Unter PCSK9-Hemmern signifikant gehäuft neurokognitive Nebenwirkungen

Neues von den ODYSSEY LONG TERM und OSLER-Studien.

An die PCSK9-Hemmer, Medikamente zur Absenkung überhöhter LDL-Cholesterinspiegel, werden gegenwärtig grosse Hoffnungen geknüpft (mehr im DGE-Blog, zuletzt Lit. 1-3).

Bisher wurde nur über eine geringe Nebenwirkungsrate berichtet, meist über lokale Hautreaktionen an der s.c. Einstichstelle der Antikörper, aber auch über seltene neurokognitive Ereignisse. Jetzt erscheint im Januar 2017 eine Metaanalyse der Nebenwirkungen in 11 vorliegenden Studien, darunter den zwei großen Studien mit Alirocumab (Praluent® von Regeneron/Sanofi, ODYSSEY LONG TERM-Studie) und Evolocumab (Repatha® von Amgen, OSLER-Studie).

Während sich bei den muskuloskelettalen Ereignissen und beim Schlaganfall kein Unterschied zu Plazebo zeigte, waren unter den PCSK9-Hemmern die schon vorher vereinzelte beobachteten neurokognitiven Ereignisse signifikant vermehrt4.

Wurden alle 11 Studien zusammengenommen, so ergab sich für die neurokognitiven Ereignisse unter PCSK9-Hemmern eine Nebenwirkungsrate von 0.8% gegenüber Plazebo von 0.5%. Betrachtet man jedoch nur die beiden oben genannten großen Studien, die 65 % des gesamten Studienkollektivs ausmachten, so ergab sich eine Odds Ratio von 2.81, 95% CI 1.32 – 5.99, p=0.007 (siehe Tabellen 1 und 2, Daten aus Lit. 4)

Tabelle 1 und 2, erstellt vom Referenten

Kommentar von Prof. Dr. Helmut Schatz

Verglichen mit dem zu erwartenden großen Nutzen der PCSK9-Hemmer ist die Nebenwirkungsrate neurokognitiver Störungen sehr gering. Dennoch sollte die Ärzteschaft diese immer im Auge behalten und die behandelten Patienten diesbezüglich sorgfältig überwachen.

Immerhin ist aus Tabelle 2 zu ersehen, dass nicht nur Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, sondern auch delirante Zustände und Demenz beobachtet wurden. Limitierend ist zu der Metaanalyse zu bemerken, dass die Patienten nicht vor Einleitung der PCSK9-Hemmer-Therapie neurokognitiv untersucht worden waren. Ausserdem sind unter den vergleichsweise wenigen neurokognitiven Ereignissen sehr unterschiedliche Manifestationsformen zusammengefasst (siehe Tabelle 2).

Deshalb ist es richtig, dass mit Evolocumab die EBBINGHAUS –Studie läuft5, die speziell die kognitive Gesundheit an einer Subgruppe der FOURIER-Studie6 untersucht. Für Alirocumab wird ebenfalls eine systematische Studie zur Neurokognition durchgeführt werden.

Literatur

(1) Helmut Schatz: Hinter die Kulissen geblickt: „Edler Wettstreit“ um die PCSK9-Hemmer.
DGE-Blogbeitrag vom 10.1.2017

(2) Helmut Schatz: PCSK9-Hemmung statt durch Antikörper mit siRNA-Technologie oder durch Impfung.
DGE-Blogbeitrag vom 19.10.2016

(3) Ulrike Schatz: Odyssey Escape-Studie: unter dem PCSK9-Hemmer Alirocumab konnte die LDL-Apherese bei ca. zwei Drittel der Patienten abgesetzt werden.
DGE-Blogbeitrag vom 5.9.2016

(4) A.R.Khan et al.: Increased risk of adverse neurocognitive outcomes with proprotein convertase subtilisin-kexin type 9 inhibitors.
Clin.Cardiovasc. Qual. Outcomes 2017 online. DOI:10.1161/CIRCOUTCOMES.116.003156.Article

(5) U.S. National Institutes of Health, ClinicalTrials.gov.: Evaluating PCSK9 Binding antiBody Influence oN coGnitive HeAlth in High cardiovascUlar Risk Subjects (EBBINGHAUS).
http://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT02207634

(5) FOURIER-Studie: Wird auf dem Kongress des American College of Cardiology (ACC) in Washington, D.C. Mitte März 2017 vorgestellt werden