Deutschlandweit nehmen sich jedes Jahr mehr als 10.000 Menschen das Leben. Bis zu 90 Prozent dieser Suizide stehen im Zusammenhang mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen. Grünen-Politikerin Christiane Blömeke fordert eine stärkere öffentliche Auseinandersetzung mit dem "Tabu-Thema" Selbsttötung. Menschen mit suizidalen Gedanken brauchten "eine Gesellschaft, die hinschaut, anspricht und dazu ermutigt, Hilfe anzunehmen." DGPPN-Präsident Prof. Dr. Arno Deister ermahnt, die Früherkennung psychischer Erkrankungen in Gesellschaft, Politik, Forschung und Versorgung noch stärker in den Blick zu nehmen.
Blömeke verweist auf "eine breite Palette von Hilfsangeboten", die es für Betroffene gebe. "Aber wir brauchen noch verstärkter als bisher den vorurteilsfreien und differenzierten Umgang mit der Suizidthematik - im privaten Rahmen und am Arbeitsplatz. Nur wenn wir nicht tabuisieren, sondern das Thema Suizid in das öffentliche Bewusstsein rücken, schaffen wir ein Klima, in dem Betroffene, aber auch Angehörige, Freunde und Hinterbliebene gestärkt werden können", so die Politikerin.
„In 90 Prozent aller Fälle sind die Suizide auf eine psychische Erkrankung wie Depressionen, Suchterkrankungen und Schizophrenie zurückzuführen“, erklärt DGPPN-Präsident Prof. Dr. Arno Deister.
10.000 Suizide jährlich – das entspricht der Einwohnerzahl einer größeren Kleinstadt. Auch wenn sich die Suizidrate seit den 1970er Jahren hierzulande nahezu halbiert hat, so ist es weltweit die zweithäufigste Todesursache bei jungen Menschen zwischen 15 und 29 Jahren. Besonders alarmierend ist die Zahl der Suizidversuche, die sich auf mindestens 100.000 beläuft.
„Das Ziel muss sein, den Prozess so früh wie möglich aufzuhalten, im besten Fall schon bevor die Psyche leidet – Prävention ist eines der großen Zukunftsthemen der Psychiatrie. Hierbei sind aber nicht nur Ärzte und Wissenschaftler gefragt, sondern vielmehr die gesamte Gesellschaft und das Gesundheitswesen: Gesundheitspolitik und Selbstverwaltung müssen unbedingt sicherstellen, dass für psychisch erkrankte Menschen passgenaue Versorgungsangebote zur Verfügung stehen. Zudem ist es unerlässlich, die richtigen Weichen für die Wissenschaft zu stellen, um weitere Durchbrüche in der Erforschung von psychischen Erkrankungen und ihrer Entstehung zu erreichen", so Deister im Vorfeld des Welttages der Suizidprävention am kommenden Montag.
Auch wenn bereits viele Erkenntnisse gewonnen werden konnten, so seien auch in der Suizidforschung noch immer relevante Fragen offen. Nicht zuletzt müsse das Wissen über psychische Erkrankungen und Suizid in der Bevölkerung gefördert werden, damit jeder bei sich selbst oder in seinem Umfeld die Warnsignale erkennen und eine Behandlung rechtzeitig eingeleitet werden könne.
Quellen: dpa / DGPPN