73 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind aktuell immer noch aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie – insbesondere Kontaktbeschränkungen und langanhaltende Schließungen von Kitas und Schulen – psychisch teils schwer belastet. Besonders betroffen sind junge Menschen aus ärmeren Familien. Das geht aus dem Abschlussbericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe "Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona" (IMA) hervor, den die Bundesregierung am 08.02. beschlossen hat.
Kinder und Jugendliche hätten unter der Pandemie und den Schutzmaßnahmen besonders gelitten, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Jetzt schulde man ihnen Priorität bei der Versorgung. Lauterbach appellierte an Eltern, Vorsorgeuntersuchungen unbedingt wahrzunehmen, um möglichst früh Entwicklungsstörungen zu erkennen. Der Minister gestand auch zu, dass Deutschland angesichts überdurchschnittlich langer Schulschließungen wahrscheinlich überreagiert und den Kindern geschadet habe. Die nun entstandenen psychischen Schäden dürften nicht chronisch werden.
Lauterbach kündigte eine Gesetzesänderung an, mit der die Bedarfsplanung für Psychotherapeuten verändert werden soll. Das Ziel ist, dass mehr Psychotherapeuten zugelassen werden. Ferner sollen auch Gruppentherapien für Jugendliche ermöglicht werden.
Die Interministerielle Arbeitsgruppe schlägt vier weitere Handlungsfelder vor:
Die Bundespsychotherapeutenkammer hält die geplanten Maßnahmen des Bundesgesundheitsministeriums nicht für ausreichend und übt scharfe Kritik: Wiederholt setze das Ministerium allein auf Maßnahmen wie Sonderbedarfszulassungen und Gruppentherapien und verschließe weiter die Augen vor der Realität. Schon vor der Pandemie hätten psychisch kranke Menschen allen Alters oft monatelang auf einen psychotherapeutischen Behandlungsplatz warten müssen. Der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, Dr. Dietrich Munz, fordert das BMG auf, den Koalitionsvertrag umzusetzen und eine echte Reform der Bedarfsplanung einzuleiten. Das Ziel müsse sein, die Wartezeiten vor allem für Kinder und Jugendliche, insbesondere auch in ländlichen Strukturen, deutlich zu reduzieren.
Nach einer umfangreichen Datenerhebung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns warten Patienten zwischen der ersten Kontaktaufnahme zu einem Psychotherapeuten und dem eigentlichen Therapiebeginn im Durchschnitt 97 Tage. Regional liegt die Bandbreite der Wartezeiten zwischen 82 Tagen in München und über 130 Tagen im Regierungsbezirk Oberfranken sowie einigen Landkreisen der Oberpfalz. Überdurchschnittlich lang seien auch die Wartezeiten von Kindern auf den Behandlungsstart. Die Erhebung basiert auf Abrechnungsdaten von fast 69.000 Patienten im Jahr 2021 und gibt insofern das reale Bild der Versorgung von GKV-Patienten wieder. Die stellvertretende KV-Vorsitzende Dr. Claudia Ritter schlug vor, diese Daten in die Beratungen über eine Novellierung der Bedarfsplanung einzubeziehen.
In ihrer am 08.02. verabschiedeten Zukunftsstrategie zur Forschungs- und Innovationspolitik hat die Bundesregierung sechs Handlungsfelder definiert: Neben der Gesundheit sind dies gesellschaftliche Resilienz, ressourcenbewusstes Wirtschaften, Klimaschutz und Bewahrung der Biodiversität, digitale und technologische Souveränität sowie Raumfahrt und Meeresforschung.
