Das allgemeine Patientenbefinden, Selbstmanagement sowie Umgang mit Nebenwirkungen stehen im Mittelpunkt einer neuen Studie zur Therapiesicherheit bei oralen Antitumor-Wirkstoffen.
Eine interprofessionelle Arbeitsgruppe aus Medizinern und Pharmazeuten der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und des Universitätsklinikums Erlangen hat ein wegweisendes Versorgungsforschungsprojekt in enger Zusammenarbeit mit dem Comprehensive Cancer Center Erlangen-EMN gestartet. Innerhalb der kommenden drei Jahre soll in einer kontrollierten Studie mit 300 Patienten untersucht werden, ob und inwiefern bei einer neu begonnenen Therapie mit neuen oralen Antitumor-Wirkstoffen durch eine strukturierte und zusätzlich intensivierte klinisch-pharmazeutische/pharmakologische Therapiebegleitung über zwölf Wochen die Patientensicherheit, das Patientenwissen und das Patientenbefinden verbessert werden können. Die Stiftung Deutsche Krebshilfe fördert das Projekt mit 353.000 €.
In der Betreuungsgruppe soll durch den klinischen Pharmazeuten/Pharmakologen zunächst eine umfassende Analyse der Gesamtmedikation erstellt werden. Auffälligkeiten teilt er dem behandelnden Onkologen mit. Der Patient erhält in vier strukturierten zusätzlichen Patientenschulungen Informationen über seine Therapie. In der Kontrollgruppe wird nicht in die Standardtherapie eingegriffen. "Bei positivem Verlauf dieser großen Versorgungsforschungsstudie werden die systematischen Erkenntnisse sowie erarbeitete Schulungs- und Betreuungsprotokolle auch anderen onkologischen Behandlungseinrichtungen zur Verfügung gestellt, um einen möglichst breiten Patientennutzen zu erreichen", versichert Prof. Dr. Frank Dörje, Chefapotheker des Uni-Klinikums Erlangen, der gemeinsam mit Prof. Dr. Martin F. Fromm, Direktor des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), die Studie leitet.
Seit Anfang dieses Jahrhunderts nimmt die Zahl der in die Therapie eingeführten oralen Tumortherapeutika durch die erheblichen Fortschritte in der molekularen Medizin stetig zu, erläutert Prof. Fromm. In zahlreichen Behandlungsleitlinien sind oral verfügbare Antitumor-Wirkstoffe bereits etabliert. Damit steigen auch die Verordnungszahlen der über den Mund als Kapsel oder Tablette einzunehmenden Arzneimittelpräparate in der onkologischen Therapie stark an. Diese Entwicklung wird von vielen Patienten als komfortabler erlebt, da im Unterschied zur Medikamentengabe über einen intravenösen Zugang auf strenge Hygienemaßnahmen bei der Injektion bzw. Infusion verzichtet werden kann. Der Patient ist außerdem örtlich flexibel und Arzt- bzw. Klinikbesuche lassen sich dadurch häufig reduzieren.
"Der Prozess einer oralen Antitumor-Therapie ist jedoch keinesfalls als unproblematisch einzustufen", warnt der Pharmakologe. Orale Antitumor-Therapien bedürfen in jedem Fall einer intensiven begleitenden Patientenberatung und -schulung, weil die oralen Antitumor-Wirkstoffe in der Regel in Eigenverantwortung vom Patienten eigenständig allein zu Hause eingenommen werden. Der Behandlungserfolg hängt stark von der Einnahmetherapietreue des Patienten und vom Wissen des Patienten über seine onkologische Therapie ab. "Die Patienten müssen intensiv über die korrekte Umsetzung von wirkstoffspezifischen Einnahmehinweisen und auch im Erkennen von möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen geschult werden. Nicht erkannte Arzneimittelrisiken und -wechselwirkungen mit der unter Umständen nicht onkologischen Begleitmedikation des Patienten können den Therapieerfolg zudem gefährden", so Prof. Fromm. Mit steigender Anzahl an verordneten oralen Antitumor-Wirkstoffen entsteht ein wachsender Anspruch an eine speziell auf orale Antitumor-Therapien ausgerichtete Patientenbetreuung.
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