Das Bundesgesundheitsministerium versucht derzeit, die geplante Entbudgetierung der hausärztlichen Vergütung möglichst noch in dieser Legislaturperiode in einem parlamentarischen Verfahren unterzubringen und damit als Gesetz zu verabschieden. Sollte dies nicht gelingen, so werde dieser Plan bei Zustandekommen einer Koalition mit der SPD in den Koalitionsvertrag aufgenommen und als eines der ersten Projekte in der neuen Wahlperiode realisiert, kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beim Neujahresempfang der deutschen Ärzteschaft an. Ferner sagte Lauterbach der Ärzteschaft zu, für den Fall, dass er wieder das Bundesgesundheitsministerum übernehmen sollte, auch die GOÄ zu überarbeiten. Inzwischen ist er davon überzeugt, dass dies notwendig sei. Darüber hinaus wolle er sich für den Ausbau der Studienkapazitäten um 5000 Studienplätze stark machen.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Plenumssitzung am Donnerstag beschlossen, die Grenze, ab der für Kinder- und Jugendärzte Unterversorgung anzunehmen ist, von derzeit 50 auf 75 Prozent zu erhöhen. Das entspricht der jetzt schon bei Hausärzten üblichen Grenze. Der Grenzwert ist maßgeblich dafür, dass die für Unterversorgung bestimmten Fördermaßnahmen für die Praxen greifen können. Der Beschluss erfolgte auf Antrag der Bundesländer.
Ferner hat der Bundesausschuss beschlossen, dass Frauen nun ebenfalls wie Männer zwischen dem 50. und 55. Lebensjahr zur Darmkrebsfrüherkennung einen Anspruch auf einen iFOBT-Test haben. Die ursprüngliche geschlechtsspezifische Differenzierung war vorgenommen worden, weil Männer in diesem Alter ein im Vergleich zu Frauen höheres Darmkrebsrisiko hatten. Das entspreche aber nicht mehr der aktuellen Evidenz. Der Test auf okkultes Blut kann nun nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle zwei Jahre als GKV-Leistung durchgeführt werden.
Perspektivisch könnte die Akupunktur eine vertragsärztliche Leistung zur Prophylaxe der Migräne werden. Dazu hat der Bundesausschuss nun ein Beratungsverfahren eingeleitet. Im ersten Schritt erhält dazu das IQWiG den Auftrag, eine Evidenzrecherche anzustellen und dem zuständigen Unterausschuss Methodenbewertung zu berichten. Der Beschluss geht auf einen Antrag der Patientenvertretung zurück.
Ferner hat der Bundesausschuss in einer Richtlinie die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Patienten auf einem Online-Portal künftig vergleichende Informationen zur Qualität in der ambulanten Versorgung recherchieren können. Welche konkreten Angaben der Praxen von Ärzten, Zahnärzten und perspektivisch auch Physiotherapeuten in das Portal aufgenommen werden sollen, weil sie aussagefähig sind, muss jetzt das IQTIG ermitteln.
Erheblicher Zusatznutzen für Alectinib: Für eine Subgruppe von Patienten mit einem ALK-positiven nicht kleinzelligen Lungenkarzinom mit einem hohen Rezidivrisiko zur adjuvanten Behandlung nach vollständiger Tumorresektion hat der Bundesausschuss im Vergleich zur Behandlung mit Cisplatin in Kombination mit Vinorelbin und Cisplatin in Kombination mit Pemetrexed einen Anhaltspunkt für einen erheblichen Zusatznutzen festgestellt. Dies gilt für die Gruppe von Patienten, die für eine adjuvante platinbasierte Chemotherapie geeignet sind. Die Patientengruppe, die vorher bereits eine adjuvante platinbasierte Chemotherapie erhalten hat oder die dafür nicht geeignet ist, profitiert jedoch nicht von Alectinib.
Beträchtlicher Zusatznutzen für Gozetotid: In der ersten Nutzenbewertung für ein Radiodiagnostikum hat der Bundesausschuss einen beträchtlichen Zusatznutzen für den Einsatz von Gozetotid bei Patienten mit einem progredienten, metastasierten, kastrationsresistenten Prostatakarzinom anerkannt. Das gilt für die Gruppe von Patienten, für die Abirateron in Kombination mit Prednison oder Presnisolon, Enzalutamid oder Best-Supportiv-Care die patientenindividuell geeignete Therapie darstellt. Beträchtliche signifikante Vorteile wurden vor allem beim Überleben in den Studien gesehen.
Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin plädiert in einem in der vergangenen Woche publizierten Positionspapier für eine Stärkung der hausärztlichen Versorgung als erste Anlaufstelle für alle Patienten im Gesundheitssystem. Eine konsequente Steuerung durch Hausärzte stärke die Patientensicherheit und verbessere die Versorgung. Im ersten Schritt sollte es einen Bonus für Versicherte geben, die sich für einen Krankenkassentarif mit hausarztzentrierter Versorgung entscheiden. Zum zweiten sollte eine Kontaktgebühr für die Inanspruchnahme von Notdiensten sowie von Fachärzten – mit Ausnahme von Augenärzten und Gynäkologen – erhoben werden, wenn diese ohne hausärztliche Überweisung konsultiert werden. Laut DEGAM lassen sich 80 Prozent aller gesundheitlichen Beschwerden von hausärztlichen Praxen abschließend behandeln.
Die Überlegung von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck, die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung dadurch zu stärken, dass künftig auch Kapitalerträge in die Beitragsbemessung einbezogen werden, stößt auf erhebliche Bedenken von Wirtschaftswissenschaftlern. Der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest, weist auf Berechnungen seines Instituts hin, dass bei Beibehaltung der geltenden Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 66.500 Euro das Beitragsaufkommen lediglich um 5,3 Milliarden Euro oder 3,2 Prozent steigen würde. Dabei sei ein von Habeck vorgesehener Sparerfreibetrag noch nicht berücksichtigt.
Auch der ehemalige Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, hält den Vorschlag für unausgegoren, zum einen, weil niemand außer den Banken die Höhe der individuell als Abgeltungssteuer gezahlten Kapitalertragssteuern kenne und weil konsequenterweise auch Mieten und Pachten in die Beitragsbemessung einfließen müssten. Rürup empfiehlt dagegen eine stärkere Kofinanzierung der GKV durch Steuern – derzeit nur 14,5 Milliarden Euro. Die Steuerfinanzierung müsse zu einem starken und verlässlichen dritten Standbein – neben den Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern – aufgebaut werden; auf diese Weise würden aller Bürger, insbesondere aufgrund der progressiven Ausgestaltung des Steuersystems auch Wohlhabende an der GKV-Finanzierung beteiligt.
Thomas Preis, 65, Apotheker aus Köln, ist neuer Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Die außerordentliche Mitgliederversammlung wählte ihn zum Nachfolger der von der ordentlichen Mitgliederversammlung im Dezember vergangenen Jahres überraschend nicht wiedergewählten Präsidenten Gabriele Overwiening.