Zur Bekämpfung von Volks- und Alterserkrankungen soll die Translationskompetenz verstärkt werden. Mit einem neuen Forschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft soll das Potential der Alternsforschung ausgebaut werden. Ferner wird die NAKO-Gesundheitsstudie mit bundesweit 200.000 erwachsenen Teilnehmern fortgeführt. Auch jenseits der Krebsmedizin soll die Forschung an personalisierten Behandlungsansätzen vorangetrieben werden. Mit der Nationalen Demenzstrategie sollen die Rahmenbedingungen und Angebotsstrukturen für Demenzkranke und ihre Angehörigen verbessert und ihre Lebensqualität erhöht werden. Vorgesehen ist ferner der Ausbau epidemiologischer Forschung zur Entstehung, Prävention, Diagnostik und Behandlung von Volkskrankheiten, altersabhängigen Krankheiten und seltenen Krankheiten. Die Forschung zur Kinder- und Jugendgesundheit wird gestärkt.
Um die Potenziale der Digitalisierung zu nutzen, soll eine wissensgenerierende Versorgung, die Gesundheits- und Pflegedaten für öffentliche und private Forschung zugänglich macht, gestärkt werden. Mit dem Modellvorhaben Genomsequenzierung nach Paragraf 64e SGB V wird erstmals ab 2023 die Ganzgenomsequenzierung für eine umfassende Diagnostik und Therapiefindung bei seltenen und onkologischen Erkrankungen getestet. Dabei sollen klinische und genomische Daten von Patienten mit deren Einwilligung auch der Forschung zur Verfügung stehen. Die datenbasierte Medizin wird weiterentwickelt, die Rahmenbedingungen für neue Messverfahren und KI-basierte Diagnostik und Therapie werden verbessert.
Die Prävention soll im Sinne eines One-Health-Ansatzes ausgebaut werden, einschließlich verstärkter Forschung für eine effizientere Gesundheits- und Pandemievorsorge. Zum Ausbau der Public Health-Forschung wird ein Helmholz-Institut für One Health gegründet. Zentrale Fragestellungen sind dabei auch die Prävention, Ursachen und Umgang mit Zoonosen, neuartigen Erregern, Antibiotikaresistenzen und umweltbedingten Gesundheitsrisiken, etwa durch den Klimawandel.
In dieser Woche wird das Europäische Parlament in Strasbourg über eine Korrektur der EU-Medical-Devices-Regulation (MDR) entscheiden, mit der die Fristen für eine Nachzulassung der Medizinprodukte verlängert werden. Entsprechend einem Vorschlag der EU-Kommission ist nun für Medizinprodukte der höheren Risikoklassen eine Frist bis zum 31. Dezember 2027, für niedrigere Risikoklassen eine Frist bis Ende 2028 vorgesehen. Kommission und Parlament reagieren damit auf das drohende Auslaufen der Zulassung einer Vielzahl von Medizinprodukten, die die Hersteller bislang nicht rechtzeitig haben beibringen können, so Dr. Peter Liese, Mitglied des Europäischen Parlaments bei einem Pressegespräch der Bundesärztekammer.
Liese verteidigte allerdings die Ziele der verschärften Medizinprodukte-Regulierung, die Folge einer Reihe von "Skandalen und Schlampereien" bei den sogenannten Benannten Stellen gewesen seien. Medizinprodukte werden in Europa – anders als in den USA, wo die staatliche Food and Drug Administration (FDA) zuständig ist –, nicht von staatlichen Behörden wie etwa dem BfArM zugelassen, sondern von Benannten Stellen wie beispielsweise dem TÜV. Damit habe man ausdrücklich den Wünschen der Hersteller Rechnung getragen, sagte Liese. Allerdings haben etliche Hersteller keine dieser Benannten Stellen in Europa wegen der erhöhten Anforderungen finden können. Verschärfend habe sich dabei der Brexit ausgewirkt, weil viele Benannte Stellen ihren Sitz im Vereinigten Königreich hatten, deren Zulassungen in der EU als Konsequenz aus dem Brexit nicht mehr anerkannt werden.
