Wie zu wenig Schlaf das Gehirn schädigt

Neue Arbeiten zeigen, dass Schlafmangel mit einer Zunahme von Protein Tau und einer schnelleren Ausbreitung einer Tauopathie im Gehirn assoziiert ist.

Schlafmangel begünstigt Tau-Pathologie bei M. Alzheimer

Neue Arbeiten zeigen, dass Schlafmangel mit einer Zunahme von Protein Tau und einer schnelleren Ausbreitung einer Tauopathie im Gehirn assoziiert ist.

Schlechter Schlaf wird schon länger mit M. Alzheimer in Verbindung gebracht. Frühstadien mit Nachweis einer Ansammlung von Amyloid-β und Tau-Protein, aber nochohne kognitive Auffälligkeiten, sind mit einem Rückgang des Non-REM-Schlafes assoziiert.1

Wissenschaftler der Universität St. Louis beobachteten ebenfalls hohe Konzentrationen von Tau bei alten Menschen mit Schlafproblemen. Doch zunächst war nicht klar, ob Schlafmangel die Tau-Spiegel direkt beeinflusst oder ob ein anderer Zusammenhang zugrunde liegt.2

Ende Januar 2019 publizierten sie die Ergebnisse spannender Studien an Mäusen und Menschen, die nahelegen, dass ein so alltäglicher Faktor wie Schlaf Bedeutung dafür haben könnte, wie schnell sich die Erkrankung ausbreitet.3

Die Ergebnisse zeigen zum Einen, dass der Schlaf-Wach-Rhythmus die Konzentrationen von Amyloid-β in der interstitiellen Flüssigkeit und im Liquor reguliert. Chronischer Schlafmangel geht auch mit einer Zunahme von Amyloid-β-Plaques einher. Zum Anderen stellten sie fest, dass sich der Schlaf-Wach-Zyklus auf die Tau-Konzentration auswirkt: nach Schlafentzug waren die Tau-Level in cerebrospinaler und interstitieller Flüssigkeit erhöht und die Ausbreitung der Tau-Pathologie bei Mäusen, in deren Hippocampi winzige Tau-Klümpchen ausgesät worden waren, beschleunigt. 

Können gesunde Schlafgewohnheiten das Gehirn gesund erhalten?

Tau-Protein ist selbst im Gehirn Gesunder nachweisbar, doch unter bestimmten Bedingungen kann es verklumpen und neurofibrilläre Tangles bilden. In erster Linie scheint die Akkumulation von Tau-Fibrillen, nicht von Amyloid-β-Plaques, die Neurodegeneration bei M. Alzheimer voranzutreiben.3  

Am Mausmodell war zu beobachten, dass längeres Wachbleiben die Tau-Spiegel ansteigen lässt. Tau scheint regulär während der üblichen Denkvorgänge und Tätigkeiten in den Wachperioden freigesetzt zu werden. Im Schlaf sinkt die Tau-Freisetzung, sodass eine Clearance stattfinden kann. Schlafentzug unterbricht diesen Kreislauf, was in einer Anhäufung von Tau resultiert. Sodann steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Zusammenlagerung des Proteins zu schädlichen Tangles.

Eine schlaflose Nacht führte bei Menschen zu einem Tau-Anstieg um etwa 50 %.2

Die Forscher entdeckten außerdem, dass gestörter Schlaf die Freisetzung des Proteins Synuklein erhöht, welches als Kennzeichen für M. Parkinson gilt. Ähnlich wie Patienten mit Alzheimer haben auch Patienten mit Parkinson oft Schlafprobleme.2  

Nichts verschlafen

"Wir alle sollten darauf achten, guten Nachtschlaf zu bekommen", meint Koautor Prof. David M. Holtzman, stellv. Leiter des Alzheimer-Forschungszentrums an der Universität St. Louis. "Unsere Gehirne brauchen Zeit, um sich von den Stressoren des Tages zu erholen. Wir wissen noch nicht, ob adäquater Schlaf während des Alterns vor Alzheimer schützt. Aber es kann nicht schaden, und diese und andere Daten legen nahe, dass er das Fortschreiten des Erkrankungsprozesses bremst, wenn dieser bereits begonnen hat."2

Quellen:

1.Lucey, B. P. et al.Reduced non–rapid eye movement sleep is associated with tau pathology in early Alzheimer’s disease. Science Translational Medicine11, eaau6550 (2019).

2.Sleep deprivation accelerates Alzheimer’s brain damage. ScienceDailyAvailable at: https://www.sciencedaily.com/releases/2019/01/190124141536.htm. (Accessed: 1st February 2019)

3.Holth, J. K. et al.The sleep-wake cycle regulates brain interstitial fluid tau in mice and CSF tau in humans. Science(2019). doi:10.1126/science.aav2546