Ein Forscherteam aus Tübingen und Göttingen hat einen neuen Mechanismus beschrieben, wie das Ebola-Virus der Immunabwehr entkommt. Das Virus bringt infizierte Zellen dazu sogenannte "Täuschkörper" freizusetzen. Diese führen das Immunsystem in die Irre, indem sie dessen neutralisierende Antikörper inaktivieren und verhindern, dass Immunzellen wichtige Botenstoffe freisetzen.
Wie das Team um den Virologen Prof. Dr. biol. hum. Michael Schindler vom Universitätsklinikum Tübingen berichtete, bringt das Hüllprotein des Ebola-Virus Zellen dazu, kleine Vesikel freizusetzen, auf deren Oberfläche sich das Hüllprotein des Ebola-Virus befindet. Diese sogenannten Virosomen binden Antikörper, die gegen das Ebola-Virus gerichtet sind. Dadurch wird die Bekämpfung der Infektion mittels Antikörperantwort behindert.
Außerdem unterdrücken die Virosomen die Freisetzung von Zytokinen und Chemokinen durch Makrophagen. Die Makrophagen setzen normalerweise Botenstoffe frei, welche die Immunabwehr des Körpers gegen Viren koordinieren. Warum kommt es nun aber trotzdem in den meisten Infizierten zu einer Immunantwort gegen das Ebola-Virus?
Auch hierfür haben die VirologInnen eine Erklärung: "Das Immunsystem hat Gegenmaßnahmen gegen die Täuschkörper entwickelt“, erläuterte Schindler. "So konnten wir zeigen, dass ein anderes zelluläres Protein, welches eine wichtige Rolle bei der angeborenen Immunabwehr spielt, die Freisetzung der Virosomen verhindert."
Neben der Bedeutung der Erkenntnisse für die Grundlagenforschung ergeben sich auch potenzielle Anwendungen aus den neu entdeckten Eigenschaften der Virosomen. "Die Virosomen tragen offensichtlich funktionell intaktes Ebola-Hüllprotein auf ihrer Oberfläche, sind aber ansonsten nicht infektiös", erklärte Prof. Stefan Pöhlmann, Koautor der Studie und Leiter der Abteilung Infektionsbiologie am Deutschen Primatenzentrum in Göttingen. "Damit sind Virosomen attraktive Kandidaten für die Entwicklung eines Impfstoffs."