Präexpositionsprophylaxe könnte HIV-Infektionen reduzieren

Ergänzend zur Prävention mit Kondom zeigen Studien eine hohe Wirksamkeit der Präexpositionsprophylaxe (PrEP) gegen HIV-Infektionen. In Deutschland könnte noch in diesem Jahr die Zulassung eines Prä

Ergänzend zur Prävention mit Kondom zeigen Studien eine hohe Wirksamkeit der Präexpositionsprophylaxe (PrEP) gegen HIV-Infektionen. In Deutschland könnte noch in diesem Jahr die Zulassung eines Präparats anstehen.

Die PrEP gehört zu den biomedizinischen Präventionsmaßnahmen, die darauf abzielt, dass HIV-negative Personen vorsorglich ein Medikament einnehmen, um sich vor einer HIV-Infektion zu schützen. Die amerikanische Food and Drug Assoziation (FDA) hat bereits 2012 das NRTI-haltige Kombinationspräparat Truvada® (Tenofovir/Emtricitabine) zur PrEP zugelassen. In Deutschland darf das Medikament bislang nur zur Therapie für HIV-Infizierte verschrieben werden; als Präventionsmaßnahme ist es nicht erlaubt, was unter Hochrisikogruppen wie homosexuellen Männern bereits zu Schwarzmarkttendenzen geführt hat, da Medikamente aus der Therapie für die Prävention abgezweigt oder über andere Länder illegal importiert werden. Das soll künftig nicht mehr nötig sein: Seit Beginn des Jahres evaluiert die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) die Zulassung des Gilead-Präparats für Europa. Die von Risikogruppen herbeigesehnte Zulassung könnte in der zweiten Jahreshälfte erfolgen.

Die französisch-kanadische Studie IPERGAY zeigt, dass die anlassbezogene HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zum Schutz vor HIV-Übertragungen beim Sex unter Männern funktioniert. Die britische PROUD-Studie unter 544 homosexuellen Männern unterstützt die Ergebnisse. Sowohl die IPERGAY- als auch die PROUD-Studie kommen auf eine Effektivität von etwa 86 Prozent. HIV-Übertragungen gab es demnach also in beiden Studien. Bei PrEP muss jeweils eine Tablette pro Tag oder bei Bedarf eingenommen werden. Der Schutz vor einer HIV-Infektion ist statistisch betrachtet deutlich höher als bei Kondomen, die viele Menschen aus Gruppen mit häufigen Sexualkontakten ablehnen, weil sie unter anderem das sexuelle Empfinden reduzieren oder die Erektion behindern. Auch ein Tenofovir-haltiges Vaginalgel bei afrikanischen Frauen erwies sich in Studien schon als schützend.

HIV-Infektionen steigen in Europa

Sowohl Ärzte als auch betroffene Personen warten auf eine Zulassung, da die Zahl der HIV-Infektionen in Europa jährlich ansteigt, wie auf den 16. Müncher Aids- und Hepatitis-Tagen zu vernehmen war. In Deutschland erfasste das Robert Koch-Institut für das Jahr 2014 insgesamt 3.525 gesicherte HIV-Neudiagnosen. Im Vergleich zu 2013 entspricht das einer Zunahme von 237 Neudiagnosen oder sieben Prozent. Auch die Deutsche Aids-Gesellschaft (DAIG) hält es für sinnvoll, die PrEP in Deutschland für Menschen mit hohen Risiko für eine HIV-Infektion als zusätzliche Präventionsoption verfügbar zu machen und sie als Bestandteil der Prävention zu implementieren und zu evaluieren. Allerdings gelte es einen Preis für PrEP-Präparate zu vereinbaren, der einen Einsatz nicht im Wege stehe. Abzuwarten bleibt zudem, in welchem Rahmen die Gesetzliche Krankenkasse (GKV) die Nutzung erstatten wird. Medikamente, deren Anwendung hauptsächlich einer Erhöhung der Lebensqualität dienen, dürfen nicht zu Lasten der GKV verordnet werden. Möglich ist allerdings, dass einzelne Kassen die Kostenerstattung als freiwillige Leistung für bestimmte Risikogruppen übernehmen.

Bislang fehlen fundierte Studien, inwieweit ein Einsatz von PrEP als präventive Maßnahme das Budget des deutschen Gesundheitssystems beeinflussen würde. Eine lebenslange HIV- und Aids-Therapie kann bis zu 600.000 Euro kosten, so dass jede vermiedene Infektion sich unmittelbar positiv auf die Kosten auswirkt.

Text: vt

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