Der Präsident des Bundessozialgerichts (BSG), Professor Rainer Schlegel, hat für eine grundlegende Umstellung der GKV-Finanzierung auf eine Steuerfinanzierung plädiert. "Die gesetzliche Krankenversicherung hat das Problem der demografischen Entwicklung bisher im Wesentlichen ausgeblendet", sagte Schlegel in einem Interview der "Hessischen Allgemeinen" in Kassel. Ferner seien die Kostensteigerungen aufgrund von Innovationen und medizinischem Fortschritt enorm. "Ich könnte mir vorstellen, in der gesetzlichen, beitragsfinanzierten Krankenversicherung auf ein steuerfinanziertes System überzugehen." Damit würden die unteren Lohngruppen und insgesamt der Faktor Arbeit deutlich entlastet. Denn bislang ende die Beitragsbelastung bei der Beitragsbemessungsgrenze von knapp 5.000 Euro Monatsverdienst. In einem steuerfinanzierten System würde hingegen die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines jeden Bürgers und Unternehmens der Maßstab sein.
Schlegel stellte zudem in Frage, ob das Sozialleistungsniveau in Deutschland künftig konstant bleiben könne:
"Wir haben zeitweise 30 Prozent oder mehr unseres Bruttoinlandsproduktes für den Sozialbereich ausgegeben. Dies bekommt jetzt Konkurrenz durch andere Bereiche: den Klimaschutz, der gigantische Investitionen verlangt, Verteidigung, verteuerte Energie."
Das werde zu schwierigen Diskussionen führen. Zwar gelte der Grundsatz, dass starke Schultern mehr tragen müssten als schwache. "Das darf aber nicht dazu führen, dass der Starke eines Tages zum Schwachen wird."
Der Bundesverband Geriatrie prognostiziert für das Jahr 2030 mehr als 180.000 Patienten zusätzlich, die in Kliniken für Geriatrie und in geriatrischen Rehabilitationskliniken behandelt werden müssen. Da bereits heute die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung dieser Patienten nicht ausreichend gewährleistet sei, müsse bei einem Nichtausbau der Kapazitäten mit einer verschärften Unterversorgung gerechnet werden. Der Bundesverband Geriatrie, so dessen Geschäftsführer Dirk van den Heuvel, anerkenne allerdings, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erst jüngst erklärt habe, die medizinische Versorgung müssen für den demografischen Wandel vorbereitet werden.
In diesem Zusammenhang verweist die Deutsche Krankenhausgesellschaft darauf, dass die Kliniken zum Beispiel die grundlegenden Anforderungen der Nationalen Demenzstrategie bereits umgesetzt hätten. Zwei Drittel der Krankenhäuser hätten einen speziellen Bereich zur Betreuung dementer Patienten, 94 Prozent bieten systematische Fortbildung ihrer Mitarbeiter an. Auch bei der Zimmerbelegung werde das Problem Demenz berücksichtigt. Allerdings gebe es immer noch ein erhebliches Ausbaupotenzial, das zu realisieren angesichts der Investitionslücke von jährlich drei Milliarden Euro schwierig sei.
65 Prozent der Menschen begrüßen die Einführung einer obligatorischen elektronischen Patientenakte mit der Option, deren Anlage und Nutzung aktiv abzulehnen. Nur zwölf sind dagegen, 23 Prozent sind unentschlossen. Das ergab eine Umfrage im Auftrag der Bertelsmann Stiftung und der Stiftung Münch. Die Akzeptanz der ePA ist im Westen mit 70 Prozent überdurchschnittlich hoch, in den östlichen Bundesländern erreicht sie nur 43 Prozent. Hier lehnen 26 Prozent der Bürger die ePA ab. Im Rahmen der Umfrage wurden im Herbst 2022 knapp 2.000 Menschen ab 14 Jahren befragt.
Dr. Gerhard Quitterer, Allgemeinarzt aus Eggenfelden in Niederbayern, ist im Amt des Präsidenten der Ärztekammer Bayern bestätigt worden. Er setzte sich bei den Neuwahlen zum Vorstand gegen Dr. Andreas Botzlar, Dr. Bernhard Junge-Hülsing und Dr. Florian Schuch durch. Zu Vizepräsidenten wurden Dr. Andreas Botzlar, Chirurg aus Murnau, und Dr. Marlene Lessel, Fachärztin für Pathologie aus Kaufbeuren-Ravensburg gewählt.