Im Mittelpunkt der Beratungen des 128. Deutschen Ärztetages, der dieses Jahr vom 7. bis 10. Mai in Mainz stattfindet, stehen der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen und die derzeit in Vorbereitung befindliche Krankenhausreform. Dazu wird sich der Ärztetag am kommenden Mittwoch mit Konzepten der Versorgungssteuerung befassen, die angesichts des demografischen Wandels, eines komplexeren Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig wachsendem Mangel an Ärzten und anderen Gesundheitsfachberufen als wichtigste Lösungsoption gesehen wird. Geladen als Gastreferenten sind dazu der Gesundheitsökonom Professor Wolfgang Greiner (Uni Bielefeld), der Vorsitzende des Gemeinsame Bundesausschusses, Professor Josef Hecken, und die Bundestagsabgeordnete Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen).
Eine Rolle dürfte dabei auch das am vergangenen Mittwoch vorgelegte Gutachten der Gesundheits-Sachverständigen spielen, in dem insbesondere die Rolle der Klinikreform – Abbau von Überkapazitäten und Fehlanreizen bei der Vergütung sowie die Reform der Notfallversorgung – aufgrund einer effizienteren und bedarfsgerechteren Patientensteuerung eine Entlastung der Fachkräfte erwarten. Der Vorschlag des Rats, auf der Angebotsseite künftig die Kapazitäten der ärztlichen Weiterbildung durch Facharztquoten zu steuern, lehnt die Bundesärztekammer, wie ihr Präsident Dr. Klaus Reinhardt bei der Vorpressekonferenz zum Ärztetag betonte, allerdings strikt ab; dies sei ein unangemessener Eingriff in die eigenverantwortliche eines jeden Arztes, in welcher Disziplin er tätig sein wolle. Dagegen wird der Vorschlag für ein Primärversorgungsmodell mit Einschreibemöglichkeit bei einem Hausarzt für diskussionswürdig gehalten; inzwischen habe sich die Haltung der Ärzteschaft dazu entspannt. Die derzeit geltenden Weiterbildungsordnungen ließen den Absolventen hinreichend Spielraum, ihre Wahl noch während der Weiterbildung zu korrigieren. Die Bundesärztekammer begrüßt die Intentionen der Klinikreform und im Kern auch die Instrumente. Sie plädiert allerdings auch für die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten.
Zur Eröffnung des Ärztetages am Dienstag wird Bundegesundheitsminister Karl Lauterbach erwartet. Der Ärztetag kann online auf einem Lifestream verfolgt werden. Im Vorfeld findet am Montag die Vertreterversammlung der KBV statt. Auch hier sind geplante Reformen, schwerpunktmäßig für die ambulante Versorgung, Gegenstand der Beratungen.
Die Gesamtausgaben für Gesundheit sind 2022 um 4,8 Prozent auf 498 Milliarden Euro gestiegen, die Pro Kopf-Ausgaben erreichten 5939 Euro. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes lag der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt bei 12,8 Prozent und damit 0,3 Prozent niedriger als im Vorjahr. Seit Beginn der Pandemie Anfang 2019 bis Ende 2022 stiegen die Gesundheitsausgaben um 20 Prozent oder 83,1 Milliarden Euro.
Die Hauptlast der Pandemie wurde vom Staatshaushalt getragen: Der steuerfinanzierte Anteil der Gesundheitsausgaben stieg von 4,4 auf 9,7 Prozent und erreichte 2022 48,3 Milliarden Euro. Allein aus dem Gesundheitsfonds flossen 21,4 Milliarden Euro in die Corona-Bekämpfung, größtenteils vom Bund finanziert. Allein für die Pandemie wurden 36,1 Milliarden Euro ausgegeben, der größte Teil entfiel auf Tests mit 14,5 Milliarden Euro. Im. Rahmen der Impfkampagne wurden 9,4 Milliarden Euro aufgewendet.
Nach wie vor größter Ausgabenträger ist die GKV mit einem Anteil von 53,3 Prozent und Ausgaben von 265,4 Milliarden Euro (plus 4 Prozent). Es folgt die soziale Pflegeversicherung mit 57,7 Milliarden Euro (plus 11,7 Prozent). Die Belastung privater Haushalte sank um 5,2 Prozent auf 56,8 Milliarden Euro; ursächlich dafür waren Umsatzrückgänge im Gesundheitshandwerk und die erhöhte Bezuschussung des pflegebedingten Eigenanteils.
Für 2023 rechnet destatis mit einem leichten Rückgang der Gesundheitsausgaben; ursächlich dafür ist das Ende der Pandemie. Bei GKV und PKV werden hingegen signifikante Zuwächse erwartet.
Der vom 8. bis 11. Mai in Berlin, City Cube, stattfindende Deutsche Diabetes-Kongress steht unter dem Motto "Diabetes – Umwelt – Leben". Ein Schwerpunkt der Tagung werde der Einfluss von Bewegung, Ernährung und Umwelt auf die Entstehung und Entwicklung von Diabetes sein, wie Kongress-Präsident Professor Baptist Gallwitz in der Vorpressekonferenz sagte. Betroffen von Diabetes mellitus Typ 2 sind 8,9 Millionen Menschen, jährlich kommen rund 550.000 Neuerkrankungen hinzu. Die Dunkelziffer wird auf ein bis zwei Millionen geschätzt.
Weitere Themen beleuchten die immer bedeutsamer werdenden molekularen Grundlagen von Diabetes, hierzu gebe es erfolgreiche Projekte der Grundlagenforschung in den fünf deutschen Forschungszentren für Diabetes. Ferner sollen die Bedeutung von KI und Digitalisierung erörtert werden, die aus Sicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft ein Treiber für eine verbesserte Versorgung sein könnten. Angesichts der Alterung von Ärzten widmet sich ein Kongressteil auch der Nachwuchssicherung. Insgesamt vergibt die DDG 122 Stipendien an junge Kongress-Teilnehmer.
Als politisches Thema steht die Krankenhausreform im Zentrum. Die DDG sieht dabei das Fachgebiet Diabetologie noch nicht hinreichend berücksichtigt; im Moment hätten weniger die Mediziner als vielmehr die Gesundheitsökonomen das Wort bei der Reform. Zentral aus der Sicht der DDG, so Professor Andreas Fritsche, seien drei Forderungen: die strukturierte Erkennung und Versorgung von Krankenhauspatienten, die mit Diabetes - immerhin drei Millionen Fälle jährlich – eingewiesen werden, die Berücksichtigung des Bedarfs besonders vulnerabler Gruppen wie Kinder und alte Menschen und die Sicherung der Finanzierung nachgewiesener Qualität. Aus diesen Gründen, so Fritsche, müsse die Diabetologie in jedem Krankenhaus als Querschnittsfach vorgehalten werden.