Neuartige Therapieansätze und psychosoziale Auswirkungen bei atopischer Dermatitis

Neue Erkenntnisse auf dem EADV-Kongress: Vergleiche von AD-Therapien und die psychosozialen Folgen einer früh einsetzenden atopischen Dermatitis im Fokus.

Atopisches Handekzem: Ähnlicher Behandlungserfolg für Dupilumab und topisches Delgocitinib

Ein indirekter Vergleich der Phase-3-Daten zeigte, dass Dupilumab und Delgocitinib bei der Behandlung des atopischen Handekzems ähnlich effektiv sind. In die Analyse flossen die Ergebnisse des Hand Eczema Severity Index (HECSI) und der Investigator Global Assessment (IGA) ein. Prof. April Armstrong von der University of California in Los Angeles präsentierte diese Ergebnisse und hob hervor, dass es sich bei diesem indirekten, anpassungsadjustierten Vergleich um „die nächstbeste Sache zu einem direkten Vergleich“ handele.

Die Analyse umfasste individuelle Patientendaten der Phase-3-Studien DELTA 1 und 2 (NCT04871711 und NCT04872101) für Delgocitinib bei chronischem Handekzem (CHE) und aggregierte Daten aus der Phase-3-Studie LIBERTY-AD-HAFT (NCT04417894) für Dupilumab bei atopischer Dermatitis mit Beteiligung der Hände und Füße. Die Analyse konzentrierte sich auf Patienten mit atopischem Handekzem in DELTA 1 und 2 (n=345) und glich sie hinsichtlich Alter, Ethnie, Geschlecht und HECSI-Basisscore mit LIBERTY-AD-HAFT-Teilnehmern (n=133) ab. Die daraus resultierende Kohorte hatte ein Durchschnittsalter von 35,8 Jahren in den Behandlungsarmen und 33,4 Jahren in den Placebo-Armen und einen durchschnittlichen HECSI-Basiswert von 46,2 bzw. 47,4. 

Die HECSI-75-Ansprechraten in den Delgocitinib- und Dupilumab-Armen bei 54,1 % bzw. 46,9 %, während die Vehikel/Placebo-Arme Werte von 23,1 % bzw. 21,5 % aufwiesen. Die entsprechenden Ergebnisse für das Erreichen von 0/1 in den IGA-CHE (DELTA-Studien) oder IGA (LIBERTY-AD-HAFT) betrugen 35,4 % und 40,3 % für die Studienmedikamente sowie 12,4 % und 16,7 % für Placebo. Die  ankerbereinigten Odds Ratios für beide Medikamente in Bezug auf IGA-CHE/HF-IGA, HECSI 75, HECSI 90 und die prozentuale Verbesserung des HECSI zeigten keine statistische Signifikanz. Die Punktschätzungen deuteten jedoch auf einen Trend zugunsten von Delgocitinib hin.

„Die wichtigste Botschaft ist, dass es bei der Behandlung von Patienten mit atopischer Handdermatitis bis Woche 16 keine statistischen Unterschiede zwischen der zweimal täglichen topischen Anwendung von Delgocitinib und der subkutanen Injektion von Dupilumab gab“, unterstrich Prof. Armstrong.

IL-13-Inhibitor zeigt Sicherheit und Wirksamkeit bei atopischer Dermatitis über 3 Jahre

Für Patienten mit atopischer Dermatitis (AD), die nach 16 Wochen auf eine Behandlung mit dem IL-13-Hemmer Lebrikizumab ansprachen, blieb das positive Behandlungsergebnis über drei Jahre hinweg stabil. Die EASI90-Ansprechrate in der Erweiterungsstudie ADjoin nahm im Laufe der Zeit sogar noch zu: Rund 80 % der Patienten erreichten diese hohe Clearance-Rate nach 152 Wochen.

Prof. Diamant Thaçi von der Universität Lübeck stellte die 3-Jahres-Ergebnisse der kontinuierlichen Behandlung mit Lebrikizumab bei Respondern aus den Phase-3-Studien ADvocate 1 (NCT04146363) und ADvocate 2 (NCT04178967) vor. 2

Patienten, die die 52. Woche der Hauptstudien abgeschlossen hatten, konnten sich in die langfristige Erweiterungsstudie ADjoin (NCT04392154) einschreiben und erhielten die gleiche Dosis wie in der Erhaltungsphase von ADvocate 1 und 2. Die Aufrechterhaltung des Ansprechens wurde anhand des Investigator Global Assessment (IGA), des EASI75 und des EASI90 bewertet.

Patienten, die nach 16 Wochen eine Verbesserung erzielten, konnten über die gesamte Dauer der Langzeitstudie hinweg ihr Behandlungsergebnis aufrechterhalten. Der Anteil der Patienten, die nach 152 Wochen eine EASI90-Ansprechrate erreichten, stieg auf fast 80 %. Die EASI75-Antwort zeigte ein ähnliches Ergebnis. Interessanterweise wurde nur ein geringer Unterschied zwischen einem Behandlungsintervall von 2 bzw. 4 Wochen festgestellt (EASI75-Ansprechen von 90,5 % bzw. 94,1 %).

Das Ansprechen auf die EASI90-Behandlung wurde nicht nur beibehalten, sondern nahm bis zu 3 Jahren langsam zu: 79,4 % der Teilnehmer, die alle 4 Wochen behandelt wurden, und 86,8 % der Teilnehmer, die alle 2 Wochen behandelt wurden, erreichten nach 152 Wochen ein EASI90-Ansprechen. 

