriterien für Basisuntersucher, die nach dem DEGUM-Zertifizierungssystem in Stufe I eingruppiert werden, als auch für spezialisierte Ärzte (Stufen II und III). Um diese Stufen zu erlangen, müssen die Mediziner eine definierte Anzahl von Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen sowie festgelegte Mindestzahlen von Untersuchungen vorweisen. Neben dem Einsatzgebiet der Pränataldiagnostik beleuchten die Sonografie-Experten auf der Pressekonferenz auch den Nutzen qualitativ hochwertiger Ultraschall-Verfahren in der Anästhesiologie, der Notfall- und Intensivmedizin und der Inneren Medizin.