Zwar gehen in Indien die Neuinfektionen zurück, gleichzeitig breiten sich aber neue, hochansteckende Varianten aus. Und viele COVID-19-Patient:innen erkranken an einer oft tödlichen Pilzinfektion, der Mukormykose. Was hat es mit dem "Schwarzen Pilz" auf sich?
Die häufigsten Formen von Pilzerkrankungen sind Haut- und Schleimhautmykosen, die in der Regel harmlos verlaufen. Immundefekte, Diabetes, chronische Lungenerkrankungen oder operative Eingriffe können die Entstehung von systemischen Pilzinfektionen wie Candidämie oder Aspergillose begünstigen. Und natürlich seien Intensiv-Patient:innen mit viralen Infektionen durch Influenza oder COVID-19 besonders gefährdet, erklärt Prof. Dr. Jörg Steinmann, Ärztlicher Leiter der Klinikhygiene am Klinikum Nürnberg. Gefährlich werde es für sie, wenn Pilzerkrankungen übersehen würden.
In den Risikobereichen wie der Hämato-Onkologie oder auf den Intensivstationen weise man im Klinikum Nürnberg regelmäßig Hefepilze wie Candida oder Schimmelpilze wie Aspergillus nach. Weil bei Schimmelpilzen nicht immer eindeutig sei, ob es auch zu einer Infektion kommt, zieht das Team von Steinmann andere klinische und diagnostische Parameter zur Bewertung hinzu. "Es gibt verschiedene Pilzantigene, sogenannte Biomarker, die wir frühzeitig im Serum oder durch eine Probe aus den unteren Atemwegen nachweisen können. Bei manchen Hochrisikopatienten kann man diese Verfahren als Screeningtest verwenden. Mittlerweise werden aber auch PCR-Verfahren zum Pilznachweis eingesetzt."
Jüngst wurde bei Covid-19-Patient:innen in Indien, in Chile und in Uruguay der Schwarze Pilz nachwiesen. "Eine Mukormykose wird durch Fadenpilze der Ordnung Mucorales verursacht. Besonders gefährdet sind abwehrgeschwächte Patienten und Diabetiker. Bei den COVID-19 Patienten ist die Lunge schwer beeinträchtigt, und es werden häufig Kortisonpräparate verabreicht", erklärt Steinmann. "Dies sind Risikofaktoren für eine Mukormykose. Diese Pilze fühlen sich zum Glück in wärmeren Ländern wie Indien oder Chile deutlich wohler als bei uns in Mitteleuropa."
Nach der Inhalation der Sporen wächst der Pilz invasiv lokal in das Gewebe ein und frisst sich durch die Haut, er zerstört Muskeln und manchmal sogar auch die Knochen. Verschiedene Virulenzfaktoren sorgen für den Zelltod des Gewebes und der Immunzellen – welches sich als Nekrose darstellt. Der Nasen- und Rachenraum färbt sich schwarz. Bei Patient:innen mit einem stark geschwächten Immunsystem könne es dann zu Streuung kommen und alle Organe befallen.
Behandelt werden könnten die Pilzinfektionen laut Steinmann mit Antimykotika. "Wenn möglich, sollten die befallenen Gewebe und Organe operativ vom Pilzbefall befreit werden, was in vielen Fällen nicht möglich ist. Medikamentös wird teilweise eine Kombinationstherapie verabreicht, die jedoch Nebenwirkungen verursachen kann. Trotz chirurgischer und medikamentöser Therapie liegt die Letalität – natürlich in Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Erkrankung – leider bei rund 40- 80 Prozent."