Die Langzeitstudie bestätigte außerdem die gute Verträglichkeit von Lebrikizumab. Es traten keine neuen langfristigen Sicherheitssignale auf, und etwa 90 % der Studienteilnehmer benötigten keine zusätzliche Notfallmedikation, was die Effizienz der Therapie in der Langzeitkontrolle von AD unterstreicht.

Atopische Dermatitis im frühen Lebensalter führt zu lebenslanger psychosozialer Belastung

Eine Studie mit über 30.000 Teilnehmern ergab, dass früh einsetzende atopische Dermatitis (AD) im Erwachsenenalter zu erheblichen psychosozialen Belastungen führt. Im Rahmen des Projekts „Scars of Life“ wurden Daten von 30.801 Erwachsenen aus 27 Ländern analysiert. Ein speziell entwickelter Fragebogen umfasste Fragen zum Schweregrad der AD und Fragen in Bezug auf Stigmatisierung im beruflichen und privaten Leben.3

In diesem globalen Projekt wurden die Teilnehmer danach gruppiert, ob ihre Alzheimer-Erkrankung in der Kindheit, vor dem 10. Lebensjahr oder im Erwachsenenalter begann. Um mögliche Verzerrungen bei den Ausgangsmerkmalen zwischen den Gruppen auszugleichen, wurde ein 1:1-Propensity-Score-Matching mit Ersetzung durchgeführt. 

Von den 10.258 Erwachsenen mit aktiver AD berichteten diejenigen, bei denen die Krankheit in der Kindheit begann, über deutlich stärkere soziale und emotionale Belastungen und höhere Stigmatisierungswerte (PUSH-D) (23,0±20,1 gegenüber 18,1±17,6; P<0,0001). 

Das Stigma betraf alle Lebensbereiche: 37,3 % derjenigen mit früh einsetzender AD erfuhren Diskriminierung am Arbeitsplatz, verglichen mit 29,4 % der später Betroffenen. Diese Gruppe berichtete zudem über negative Auswirkungen auf persönliche Beziehungen, Beruf und Selbstvertrauen. Es wurde betont, dass eine früh einsetzende AD nicht nur physische, sondern auch tiefgreifende psychosoziale Auswirkungen hat. Das Projekt verdeutlicht die Notwendigkeit, bei AD-Patienten, insbesondere solchen mit frühem Beginn, sowohl physische als auch soziale Aspekte zu berücksichtigen und ein Langzeitmanagement anzubieten.

Selektiver PDE-4-Hemmer der zweiten Generation zeigt vielversprechende Wirkung bei atopischer Dermatitis

In der Phase-2b-Studie ADESOS zeigte der selektive PDE-4-Hemmer Orismilast nach 16 Wochen vielversprechende Ergebnisse bei mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis. Orismilast erzielte signifikant höhere Raten von Investigator Global Assessment (IGA) 0/1 im Vergleich zu Placebo: 26 % (20 mg), 24 % (30 mg) und 31 % (40 mg) gegenüber 10 % in der Placebo-Gruppe. Ab der ersten Woche verringerte das Medikament Juckreiz und Schmerzen deutlich.

Die randomisierte Studie umfasste 233 Erwachsene mit einem mittleren EASI-Wert von 22,7 und einem Durchschnittsalter von 37 Jahren. Beim EASI75-Ansprechen lagen die Werte in der Orismilast-Gruppe bei 30 %, 26 % und 36 %, im Vergleich zu 36 % bei Placebo. Es wurde vermutet, dass die Variabilität der EASI-Werte auf Unterschiede in der Ausbildung der Prüfärzte zurückzuführen sein könnte.

Orismilast zeigte ab Woche 1 signifikante Reduktionen des Pruritus und der Hautschmerzen, ohne neue Sicherheitssignale zu setzen. Die bekannten Nebenwirkungen wie Durchfall und Übelkeit traten meist in den ersten 4 Wochen auf. Insgesamt wurden zwei schwerwiegende Nebenwirkungen unter Orismilast gemeldet. Es wurden Phase-3-Studien angekündigt, um das Potenzial von Orismilast weiter zu erforschen.4

Referenzen:
  1. Armstrong AW. Matching-adjusted indirect comparison of the efficacy of delgocitinib and dupilumab in the treatment of moderate to severe atopic hand eczema. D3T01.4B, EADV Congress 2024, 25–28 September, Amsterdam, the Netherlands.
  2. Thaçi D. Efficacy and safety of lebrikizumab is maintained up to 3 years in patients with moderate-to-severe atopic dermatitis: ADvocate 1 and ADvocate 2 to ADjoin long-term extension trial. D1T01.2E, EADV Congress 2024, 25–28 September, Amsterdam, the Netherlands.
  3. Legat F. Durability of response to nemolizumab in patients with moderate-to-severe prurigo nodularis: Results from a randomised placebo-controlled withdrawal phase 3b study. D1T01.1A, EADV Congress 2024, 25–28 September, Amsterdam, the Netherlands.
  4. Simpson E, et al. Orismilast efficacy in adults with moderate-to-severe atopic dermatitis in a phase 2b trial: early impact on itch and patient-reported outcomes. D1T01.1C, EADV Congress 2024, 25–28 September, Amsterdam, the Netherlands.