Volkskrankheit Herzinsuffizienz: So verbreitet und doch so unterschätzt

Mit 400.000 Fällen pro Jahr ist die Herzinsuffizienz (HI) neben Neugeburten der führende Grund für eine Hospitalisierung in Deutschland. Gleichwohl erschreckend ist das geringe Bewusstsein für diese schwere flächendeckende Erkrankung.

Großer Informationsbedarf für die Toperkrankung der Nation 

Mit 400.000 Fällen pro Jahr ist die Herzinsuffizienz (HI) neben Neugeburten der führende Grund für eine Hospitalisierung in Deutschland. Gleichwohl erschreckend ist das geringe Bewusstsein für diese schwere flächendeckende Erkrankung.  

Awareness-Mangel in Deutschland

In der Bevölkerung herrscht eine völlig falsche Vorstellung von dem Schweregrad der Erkrankung und der Bedeutsamkeit der Diagnose Herzinsuffizienz auf die Lebensdauer. Obwohl 86 Prozent schon von der Krankheit gehört haben, können nur drei Prozent die Anzeichen erkennen. Das mag an den etwas beliebigen Symptomen liegen, die vor allem in der Kombination einen Hinweis auf eine Herzerkrankung geben können. Zu den Anzeichen gehören etwa Belastungsdyspnoe, Beinödeme sowie Ermüdung und Antriebslosigkeit. Des Weiteren halten 70 Prozent HI nicht für eine schwerwiegende Erkrankung und 67 Prozent sind irrtümlicherweise der Ansicht, dass die Prognose für HI-Patienten besser ist als für Krebspatienten. Viele halten HI auch einfach für ein normales Syndrom fortgeschrittenen Alters. Zusammengefasst ist das HI-Bewusstsein weiterhin unbefriedigend mit bedeutsam falschen Vorstellungen. 

Therapie-Adhärenz ist entscheidend

Noch bedeutender ist allerdings die eklatante Diskrepanz zwischen der Einschätzung des Risikos bei fortgeschrittener HI zwischen Ärzten und Patienten. Eine Studie von Amberderkar AV., et al. (2017) zeigt, dass in Fällen von einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz 69 Prozent der Ärzte ein hohes Risiko für den Patienten sehen, während auf Patientenseite nur 14 Prozent ein solch hohes Risiko wahrnehmen. Genau dieses Wahrnehmungsproblem führt zu einer höheren Mortalitätswahrscheinlichkeit als notwendig. Aufgrund multimodaler Therapien wie der Pharmakotherapie und ICDs kann die akute Sterblichkeit viel besser abgewendet werden als zuvor. Die Verbesserung der Mortalität hängt jedoch im Wesentlichen davon ab, ob eine Adhärenz bei den Patienten und auch bei den behandelnden Ärzten hergestellt wird. Die Therapietreue ist entscheidend. Verschiedene Studien zeigen, dass eine Konsolidierung der Adhärenz die Mortalität hoch signifikant senkt und auch die Rehospitalisierung optimiert

Lösungsansätze für HI-Patienten

Die akute Herzinsuffizienz bleibt nach wie vor das Sorgenkind der Kardiologie. Bisher konnten keine großen Erfolge beim Gesamtüberleben der Patienten erzielt werden. Obwohl sich in dem Fall an der interhospitalen Therapie nichts verändert hat, ist eines jedoch neu und zwar schreibt die Europäische Gesellschaft für Kardiologie mittlerweile ein Disease-Management vor. Patienten müssen kurzfristig und engmaschig nach der Entlassung aus der Hospitalisierung von einem Arzt gesehen werden. Das gilt nicht nur für niedergelassene Ärzte, sondern auch für Ärzte in den versorgenden Akutkrankenhäusern. Eine wachsende Datenmenge zeigt, dass die zeitnahe ärztliche Betreuung eine deutlich bessere Prognose ergibt. Gerade diese erste vulnerable Phase nach der Entlassung ist also entscheidend für den Patienten. Hier sind Punkte erstellt worden, wie Prozesse verbessert und auf einander abgestimmt werden müssten, um eben diese Prognoseverbesserung zu erzielen.

Allen voran sollten Modelle wie im Vereinigten Königreich oder in den Niederlanden weiter gefördert werden, die nachweislich mit der Unterstützung von "Heart Failure Nurses" oder geschulten Herzinsuffizienz-Krankenschwestern große Vorteile in der Patientenadhärenz erzielen konnten. Patienten müssen außerdem besser informiert und adäquat über die Herzinsuffizienz unterrichtet werden. Sie müssen lernen, Zeichen und Symptome zu deuten, um diese dann auch in Gesprächen mit dem Arzt oder den "Hearth Failure Nurses" entsprechend wiedergeben zu können, so können Therapien auch rechtezeitig justiert werden. Nicht zuletzt sollten Ärzte in Gesprächen darauf achten, nicht nur auf die potenziellen Nebenwirkungen einer multimodalen Therapie hinzuweisen, sondern den Fokus auf den quantifizierten Überlebensvorteil zu legen, den die Kardiologie mit der multimodalen Pharmakotherapie in den letzten 20 Jahren verzeichnen konnte.

Fazit

Die Prognose der Herzinsuffizienz ist gerade durch die multimodale Pharmakotherapie besser geworden, allerdings ist und bleibt sie eine progressive Erkrankung, bei der es nicht um Heilung, sondern um die Verlängerung des Gesamtüberlebens geht. Deshalb sollte zunehmend die Aufklärung und die Schulung der Patienten im Fokus stehen sowie die Überwindung der "information gap" bei Betroffenen und in der Bevölkerung zum Beispiel über den "Heart Failure Awareness Day" und andere von der Politik unterstütze Aktionen. Des Weiteren werden engmaschige, ärztliche Verlaufsbeurteilungen benötigt, gerade bei Patienten die aus der Hospitalisierung wegen akuter Herzinsuffizienz entlassen werden. Dieser Prozess könnte durch "Heart Failure Nurses" unterstützt werden, die sich um die Patienten nach der Hospitalisierung kümmern und sie über ihre Erkrankung informieren und schulen. Durch einen gezielten Informationsaustausch könnte eine Steigerung der Therapieadhärenz erzielt werden, um die Prognose langfristig für alle Patienten zu verbessern. Das generelle HI-Bewusstsein sollte durch regelmäßige Informationen an die Gesamtbevölkerung intensiviert werden.