Geschlechterunterschiede in der akademischen Dermatologie

Beim EADV-Kongress hielt Prof. Dedee Murrell einen Vortrag über das anhaltende Geschlechtergefälle und die Herausforderungen für Frauen in der akademischen Dermatologie.

Ein Paradoxon der Vertretung: Frauen in der Dermatologie

Prof. Murrell (UNSW, Sidney, Australien) ging in ihrem Vortrag zunächst auf die Daten zum Frauenanteil in der Dermatologie ein und betonte eine paradoxe Realität. In den Vereinigten Staaten stellen Frauen die Mehrheit der Auszubildenden in der Dermatologie, sie machen mehr als 50 Prozent der Absolventen in der Dermatologie aus, und etwa 56 Prozent der akademischen Dermatologen sind Frauen. Wenn es jedoch um Spitzenpositionen wie ordentliche Professoren oder Abteilungsleiter geht, sehen die Zahlen anders aus. Nur 17 Prozent der weiblichen Vollzeit-Fakultätsmitglieder erreichen den Rang eines ordentlichen Professors, verglichen mit 33 Prozent ihrer männlichen Kollegen. In der Dermatologie sind weniger als 25 Prozent der Abteilungsleiter Frauen.

„Obwohl Frauen in der Dermatologie inzwischen die Mehrheit bilden, hat sich dies nicht in einer gleichberechtigten Vertretung in leitenden akademischen Positionen niedergeschlagen“, so Murrell. „Dieses Ungleichgewicht wirft kritische Fragen zu den Hindernissen auf, die Frauen davon abhalten, die oberen Ränge der akademischen Welt zu erreichen“.

Ursachen für das Geschlechtergefälle in der Dermatologie

Prof. Murrell ging auf mehrere Faktoren ein, die zu dieser Ungleichheit beitragen. Einer der wichtigsten Gründe ist der Mangel an Mentoren für junge Dermatologinnen. In den Vereinigten Staaten und Europa durchgeführte Studien haben gezeigt, dass viele weibliche Auszubildende das Interesse an einer akademischen Laufbahn verlieren, weil es keine weiblichen Vorbilder und Mentoren gibt, die ihnen bei der Bewältigung der besonderen Herausforderungen helfen.

Eine amerikanische Studie ergab, dass fast 50 Prozent der weiblichen Auszubildenden in der Dermatologie trotz ihrer anfänglichen Begeisterung ihre akademischen Ambitionen aufgaben, weil es ihnen an Anleitung mangelte. "Für junge Dermatologinnen ist es schwieriger, einen Mentor zu finden als für ihre männlichen Kollegen", so Murrell, "und das wirkt sich direkt auf ihre Berufswahl aus."

Weitere wichtige Faktoren, die sich auswirken, sind die Wahrnehmung einer schlechten Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Belastung durch familiäre Verpflichtungen und die mangelnde Flexibilität der Institutionen. Murrell erklärte, dass viele Frauen ihre akademischen Ambitionen entweder aufschieben oder zurückschrauben, um Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen - eine Herausforderung, der sich ihre männlichen Kollegen oft nicht stellen müssen. "Frauen tragen eher eine größere Last an häuslichen und elterlichen Pflichten als Männer", bemerkte sie. "Dies schränkt die Zeit ein, die für Veröffentlichungen, Promotionen oder die Beantragung von Forschungsgeldern zur Verfügung steht - alles wichtige Faktoren für den akademischen Aufstieg.

Systembedingte Hindernisse: Vorurteile und ungleiche Bezahlung

Ein weiterer wichtiger Faktor, der zu den geschlechtsspezifischen Unterschieden beiträgt, ist die ungleiche Bezahlung. In den Vereinigten Staaten, wo die akademischen Gehälter nicht durch einheitliche Gesetze geregelt sind, verdienen Dermatologinnen im Durchschnitt 28 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, wobei sich die Unterschiede auf bis zu 80.000 Dollar jährlich belaufen. Murrell betonte, dass diese Diskrepanz nicht auf weniger Arbeitsstunden zurückzuführen ist, sondern vielmehr auf die mangelnde Verhandlungsmacht und das Fortbestehen geschlechtsspezifischer Vorurteile. "Frauen neigen dazu, bei Gehaltsverhandlungen weniger zu verlangen, und werden oft als weniger kompetent im Finanzmanagement oder in der Teamleitung wahrgenommen", erklärte sie.

Darüber hinaus werden Frauen in Führungspositionen nach wie vor durch unbewusste Vorurteile benachteiligt. Murrell verwies auf den "Matilda-Effekt", einen Begriff, der die systematische Unterbewertung der wissenschaftlichen Beiträge von Frauen beschreibt, die oft stattdessen männlichen Kollegen zugeschrieben werden. "Selbst in der Dermatologie wird die wissenschaftliche Arbeit von Frauen nach wie vor unterschätzt", so Murrell.

Lösungsvorschläge: Mentorenschaft und Unterstützungsnetzwerke

Trotz dieser Herausforderungen schlug Prof. Murrell mehrere Strategien zur Überwindung des Geschlechtergefälles vor. Eine wichtige Lösung besteht darin, Mentorenprogramme zu stärken und solide Unterstützungsnetzwerke für Frauen in der Dermatologie zu schaffen. Sie lobte die Bemühungen der Women's Dermatologic Society (WDS), die die Mentorenschaft von Frauen durch Stipendien und Führungsprogramme gefördert hat.

Prof. Murrell betonte auch, wie wichtig die Entwicklung von "Soft Skills" wie Verhandlungsgeschick und Führungsqualitäten für Frauen ist, die höhere akademische Positionen anstreben. Sie hob den PAGAP-Führungskurs hervor, der von der American Academy of Dermatology entwickelt wurde und in dem Frauen lernen, wie sie bessere Gehälter aushandeln und geschlechtsspezifischen Vorurteilen am Arbeitsplatz begegnen können.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist die zunehmende Flexibilität innerhalb der akademischen Einrichtungen, insbesondere im Hinblick auf die Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Murrell nannte Beispiele aus den nordischen Ländern (Island, Norwegen, Deutschland, Dänemark), die umfassende Kinderbetreuungsmaßnahmen anbieten, und wies darauf hin, dass solche Maßnahmen die Beteiligung von Frauen an der akademischen Welt erheblich steigern könnten.

Eine gerechtere Zukunft

Prof. Murrell schloss ihren Vortrag mit einer optimistischen Botschaft und stellte fest, dass die Dermatologie trotz anhaltender Herausforderungen Fortschritte auf dem Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit macht. "Wir haben einen langen Weg zurückgelegt", bekräftigte sie, "aber es bleibt noch viel zu tun, damit Frauen die gleichen Karrierechancen haben wie Männer. Wir müssen weiter zusammenarbeiten, um diese Barrieren abzubauen."

Mit ihrem Vortrag bekräftigte Prof. Murrell ihr Engagement für die Gleichstellung der Geschlechter in der akademischen Dermatologie und inspirierte eine neue Generation von Dermatologinnen, nach Erfolg zu streben und den Wandel voranzutreiben.

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Quelle:
Prof. Dr. Dédée Murrell. Gender equity in academic dermatology. EADV 2024. Wednesday, 25 Sep, 10:30 - 10:45 CEST