Berlins Gesundheitsämter dürfen Schüler ohne Masern-Impfschutz vorübergehend vom Unterricht ausschließen. Das entschied das Berliner Verwaltungsgericht am Freitag. Das Verbot, eine Schule zu betreten, zähle zu Schutzmaßnahmen, teilte das Gericht am Freitag mit. Behörden dürften sie zur Verhinderung übertragbarer Krankheiten wie Masern ergreifen.
In der Hauptstadt rollt seit Oktober die größte Masernwelle seit 2001. Am Freitag registrierte das Landesamt für Gesundheit und Soziales insgesamt 797 Fälle. Das waren allein seit Montag 75 neue Meldungen – ein Abebben der Welle ist damit nicht in Sicht.
Ein Oberstufenschüler kurz vor dem Abitur und die Eltern einer Schülerin vor dem Mittleren Schulabschluss hatten sich beim Gericht über das zeitweilige Schulverbot wegen Masern beschwert. Beide Teenager waren nicht geimpft, aber an ihrer Schule gab es Masern-Fälle. Die Krankheit ist hochansteckend.
“Die Jugendlichen könnten damit das Virus in sich tragen und es weiterverbreiten”, erläuterte Gerichtssprecher Stephan Groscurth am Freitag die beiden Eilentscheidungen. Damit seien sie eine mögliche Gefahr für andere Menschen. Das Schulverbot sei verhältnismäßig, weil das Risiko der Weiterverbreitung der Masern dadurch signifikant verringert werde, heißt es in der Entscheidung des Gerichts. Es sei die freie Entscheidung der Schüler und ihrer Eltern gewesen, auf einen Impfschutz gegen Masern zu verzichten.
Allein im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg sind zurzeit sechs Schulen von Masern betroffen. Bereits zuvor wurden in der Hauptstadt zwei Schulen wegen der Infektionsgefahr zeitweise komplett geschlossen. Danach mussten Schüler Impfbücher vorlegen. Wer keinen eindeutigen Impfnachweis für Masern vorlegen konnte, musste wieder nach Hause.
Der Masernausbruch in Berlin hatte im Oktober in einem Flüchtlingsheim begonnen. Wegen fehlenden Impfschutzes in der Berliner Bevölkerung griff die Krankheit auf die Hauptstadt über – vor allem auf Jugendliche und Erwachsene. Betroffen sind bisher aber auch mehr als 100 Kleinkinder. Ein Kind ohne Impfschutz starb im Februar an Masern.
Für Säuglinge und Kleinkinder ohne Impfschutz gilt die Infektion als besonders gefährlich, weil das Risiko einer tödlichen Spätfolge besteht. Ein Viertel aller Berliner Patienten kam wegen der Schwere der Infektion bisher ins Krankenhaus. Zum Vergleich: Bei der laufenden Grippewelle sind es bisher lediglich acht Prozent.
Fast 90 Prozent der bisher befragten 634 Masernpatienten gaben an, dass sie nicht geimpft waren. Eine Impfpflicht gegen Masern ist bisher auch politisch nicht gewollt. Kinderärzte fordern als Druckmittel aber einen Impfnachweis vor einer Aufnahme von Kindern in eine öffentliche Kita oder Schule.
Text: dpa /fw
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