Wochenrückblick: Bundestag beschließt neue Honorarsystematik für Hausärzte

Mit den Stimmen der ehemaligen Ampelfraktionen hat der Bundestag in der Nacht von Donnerstag auf Freitag eine neue Vergütungssystematik für Hausärzte und weitere Elemente aus dem geplanten Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz beschlossen.

Neue Honorarsystematik für Hausärzte beschlossen

Für Hausärzte muss der Bewertungsausschuss von KBV und GKV-Spitzenverband  eine Versorgungspauschale beschließen, die für die Behandlung eines Versicherten über 18 Jahren wegen einer chronischen Erkrankung, die einer kontinuierlichen Versorgung mit einem Arzneimittel bedarf, aber keinen intensiven Betreuungsaufwand begründet, gezahlt wird. Die Pauschale wird einmal im Jahr gezahlt, unabhängig von der Zahl der Kontakte. Ein Ziel dabei ist, dass nicht jedes Quartal ein Arzt-Patienten-Kontakt erforderlich ist, die Häufigkeit von Konsultationen also gesenkt werden kann. Die Höhe der Pauschale soll weder zu Mehr- noch zu Minderausgaben der Kassen führen. Darüber hinaus erhalten Hausärzte eine Vorhaltepauschale, die die zur hausärztlichen Grundversorgung notwendigen Strukturen finanzieren soll. Der Bewertungsausschuss kann dabei die Höhe der Pauschale in verschiedenen Stufen beschließen. Voraussetzung für die Zahlung einer Vorhaltepauschale sind Versorgung mit Haus- und Pflegeheimbesuchen, bedarfsgerechte Praxisöffnungszeiten, vorrangige Erbringung von Leistungen aus dem hausärztlichen Fachgebiet, eine Mindestzahl von Patienten und die regelmäßige Nutzung von Telemedizininfrastruktur. Auch diese Pauschale soll weder Mehr- noch Minderausgaben verursachen. 

Teilweise Entbudgetierung der hausärztlichen Vergütung

Ferner hat der Bundestag mit einer Ergänzung von Paragraf 87a durch den Absatz 3c die teilweise Entbudgetierung der hausärztlichen Vergütung beschlossen. Danach werden Leistungen des Versorgungsbereichs der allgemeinen hausärztlichen Versorgung einschließlich der erbrachten Hausbesuche ab dem vierten Quartal 2025 vollständig nach den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet. Das bedeutet, dass kein Hausarzt mehr für diese Leistungen aufgrund zusätzlich zu versorgender Patienten mehr mit einer Abstaffelung seines Honorars rechnen muss. Das heißt, dass die Krankenkassen die Gesamtvergütung für diese Leistungen nicht mehr als Budget und mit befreiender Wirkung bezahlen.

Da aber nicht alle Bestandteile der Vergütung, die Hausärzte erhalten, entbudgetiert werden, verbleibt ein Rest, der aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung finanziert werden muss. Als Folge dessen muss die bisherige MGV bereinigt werden. Über dieses Verfahren, das sehr komplex ist, hatte es zwischen der KBV und dem Bundesgesundheitsministerium in jüngster Zeit noch heftige Auseinandersetzungen gegeben, die teils auch bei Ärzteverbänden Irritationen ausgelöst hatten. Auf keinen Fall, so betont die KBV, dürfen die nun folgenden Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband über die Höhe der Pauschalen und die Modalitäten der MGV-Bereinigung zu einer Überkompensation führen, so dass Hausärzten teils weniger Honorar als zuvor gezahlt werde. Das ist deshalb schwierig, weil dabei auch Töpfe wie der Sicherstellungs- und Strukturfonds betroffen sind, die regional unterschiedlich ausgestaltet sind. Dass sich die Entbudgetierung bei den Hausärzten negativ auf andere Fachgebiete auswirkt, schließt die KBV aufgrund der strikten Trennung der Gesamtvergütungen aus. 

Alle Ärzteverbände begrüßten am Freitag die Entscheidung des Gesetzgebers, einige wie der Spitzenverband der Fachärzte fordern als Konsequenz auch die Abschaffung der Budgetierung für Fachärzte. Kritik kommt hingegen von den Krankenkassen. Sie rechnen mit Mehrausgaben in einem Volumen von etwa 400 Millionen Euro. Die Kritikpunkte: Das zusätzliche Geld werde mit der Gießkanne verteilt. In vielen KVen, besonders bei tatsächlicher oder drohender Unterversorgung, findet de facto keine Honorarquotierung mehr statt. Nutznießer seien eher Hausärzte in gut versorgten Regionen, wodurch diese Form der Entbudgetierung falsche Anreize setze.

Weitere Beschlüsse im Rahmen des Versorgungsgesetzes:

Gemeinsamer Bundesausschuss: Pflegeberufe erhalten ein Antrags- und Mitberatungsrecht; die Patientenvertretung erhält das Recht, GBA-Beschlüsse einmalig verhindern zu können. 

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und Selbstverwaltung: Gesetzlich verankerte Beratungen der Arzneimittelkommission werden mit einem Aufwendungsersatz angemessen bezahlt. Sitzungen der KBV, des GBA und des Bewertungsausschusses können auch in hybrider Form stattfinden.

MVZ: Für diese Einrichtungen in Form einer GmbH werden Sicherheitsleistungen begrenzt; das soll die Gründung kommunaler MVZ erleichtern.

Versorgung: Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Versorgung, verbesserter Zugang vulnerabler Gruppen zur ambulanten Versorgung, Vereinfachung bei Anträgen auf Kurzzeittherapien, Stärkung der Position von Weiterbildungsambulanzen, Vereinfachung der Bewilligungsverfahren für Hilfsmittel, einheitliche Kennzahlen der Krankenkassen für ihre Service- und Leistungsqualität und deren digitale Veröffentlichung; die „Pille danach“ wird im Falle einer Vergewaltigung eine Kassen-Pflichtleistung.