Die Gesundheitsminister der Länder sehen mit Sorge eine wachsende Knappheit in der ambulanten haus- und fachärztlichen Versorgung. Die Länderminister unterstrichen auf ihrer Konferenz am 12. und 13. Juni in Travemünde die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern, die medizinische Versorgung zu gewährleisten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wurde aufgefordert zu prüfen, in welchem Umfang beispielsweise die Zahl der geförderten fachärztlichen Weiterbildungsstellen, derzeit 2.000, erhöht werden kann. Die KBV, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der GKV-Spitzenverband wurden gebeten, ihre Vereinbarungen nach Paragraf 75a Absatz 4 und 7 anzupassen, um die Möglichkeit zu schaffen, nicht abgerufene Fördermittel aus Vorjahren auszuschöpfen. Ferner sollen Fördermittel auch regional umverteilt werden können, solange bundesweit betrachtet noch Fördermittel zur Verfügung stehen.
Die Gesundheitsminister fordern ferner, dass Projekte des Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses, die positiv evaluiert worden sind, künftig nahtlos auch in der Regelversorgung umgesetzt werden. Bislang haben die Vertragspartner – KBV und GKV-Spitzenverband – nur einen Bruchteil positiv bewerteter Projekte für die Regelversorgung vereinbart. Die Ländergesundheitsminister schlagen vor, als Zwischenlösung für eine Übergangsfinanzierung auch Mittel des Innovationsfonds zu nutzen. Ferner sollte eine Zwischenevaluation aller neu aufgelegten Projekt gemacht werden, um Aufschluss zu erhalten, wie aussichtsreich ein Projekt für die Regelversorgung ist. Der Bundesausschuss wird von den Ländern zur lückenlosen Information aufgefordert.
Nach einer jetzt im "Lancet" publizierten Studie des Kölner Intensivmediziners Professor Christian Karagiannidis werden in Deutschland im internationalen Vergleich überdurchschnittlich viele Patienten beatmet. Er stellte anhand von GKV-Routinedaten fest, dass zwischen 2019 und 2022 in fast 1.400 Krankenhäusern insgesamt 1.003.882 Patienten über 18 Jahren beatmet wurden, davon starben im Durchschnitt 43,3 Prozent, unter den über 80-Jährigen sogar 59 Prozent. Unter allen verstorbenen Personen wurden im Schnitt zehn Prozent beatmet. Die durchschnittlichen Kosten je Patient stiegen von 22.000 Euro im Jahr 2019 auf mehr als 25.000 Euro im Jahr 2022. Die Gesamtkosten der Beatmung liegen bei etwa sechs Milliarden Euro.
In Reaktion auf die Studienergebnisse sagte Professor Matthias Kochanek, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin: "Wir müssen uns deshalb die Frage stellen, ob wir ethisch und medizinisch das Richtige tun, wie auch gesellschaftlich-ökonomisch." Intensivmediziner und Pneumologen müssten sich die Frage stellen, ob sie richtigen Patienten beatmen und ob es auch Alternativen gebe. Die Krankenhausreform wird als eine Möglichkeit gesehen, die Strukturqualität und dabei auch die Indikationsstellung zu verbessern. Der Mitautor Professor Reinhardt Busse, Arzt und Gesundheitsökonom an der TU Berlin, hält die Zahl der Beatmungsbetten in Deutschland für überhöht.
Zu weiteren Förderung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sollte nach Auffassung des Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, der zu Beginn der Corona-Pandemie beschlossene "Pakt für den ÖGD" über das Jahr 2025 hinaus verlängert werden. Gesundheitsämter sollten grundsätzlich unter Leitung eines Facharztes stehen. Dazu müsse ärztlicher Nachwuchs gezielt gefördert werden. Damit verbunden sein müsse die Anpassung der Tarifbezahlung – gegenwärtig gültig sind die Regeln der Beamtenbesoldung – an die Bedingungen für Ärzte in der ambulanten und stationären Versorgung.
Bereits 2013 habe der Deutsche Ärztetag sich für eine Stärkung der Gesundheitsämter ausgesprochen und deren wichtige Rolle beim Zugang von Menschen mit sozialen oder psychischen Benachteiligungen zur Regelversorgung betont.
Für die mehr als 60.000 Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäuser fordert der Marburger Bund eine Gehaltserhöhung von 8,5 Prozent bezogen auf ein Jahr und eine Neuausrichtung der seit Jahrzehnten unveränderten Schicht- und Wechselschichtarbeit. Damit soll auch Tendenzen begegnet werden, bestehende Bereitschaftsdienstmodelle durch vermeintlich günstigere Schichtdienstmodelle zu ersetzen. Die Verhandlungen mit den kommunalen Arbeitgebern starten am 18. Juni in Berlin. Angestrebt wird eine Vereinbarung über einen Arbeitszeitkorridor zwischen 7.30 und 18 Uhr. Arbeit, die außerhalb dieses Korridors liegt, soll als besonders belastend definiert und mit einem "Randzeitzuschlag" verteuert werden. Ferner sollen Pläne für Schichtdienste künftig mindestens einen Monat vor Beginn des Planungszeitraums festgelegt sein.
In Baden-Württemberg nehmen inzwischen 241.000 junge AOK-Versicherte an dem Pädiatrie-Modul teil, das zwischen der Service-GmbH des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, der AOK und dem Hausärzteverband in Baden-Württemberg 2013 vertraglich vereinbart worden ist. Allein im vergangenen Jahr stieg die Zahl der teilnehmenden jungen Versicherten um 34.000. Sie werden versorgt von inzwischen 663 Pädiatern, die sich für diesen Selektivvertrag mit der AOK entschieden haben. Das Pädiatrie-Modul ist eine Vollversorgung mit zusätzlichen Leistungen: erweiterte Vorsorgeuntersuchungen wie U10, U11 und J2 sowie exklusiven Mehrleistungen im zweiten und dritten Lebensjahr wie Hör- und Sehtests. Es ist bundesweit der einzige hausarztzentrierte pädiatrische Vertrag nach Paragraf 73b SGB V. Eine Chronikerpauschale stelle sicher, dass auch chronische kranke Kinder adäquat versorgt werden können, so der Landesverbandsvorsitzende der Kinderärzte, Dr. Roland Fressle.
Mangels rechtzeitiger Benennung von Kandidaten durch den Deutschen Bundestag und durch die Bundesregierung ist der Deutsche Ethikrat derzeit nur noch rudimentär vorhanden. Die Amtszeit von 22 der insgesamt 26 Mitglieder ist im April zu Ende gegangen, die konstituierende Sitzung eines neu besetzten Rates hätte eigentlich im Mai stattfinden sollen. Dabei hätte auch ein(e) Nachfolger(in) der nach acht Jahren im Ethikrat zwangsweise ausscheidenden Professorin Alena Buyx (TU München) stattfinden müssen. Ursächlich ist, dass die Bundestagsfraktionen ihre Vorschläge erst Anfang Juni bekannt gegeben haben, es fehlen aber noch die Vorschläge der Bundesregierung.
Abgelehnt wurde von den meisten Fraktionen ein Vorschlag der AfD-Fraktion, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet: Sie hatte den Passauer Frauenarzt Ronald Weikle nominiert, dessen Eignung jedoch von den anderen Fraktionen wegen einer Verurteilung zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung wegen unrechtmäßig ausgestellter Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht während der Corona-Pandemie in Frage gestellt worden war.