Laut einer aktuellen Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung sind in Sachsen 255 Hausarztstellen frei. Im Vogtland hoffen fünf Kommunen, mit einer Sommerakademie junge Medizinstudenten für die Region zu begeistern. Bisher ist die Resonanz überschaubar.
Chefärzte der Kliniken und Bürgermeister wollen sich Zeit für den Nachwuchs nehmen, die Umworbenen logieren in einem noblen Hotel im Kurort Bad Elster, und es wird ein umfangreiches Programm aus Medizin und Kultur geboten: Junge Medizinstudenten sollen sich rundherum wohlfühlen bei der ersten Medizinischen Sommerakademie in der vogtländischen Stadt Adorf und der Umgebung - und sich dann am besten hier einmal niederlassen, sagt Projektleiterin Claudia Schmidt.
Die Mitarbeiterin in der Stadtverwaltung Adorf ergänzt: Rund 200 Einladungsmails gingen in den vergangenen Monaten an Universitäten in Deutschland, der Schweiz und Österreich, an Fachschaften und Studentenvertreter, um die sechs Tage zu bewerben, die ab dem 4. September im Vogtland starten sollen. "Noch können sich Interessierte bewerben." Etwa zehn Plätze stünden zur Verfügung.
Laut der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen gibt es allein im Vogtlandkreis 26 offene Hausarztstellen. Die Statistik vom Juli 2018 verzeichnet für den ganzen Freistaat 255 freie Stellen für Hausärzte. 28 Prozent der Hausärzte sind über 60 Jahre, 12 Prozent sogar über 65 Jahre alt. "Trotzdem sprechen wir bei den Zahlen noch von keiner Unterversorgung, sondern lediglich von einem Ärztemangel", erklärt Katharina Bachmann-Bux von der Landesgeschäftsstelle.
Die Situation betrifft aber nicht nur fehlende Hausärzte, sondern auch Fachärzte, weiß Projektleiterin Schmidt. "Einige Mediziner in der Umgebung von Adorf mussten altersbedingt ihre Praxis schließen, weil sie keinen Nachfolger fanden. Deshalb entstand die Idee, mit einer Akademie auf uns aufmerksam zu machen", erklärt sie. Rund 40 Einrichtungen im oberen Vogtland waren sofort bereit, das Projekt zu unterstützen – neben medizinischen Partnern auch Kultureinrichtungen und die Kommunen.
Laut der Sächsischen Landesärztekammer ist ein "Blumenstrauß an Maßnahmen" notwendig, um junge Ärzte in eine Region zu locken. "Das Gehalt spielt eine untergeordnete Rolle. Eine Kombination aus passendem Stellenangebot, Angeboten für Familien und Partner, Integrationsmaßnahmen für ausländische Ärzte sowie eine vorhandene Infrastruktur sind sehr zielführend für ländliche Krankenhäuser", heißt es aus der Pressestelle.
Auffallend ist, dass nicht nur ländliche Regionen in Sachsen mit dem Ärztemangel kämpfen, wie Bachmann-Bux von der Kassenärztlichen Vereinigung berichtet. Wenige Probleme haben demnach Leipzig und Dresden. "Die Städte mit einer eigenen medizinischen Hochschule sind im Vorteil." Demgegenüber stehen Chemnitz mit 24 offenen Hausarztstellen und Zwickau mit 20.
In dem Netzwerk "Ärzte für Sachsen" bündelt die Landesärztekammer Angebote aus den unterschiedlichsten Kommunen, die auf der Suche nach jungen Ärzten sind. Die sächsischen Landkreise und Kommunen seien bereit, Mediziner auf vielfältige Weise zu unterstützen, erläutert die Pressestelle. Besonders günstige Darlehen, Hilfe bei Behördengängen, mietfreies Wohnen für eine bestimmte Zeit oder finanzielle Zuschüsse gehörten dazu.
In Adorf hofft man in den nächsten Wochen auf weitere Interessenten. Bisher sei die Rückmeldung für die Sommerakademie noch gering. Alle Teilnehmer müssen laut Schmidt lediglich eine Pauschale von 90 Euro zahlen. Ein Großteil der Kosten wird über das Bundesprogramm "Demografiewerkstatt Kommunen" abgedeckt, an dem Adorf teilnimmt.