Unions-geführte Länder weigern sich derzeit, das Gesetz zur Schaffung von Qualitätstransparenz bei den Krankenhäusern Anfang Februar auf die Tagesordnung des Bundesrates zu setzen. Inhalt des Gesetzes ist es auch, den Krankenhäusern zusätzliche Liquiditätshilfen des Bundes in einem Volumen von sechs bis acht Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, um ihr Überleben zu sichern. Einige Länder fordern weit höhere Hilfen des Bundes. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warnte vor einem Scheitern des Gesetzes, denn dann sei ein Krankenhaussterben in Deutschland in großen Teilen schwer abwendbar. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft forderte, den Kliniken unabhängig vom Fortgang der parlamentarischen Beratungen des Transparenzgesetzes weitere Subventionen zur Verfügung zu stellen.
Zu einem Paket von Sparplänen für die gesetzlichen Krankenkassen zählt auch die Absicht von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, den Kassen die Möglichkeit zu nehmen, homöopathische Arzneimittel im Rahmen von freiwilligen Satzungsleistungen zu erstatten. Begründet wird dies damit, dass diese Medikamente keinen medizinisch belegbaren therapeutischen Nutzen haben. Arzneimittelrechtlich haben diese Medikamente der besonderen Therapierichtungen seit Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes von 1976 insofern einen Sonderstatus, weil für sie – anders als bei chemisch definierten Wirkstoffen – eine Wirksamkeit nicht durch eine Nachzulassung belegt werden musste.
In der Rationalitätenfalle
Die Begründung erscheint auf den ersten Blick stichhaltig: Leistungen, die nicht evidenzbasiert sind, haben in der gesetzlichen Krankenversicherung nichts zu suchen. Therapien, die mit zwangsweise erhobenen Beiträgen der Solidargemeinschaft finanziert werden, müssen wissenschaftlich begründet sein, um die Kriterien der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu erfüllen.
Im Fall der Homöopathie tappt der Evidenzverfechter Karl Lauterbnach allerdings in eine Rationalitätenfalle: Um einen Quantensprung in seiner tatsächlichen Bedeutung – und dies ist die geringstmögliche nicht infinitesimale Verbesserung an Evidenz – in der medizinischen Versorgung zu erreichen, nimmt Lauterbach das Risiko eines politisch-gesellschaftlichen Glaubenskriegs in Kauf, der gute Chancen hat, alle querdenkenden Kräfte aus Pietäts- und Herrgottswinkeln in Baden-Württemberg und Bayern oder sonst wo zu mobilisieren. Es ist Wasser auf die Mühlen jener, die spätestens seit der Corona-Pandemie in staatlichem Handeln vermeintlich verfassungswidrige Attacken auf Freiheit und Selbstbestimmung der Bürger und des gesunden Menschenverstandes wittern.
Für die gesetzlichen Krankenkassen und ihr Finanzvolumen von 300 Milliarden Euro geht es gerade mal um 20 bis 50 Millionen Euro, die sie für homöopathische Mittel ausgeben – eine quantité negligable. Lohnt das einen neuen Fundamentalstreit? Wohl kaum! Es wäre politisch rational, wenn Karl Lauterbach beim Rationalisten Immanuel Kant Anleihe nähme und anerkennen würde, dass der Mensch eben "von krummem Holze" gemacht ist.
Nach Einschätzung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände und des Deutschen Hausärzteverbandes sind Lieferengpässe bei Arzneimitteln in diesem Winter größer als offiziell transparent gemacht wird. So werden beim Bundesinstitut für Arzneimittel derzeit rund 500 Wirkstoffe gelistet, bei denen Engpässe festgestellt werden. "Die Engpässe gehen im Versorgungsalltag in den Apotheken weit darüber hinaus", so Thomas Preis, Chef des Apothekerverbandes Nordrhein. In Wirklichkeit seien es einige Tausend Medikamente, die nicht erhältlich seien. Wie das "Handelsblatt" berichtet, sind Apotheken offenbar schon seit Monaten vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus dem letzten Winter dazu übergegangen und horten in ihren Lagern große Vorräte – auf Kosten der Gesamtversorgung.
Professor Nicola Buhlinger-Göpfarth vom Hausärzteverband nennt konkret Antibiotika für Kinder und Erwachsene, Blutdrucksenker, Statine, Psychopharmaka sowie Augentropfen und -salben, die derzeit in Apotheken nicht erhältlich sind. Beobachtet werden auch Engpässe in der Versorgung mit Antidiabetika wie Ozempic.
Das im vergangenen Jahr in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen hat an der realen Versorgungslage offenbar wenig geändert. Die Hersteller haben jedenfalls nicht ihre Kapazitäten erhöht, sondern nutzen diese nur bis zur technisch höchstmöglichen Auslastung.
Nach Daten des Marktforschungsunternehmens IQVIA ist die Zahl der Impfungen gegen Influenza seit dem ersten Pandemiewinter 2020/21 deutlich rückläufig. In jenem Winter stieg die Zahl der Vakzinierungen sprunghaft von 16,6 auf rund 24 Millionen. Im letzten Herbst/Winter sanken sie dagegen um vier Millionen und seit September 2023 um weitere eine Million. Das Robert Koch-Institut hält die Impfquoten für viel zu niedrig. Die Zielvorgabe der Europäischen Union, wonach 75 Prozent der vulnerablen Gruppe der über 60-Jährigen geimpft sein sollte, wird von Deutschland mit etwa 43 Prozent weit verfehlt.
Nach einer Analyse des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung hat nur ein Bruchteil der vor drei Jahren eingeführten Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) einen medizinischen Nutzen. Nur jede fünfte DiGA habe in dieser Zeit eine medizinische Wirksamkeit belegen können. Inzwischen geben die Kassen dafür jährlich zuletzt 113 Millionen Euro aus. Insgesamt wurden 374.000 DiGAs in Anspruch genommen. Die durchschnittlichen Preise sind von anfänglich 407 auf nun 593 Euro gestiegen. Aufgrund vorliegender Erfahrungen fordert der GKV-Spitzenverband eine Aktualisierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen: