Der beim Bundesamt für Soziale Sicherheit angesiedelte GKV-Schätzerkreis hat das für 2023 prognostizierte Defizit der gesetzlichen Krankenkassen mit rund 15 Milliarden Euro etwas niedriger angesetzt als es bisher das Bundesgesundheitsministerium in seinen Prognosen getan hat, das von einem Fehlbetrag von 17 Milliarden Euro ausgegangen ist. Als Folge dessen könnte nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf das ursprünglich geplante Darlehen des Bundes an die GKV von einer Milliarde Euro verzichtet werden, womit Belastungen durch Rückzahlungsverpflichtungen zukünftig vermieden werden könnten.
Im Einzelnen rechnen die Schätzer im nächsten Jahr mit Ausgaben der Kassen von 299,9 Milliarden Euro, ein Zuwachs von 13,2 Milliarden Euro oder 4,6 Prozent zum laufenden Jahr. Die Einnahmen des Gesundheitsfonds werden auf 275,1 Milliarden Euro (plus 6,2 Milliarden Euro; plus 2,3 Prozent) geschätzt. Grund ist, dass der ergänzende Bundeszuschuss statt 14 nur noch 2 Milliarden Euro beträgt. Ein Teil der Finanzlücke von dann 24,7 Milliarden Euro soll durch ein Darlehen des Bundes von einer Milliarde Euro, rückzahlbar bis 2026, einer Auflösung der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds in Höhe von 4,9 Milliarden Euro und einer Auflösung der Finanzreserven der Krankenkassen in Höhe von 3,9 Milliarden Euro teilweise abgedeckt werden – in der Summe 9,8 Milliarden Euro. Das verbliebene Defizit würde sich dann auf rund 15 Milliarden Euro belaufen – einen Betrag, den die Beitragszahler und Leistungsanbieter aufbringen müssten.
Wie diese Belastungen verteilt werden, wird sich in dieser Woche entscheiden: am 20. oder 21.10. wird der Bundestag nach Angaben des BMG in zweiter und dritter Lesung über das GKV-Finanzstabilisierungs-Gesetz entscheiden. Am Abend des 16.10. stand dies allerdings noch nicht auf der Tagesordnung des Parlaments.
Mit deutlicher Verärgerung hat der Hausärzteverband auf die Einigung des GKV-Spitzenverbandes und des Deutschen Apothekerverbandes zur Einführung der Grippeimpfung als Regelversorgung durch die Apotheken und die damit verbundene Honorierung der Apotheker reagiert. Zum einen ist der Verband der Auffassung, dass Impfen eine genuin ärztliche Aufgabe ist und die Verantwortung dafür nicht zersplittert werden darf, zum anderen liegt das Gesamthonorar der Apotheker für eine Impfung mit elf Euro – 7,60 Euro Basishonorar, 2,40 Euro für Verbrauchsmaterial, 1 Euro für die Beschaffung der Impfdosis – deutlich über dem Honorar, das Ärzte von den KVen erhalten, das zwischen 7,50 und 9,50 Euro variiert.
Eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit hat einen ungünstigen Effekt auf die Morbidität der Betroffenen. Dies geht aus einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft hervor, in der die Gesundheitseffekte der Rentenreform von 1999 mit der damals beschlossenen Verlängerung der Lebensarbeitszeit analysiert worden sind. Untersucht wurden in der Studie die Gesundheitsdaten von Frauen der Jahrgänge 1951, die schon mit 60 Jahren in den Regelruhestand gehen konnten, und 1952, die erst mit 63 ihre Altersrente beziehen konnten. Festgestellt wurde, dass bei den länger arbeitenden Frauen die Häufigkeit stressbedingter Krankheiten um 2,6 Prozent und der Stimmungsstörungen sogar um 4,6 Prozent höher als bei den Frauen des Jahrgangs 1951 ausfielen. Ferner wurden mehr Muskel- und Skeletterkrankungen festgestellt. Auch die Zahl der Arztbesuche war erhöht. Der daraus resultierende Anstieg der Gesundheitskosten war mit 7,7 Millionen Euro allerdings geringfügig und wurde weit überkompensiert durch höhere Abgaben an Steuern und Sozialbeiträgen von insgesamt vier Milliarden Euro, sodass sich unter dem Strich eine Entlastung des Solidarsystems ergibt. Die Studienautoren leiten daraus ab, dass weitere Erhöhungen des Renteneintrittsalters durch verstärkte Prävention begleitet werden müssen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Homöopathie als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung auf den Prüfstand stellen. Hintergrund ist eine im September veröffentlichte Studie des deutsch-britischen Mediziners Edzard Ernst, der an der Universität Exeter schwerpunktmäßig Alternativmethoden in der Medizin erforscht hat, und des Philosophen Nikil Mukerji von der LMU München, die die Argumente der Homöopathie-Befürworter als nicht vereinbar mit der Wissenschaft bewerten.
"Diese Studie von zwei ausgewiesenen Experten zum Thema Homöopathie ist lesenswert. Sie zeigt noch einmal sehr klar: eine gefährliche Pseudowissenschaft."
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach
Deshalb sollte, so Lauterbach, diese Form der Alternativmedizin "als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen überprüft werden, weil sie in einer wissenschaftlichen Gesundheitspolitik keinen Platz" habe.
In der Politik hatte die Homöopathie immer wieder prominente und durchsetzungsstarke Befürworter, die sich insbesondere von den 1980er bis in die 2000er Jahre in der Debatte um eine Positivliste für Arzneimittel zu Wort meldeten und auch durchsetzten. Als Folge dessen können Homoöpathika ein fiktives Recht auf Wirksamkeit allein aufgrund sogenannten Erfahrungswissens beanspruchen, ohne dass diese Arzneimittel in klinisch randomisierten Studien untersucht worden sind.