Die Länderkammer hat in einer Entschließung am 12.05. ein "MVZ-Regulierungsgesetz" gefordert. Begründet wird dies mit dem Risiko des "Wachstums von investorengetragenen MVZ (iMVZ)… für eine flächendeckende umfassende Versorgung. So verlagern Investoren die Versorgungskapazitäten tendenziell in lukrative Ballungsgebiete und legen einen stärkeren Fokus auf gut skalierbare und umsatzsteigernde Leistungen, weshalb zu befürchten ist, dass nicht mehr das gesamte Behandlungsspektrum abgebildet wird."
Zu Neujustierung der Rahmenbedingungen fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, folgende Maßnahmen umzusetzen:
Die Entschließung wurde zunächst zu weiteren Beratungen an die Ausschüsse überwiesen. Die Initiative korrespondiert mit Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, eine stringentere Regulierung für iMVZ zu schaffen. Umgesetzt werden soll dies möglicherweise mit einem für den Herbst zu erwartenden Versorgungsgesetz, das vor allem die ambulante Medizin, deren Organisation und Finanzierung stärken soll. Die Bundesärztekammer hat die Initiative des Bundesrates prinzipiell begrüßt, weist aber auf den dringenden Handlungsbedarf hin. Eine Umsetzung sollte deshalb möglichst frühzeitig und nicht wie in der Vorhabenplanung des BMG vorgesehen, erst im Verlauf des späteren Jahres erfolgen. Notwendig sei ein Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause, so BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt.
Als kontraproduktiv bewerten die Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) und der Bundesverband der MVZ-Betreiber (BBMV) die vom Bundesrat geforderten Regulierungsmaßnahmen. Beide plädieren für eine umfassende Transparenz hinsichtlich der Leistungen aller Leistungserbringer in der ambulanten Versorgung, unabhängig von ihrer Organisationsform. Die ALM weisen auf den erheblichen Bedarf privater Investitionen für die ambulante Versorgung hin. Die MVZ-Betreiber warnen vor dem Risiko, dass ein großer Teil der älteren Praxisinhaber kaum Chancen sieht, einen Nachfolger zu finden. Jüngere Ärztinnen und Ärzte strebten überwiegend eine Tätigkeit im Angestelltenstatus an, davon ein beträchtlicher Teil in Teilzeitarbeit. „Wir laufen sehenden Auges in eine Versorgungsknappheit“, so die BBMV-Vorsitzende Sibylle Stauch-Eckmann. Aus diesem Grund müsse das Erfordernis, ein Krankenhaus als MVZ-Gründungserfordernis zu betreiben, entfallen.
Die Hauptversammlung des Marburger Bundes hat im Vorfeld des am 16.05. beginnenden Deutschen Ärztetages in Essen weitreichende Reformen zur Finanzierung der ambulanten und stationären Medizin angemahnt. Für die Vertragsärzte fordert der mb die Abschaffung der Budgetierung; derzeit werden noch rund zwei Drittel aller Leistungen im Rahmen der MGV und damit nicht vollständig vergütet. Dies führe zu einer schleichenden Unterversorgung. Für die Krankenhäuser verlangt der mb die vollständige Abkehr vom DRG-System. Notwendig sei ein Vergütungssystem, bei dem konservativ-begleitende Behandlungen und die menschliche Interaktion gegenüber technischen Leistungen nicht mehr benachteiligt werden. Die Konzeption der Regierungskommission behalte die Abhängigkeit der Klinikerlöse von der Zahl der Behandlungsfälle bei und berge nach wie vor Risiken für Fehlanreize.
Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels fordert die Ärztegewerkschaft eine umfassende Strategie der Bundesregierung für das Gesundheitswesen. Als Folge der steigenden Arbeitsintensität würden immer mehr Ärztinnen und Ärzte in Teilzeitarbeit ausweichen und so das Problem verschärfen. Dringend notwendig sei es, die Ankündigung im Koalitionsvertrag, mehr Studienplätze in der Medizin zu schaffen, auch tatsächlich umzusetzen.
Die im Januar 2020 etablierte Strukturierte medizinische Ersteinschätzung (SmED) könnte nach Auffassung des Gesundheitspolitikers und Arztes Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen) ein "Game-Changer" bei der Reform der Notfallversorgung werden. Seit dem Start ist SmED millionenfach genutzt und sukzessive ausgebaut worden, so der Vorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried. In knapp drei Jahren wurden 4,4 Millionen Anrufer in Notfällen beraten, davon 1,7 Millionen in den letzten zwölf Monaten. Seit Dezember 2021 ist über einen integrierten Chatbot eine digitale Selbsteinschätzung auf der 116 117-Website online möglich, bei der 172.000 Anrufe verzeichnet wurden. Seit wenigen Wochen wird über einen Vermittlungscode eine digitale Terminvereinbarung bei Arzt oder Psychotherapeut möglich. Weitere Anwendungsfelder, die Hilfesuchenden die Entscheidung für den Ruf nach dem Rettungsdienst, die Inanspruchnahme der Notaufnahme oder des Bereitschaftsdienstes erleichtern, stehen kurz vor der Einführung. SmED hat sich insofern nach Einschätzung von Teilnehmern einer Konferenz des Zi zu einem Steuerungsinstrument entwickelt, das in Notfällen zu einer ressourcenschonenden Inanspruchnahme von Versorgungseinrichtungen führt.