Dass die Ernährung Einfluss auf Krankheitsaktivität und Schubfrequenz entzündlich-rheumatischer Erkrankungen haben kann, ist Patienten und Ärzten aus eigener Erfahrung bekannt. In den letzten Jahren rückte deshalb der Stellenwert einer geeigneten Ernährungsform in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses.
Die Zahl klinischer kontrollierter und randomisierter Studien zur Ernährungsmodifikation bei rheumatischen Erkrankungen ist allerdings noch überschaubar, was auch auf die Schwierigkeiten beim Studiendesign und der Finanzierung zurückzuführen ist. So stammen die meisten Empfehlungen aus Beobachtungsstudien, in denen bestimmte Ernährungsmuster unter nicht-kontrollierten Bedingungen untersucht wurden. Insgesamt ist die klinische Evidenz für den rheumatischen Formenkreis deutlich schwächer im Vergleich zu kardiovaskulären und metabolischen Erkrankungen und bezieht sich mit wenigen Ausnahmen nur auf die RA.
Aufgrund der vorliegenden Studien wird eine vollwertige, gemüse- und obstreiche, sowie fleischarme Ernährung Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen als supportive, die Selbstwirksamkeit fördernde Maßnahme empfohlen. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf häufig assoziierte Komorbiditäten, wie z. B. kardiovaskuläre Erkrankungen.
Die beste Evidenz gibt es für die mediterrane Kost. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die klassische mediterrane Ernährung stets auch kohlenhydrat-reduziert war, was vor allem den Anteil von raffiniertem Zucker anbelangt.
Im Februar 2022 wurden von der WHO neue Benchmarks für Ausbildung und Praxis im Bereich Ayurveda veröffentlicht. Die Phytotherapie spielt dabei eine wichtige Rolle. Zur Behandlung von „Arthritiden“ werden häufig Kombinationspräparate auf der Basis z. B. von Myrrhe (Commiphora mukul) und Weihrauch (Boswellia serrata) oder auch Einzelpflanzen wie die Winterkirsche/Ashwagandha (Withania somnifera), Kurkuma (Curcuma longa) und Ingwer (Zingiber officinale) im Rahmen multimodaler Therapiekonzepte eingesetzt.
Die wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit von Ayurveda ist allerdings schwach. Kontrollierte wissenschaftliche Langzeitdaten zum präventiven Effekt von Ayurveda liegen nicht vor. Wirkungen werden bislang im Wesentlichen durch dokumentierte individuelle Heilerfolge und eine seit über 2.000 Jahren durchgehende Medizintradition in Südasien begründet. Für Einzelsubstanzen wie Kurkuma oder Weihrauch liegen Hinweise aus experimentellen Untersuchungen zur Hemmung der Lipoxygenase vor. Für Kurkuma gibt es zunehmend klinische Evidenz.
In einer aktuellen Metaanalyse zur Anwendung von Weihrauchpräparaten bei Arthrose konnten nur sieben aus 513 in Frage kommenden Publikationen berücksichtigt werden, in denen 545 Patienten eingeschlossen waren. Eine signifikante Besserung von WOMAC Schmerz, Steifigkeit und Funktion zu Placebo wurde berichtet. Die Zeitdauer bis zur Besserung betrug mindestens vier Wochen.
Für Kurkuma als Monoextrakt liegt eine Evidenz aus einer hochwertigen randomisierten Studie mit 70 Patienten mit symptomatischer Gonarthrose und dokumentierten günstigen Effekt auf Knieschmerzen und Gelenkfunktion vor.
Eine weitere Studie vergleicht randomisiert und kontrolliert ein multimodales ayurvedisches Behandlungskonzept mit einem zuwendungsanalogen konventionellen Konzept am Beispiel der symptomatischen Behandlung der Gonarthrose. Diese Studie belegte eine signifikante Überlegenheit für den patientenzentrierten Endpunkt WOMAC während der Behandlung, aber auch einen bis zu einem Jahr anhaltenden Vorteil von Ayurveda.
Die aktuelle S2k Leitlinie zur Gonarthrose erwähnt Phytotherapeutika, die in der ayurvedischen Medizin Verwendung finden sind. Dazu gehören Weihrauchpräparate, von denen allerdings abgeraten wird. Zu Ingwer- und Kurkuma-Extrakt sei nach vorliegender Evidenz keine Aussage möglich. Diese Empfehlung spiegelt jedoch noch nicht die Komplexität der möglichen multimodalen Behandlungen der ayurvedischen Medizin wider.
Die Daten für die Therapie mit ayurvedischen phytotherapeutischen Einzelsubstanzen bei rheumatoider Arthritis zeigen keinen ausreichenden Effekt auf die etablierten Surrogatmarker für eine Kontrolle der Erkrankung.
Für die Behandlung der Arthrose ergibt sich eine erste positive Evidenz für die ayurvedische multimodale Therapie sowie für die Verwendung von Kurkuma bzw. Curcumin-Extrakten als Einzelsubstanz. Die unzureichende Datenlage zu anderen rheumatischen Erkrankungen ermöglicht keine aktuelle Beurteilung.
Homöopathische Medikamente gelten zwar allgemein als gut verträglich – frei von unerwünschten Effekten sind sie jedoch nicht. Ein nicht unwesentliches Problem bei Anwendung der HT wird die Verzögerung einer suffizienten rheumatologischen Therapie sein.
Folglich wird eine homöopathische Therapie von der Kommission für Patienten mit entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen, autoimmunen Systemerkrankungen und FMS nicht empfohlen.
Hier zeigten zwei kontrollierte Studien an kleinen Fallzahlen positive Effekte der HT im Vergleich zu Placebo oder Salizylaten. Die Effektstärke ist aber von fraglicher Relevanz, die Methodik entspricht heutigen Standards nicht. Eine weitere kontrollierte Studie konnte nachweisen, dass der Effekt einer HT auf das intensive Anamnesegespräch, nicht jedoch auf die homöopathischen Medikamente zurückzuführen war. Eine andere randomisierte, kontrollierte Studie blieb nach drei Monaten ohne Effekt.
Eine deutschsprachige Publikation konnte in einer doppelblind-randomisierten Studie keine Wirkung eines homöopathischen Präparates bei Patienten mit axialer SpA nachweisen.
Auch die Metaanalyse klinischer Studien zur Komplementärmedizin bei FMS konnte für die HT aufgrund schlechter Datenqualität keine Empfehlung abgeben. Eine deutsche Leitlinienkommission für die Bewertung komplementärer und alternativer Heilverfahren für das FMS erzielte bei der Bewertung der HT keinen Konsens, daher wurde weder eine positive, noch eine negative Empfehlung ausgesprochen.
In einer placebokontrollierten Studie konnten homöopathische Mittel den postoperativen Analgetikaverbrauch nach Kniegelenks-OP nicht reduzieren.
In der aktuellen Leitlinie zur Gonarthrose findet sich die Stellungnahme: "Zur Homöopathie bei Kniearthrose kann aufgrund der Studienlage keine Aussage gemacht werden."
DGRh-Kongress 2023: "Blick über den Tellerrand"
Vom 30.08. bis zum 02.09.2023 kommt die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie im Rahmen ihres 51. Fachkongresses zusammen, um sich zum gesamten Spektrum der Rheumatologie auszutauschen – von der klinischen Rheumatologie über den praktischen Versorgungsalltag hin zur experimentellen Rheumatologie mit innovativen Entwicklungen und zum interdisziplinären „Blick über den Tellerrand“. Alle Highlights finden Sie in der esanum-Berichterstattung.