Wochenrückblick Gesundheitspolitik: Gesundheitskioske vor dem Aus

Die Zukunft der Gesundheitskioske steht auf der Kippe, während der Patientenbeauftragte den Schutz vor Individuellen Gesundheitsleistungen fordert. Gleichzeitig rechnet der GKV-Spitzenverband mit steigenden Leistungsausgaben, während das EU-Parlament ein umfassendes Pharma-Paket verabschiedet.

Gesundheitskioske vor dem Aus

Das Projekt der niedrigschwelligen Gesundheitskioske in sozialen Brennpunkten soll aus dem Referentenwurf für das Versorgungsgesetz gestrichen werden, wie am Sonntag bekannt wurde. Ursächlich dafür sind laut ARD massive Bedenken der FDP, die die Errichtung von Doppelstrukturen in der ambulanten medizinischen Versorgung geltend gemacht hatte. Das entspricht auch der Position der KBV, die das Projekt wegen zusätzlicher Kosten und Entstehung neuer Schnittstellen ablehnt. 

Das Konzept der Gesundheitskioske ist unter anderem im Rahmen eines vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses geförderten Projekts mit positivem Ergebnis evaluiert worden. Daran waren allerdings auch systematisch KV und Vertragsärzte mit dem Ziel beteiligt, im sozialen Brennpunkt Hamburg-Billstedt einen niedrigschwelligen Zugang zu sozialen Leistungen und zur ambulanten ärztlichen Versorgung zu schaffen. Trotz guter Evaluationsergebnisse wurde das Modell nach Auslaufen der Förderung durch den Innovationsfonds beendet, weil insbesondere die Ersatzkassen sich nicht an der Finanzierung über die Regelversorgung beteiligten wollten.        

Patientenbeauftragter will IGeL einschränken

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze, fordert einen besseren Schutz von Patienten vor Individuellen Gesundheitsleistungen. Unterstützt wird er dabei von dem Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen, der eine Novellierung des Patientenrechtegesetzes von 2013 anregte. Schwartze sagte unter Verweis auf Untersuchungen des IGeL-Monitor des Medizinischen Dienstes, dass für die meisten Leistungen kein medizinischer Nutzen feststellbar sei. Beispielhaft nannte er Ultraschalluntersuchung im Rahmen der Früherkennung von Eierstock- oder Gebärmutterkrebs. Diese Methoden führten – ähnlich wie der PSA-Test – oft zu weiteren Folgeuntersuchungen und unnötigen Operationen. 

Der Berufsverband der Frauenärzte – diese setzen IGeL vergleichsweise häufig ein – wies die Kritik zurück. Falsch sei beispielsweise die Behauptung von Schwartze, Fachgesellschaften lehnten die Ultraschalluntersuchung zur Krebsfrüherkennung ab. Tatsächlich sei diese Methode aber bei übergewichtigen Frauen und Mädchen sinnvoll, wenn Tastuntersuchungen keine hinlängliche Sicherheit böten. 

GKV rechnet für dieses Jahr mit Leistungsausgaben von 314 Milliarden Euro

Nach einer Prognose des GKV-Spitzenverbandes könnten die Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenkassen in diesem Jahr um nahezu fünf Prozent auf 314 Milliarden Euro steigen. Damit setzt sich der in den meisten Leistungsbereichen dynamische Trend der vergangenen Jahre weiter fort. Der Verband warnt vor weiteren Beitragsanhebungen.

Zwischen 2018 und 2023 sind die Ausgaben für

gestiegen.   

Eli Lilly: Spatenstich für 2,3 Milliarden Euro-Investition in Alzey

Mit einem gemeinsamen Spatenstich haben Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malus Dreyer und Lilly-CEO Dave Ricks am Montag den Startschuss für eine 2,3 Milliarden Euro umfassende Investition in eine neue Pharma-Produktion am Standort Alzey gegeben. Bis 2027 soll eine Hightech-Produktionsanlage entstehen, in der injizierbare Medikamente und die dazu gehörenden Pens produziert werden. Zugleich entstehen damit bis zu 1000 Arbeitsplätze für hochqualifizierte Fachkräfte.  Mit der neuen Anlage sollen auch die innovativen Medikamente gegen Diabetes und Adipositas produziert werden, für die die Nachfrage auf dem Weltmarkt derzeit nicht befriedigt werden kann. 

Anders als andere Groß-Investitionen von Unternehmen kommt Lilly nach eigenen Angaben ohne staatliche Subventionen aus. Entstehen soll ein Standort, der CO2-neutral arbeitet und der dazu beiträgt, dass das Gesamtunternehmen ab 2030 100 Prozent seiner Energie aus Erneuerbaren bezieht.

EU-Parlament verabschiedet Pharma-Paket

Das Parlament der Europäischen Union hat am Dienstag die Novellierung des EU-Arzneimittelrechts beschlossen – die erste grundlegende Novellierung seit 20 Jahren. Die Rechtsverordnung, die unmittelbar geltendes Recht in der EU ist, zielt darauf ab, dass insbesondere neue Arzneimittelwirkstoffe möglichst in allen EU-Ländern im Rahmen der Sozialversicherungssysteme für die Patienten zugänglich sind, was bislang nicht gewährleistet ist. Da die EU keine Kompetenzen für die nationalen Sozialversicherungssysteme und damit auf die Erstattungsmodalitäten für neue Arzneimittel hat, hatte die Kommission ein System aus Anreizen und Sanktionen für die Arzneimittelhersteller entwickelt: Danach ist die Dauer des Unterlagenschutzes an das Ausmaß der tatsächlichen Verfügbarkeit von Arzneimittelinnovationen in den EU-Ländern verknüpft – ein Mechanismus, der von der Industrie als Eingriff in intellektuelle Eigentumsrechte heftig kritisiert wurde. 

Ferner werden mit dem neuen Gesetz Anreize zur Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen seltene Erkrankungen mit einem hohen Unmet Medical Need und neuer Antibiotika gesetzt. Unternehmen, die solche Innovationen entwickeln, erhalten dafür einen Voucher (Transferable Exclusivity Extension, TEE) , der ihnen das Recht gibt, den Unterlagenschutz für diese neuen Wirkstoffe auf andere noch patentgeschützte Wirkstoffe zu übertragen oder diesen Voucher auch an andere Unternehmen zu verkaufen.