Neue Therapieansätze für Hidradenitis suppurativa: Semaglutid und andere innovative Behandlungen im Fokus

Semaglutid verbessert Gewicht, Krankheitsschübe und Lebensqualität bei adipösen HS-Patienten – eine vielversprechende Ergänzung zur HS-Therapie.

Semaglutid: auch für Patienten mit Hidradenitis suppurativa von Nutzen? 

Bei Patienten mit Hidradenitis suppurativa (HS) und Adipositas führte die Behandlung mit dem GLP-1-Agonisten Semaglutid zu einer deutlichen Gewichtsabnahme, weniger Krankheitsschüben und einer verbesserten Lebensqualität. Da viele HS-Patienten übergewichtig sind und unter Insulinresistenz leiden, untersuchte Dr. Daniel Lyons vom St. Vincent's University Hospital die Wirkung von Semaglutid in dieser Gruppe.1

Die retrospektive Analyse wurde zwischen Juni 2020 und März 2023 durchgeführt und untersuchte 30 Patienten mit Fettleibigkeit und unterschiedlichen Stadien von HS. Die Teilnehmer, hauptsächlich Frauen mit einem Durchschnittsalter von 42 Jahren, wurden über einen Zeitraum von durchschnittlich 8,2 Monaten mit einer wöchentlichen Dosis von 0,8 mg Semaglutid behandelt. Die meisten Teilnehmerinnen waren im Hurley-Stadium II (n=15), gefolgt von Stadium III (n=11) und Stadium I (n=4). Alle Teilnehmer erhielten eine gleichzeitige HS-Behandlung; 10 nahmen eine Kombinationstherapie ein.

Die Häufigkeit der Schübe sank von einmal alle 8,5 Wochen auf einmal alle 12 Wochen, und ein Drittel der Patienten zeigte eine signifikante Verbesserung im Dermatology Life Quality Index (DLQI). Der durchschnittliche BMI sank von 43,1 auf 41,5 und das Gewicht sank um durchschnittlich 6 kg. Ein Drittel der Teilnehmer nahm während des Behandlungszeitraums mehr als 10 kg ab. Zusätzlich zeigte Semaglutid positive Effekte auf die Blutzuckerkontrolle (Senkung des HbA1c von 39,3 auf 36,6 mmol/mol) und eine Entzündungshemmung (CRP sank von 7,8 auf 6,9 mg/L). Dr. Lyons betonte die potenziellen Vorteile von Semaglutid bei HS und empfahl weitere Studien zur Integration in die Behandlungsschemata.

IL-17A bietet eine vielversprechende Behandlungsperspektive bei Hidradenitis suppurativa

Die laufende Phase-3-Studie (NCT05905783)  zu Izokibep, einem IL-17A-Inhibitor, weist auf eine vielversprechende Therapieoption für Hidradenitis suppurativa (HS) hin. Bereits nach 12 Wochen erreichte ein Drittel der behandelten Teilnehmer den primären Endpunkt HiSCR75 (HS-Clinical Response), verglichen mit nur 21 % in der Placebogruppe. 

An der Studie nahmen 258 Patienten teil, die wöchentlich 160 mg Izokibep oder ein Placebo über 16 Wochen erhielten. Eine erste statistisch signifikante Trennung der HiSCR75-Kurven wurde bereits in Woche 4 festgestellt. In Woche 12 erreichten 33 % der Teilnehmer in der Izokibep-Gruppe den HiSCR75-Wert gegenüber 21 % unter Placebo (P<0,05). Die offiziellen Ergebnisse für HiSCR75 in Woche 16 zeigten mit 38 % für Izokibep gegenüber 20 % für Placebo beeindruckende Ergebnisse. Auch die Ergebnisse der sekundären Endpunkte HiSCR90 und 100 fielen zugunsten von Izokibep aus (25% vs. 9%; P<0,001 und 22% vs. 8%; P<0,01). 

Zusätzlich sanken die DLQI-Werte und die Hautschmerz-Ratingskala (Skin Pain-NRS) signifikant. Die Rate schwerwiegender Nebenwirkungen war unter Izokibep geringer als bei Placebo (0,8 % vs. 3,1 %). Häufige Nebenwirkungen umfassten Reaktionen an der Injektionsstelle und Kopfschmerzen, jedoch traten keine Candidose-Fälle in der Izokibep-Gruppe auf.2

Bimekizumab zeigt anhaltende 2-Jahres-Wirksamkeit 

Die zweijährige Behandlung mit Bimekizumab führte bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Hidradenitis suppurativa (HS) zu einer nachhaltigen Verbesserung der klinischen Ansprechraten und des IHS4-Scores. In der BE HEARD EXT-Studie, einer offenen Erweiterungsstudie (NCT04901195), präsentierte Prof. Christos Zouboulis (Medizinisches Zentrum Dessau) Ergebnisse von 556 Teilnehmern, die zuvor an den Phase-3-Studien BE HEARD 1 und 2 (NCT04242446 und NCT04242498) teilgenommen hatten. Teilnehmer, die nach einem Jahr ein HiSCR≥90 erreichten, setzten die Behandlung mit 320 mg Bimekizumab alle vier Wochen fort, während die übrigen weiterhin alle zwei Wochen 320 mg erhielten. Der Altersdurchschnitt lag bei 36,3 Jahren, und 53,8 % der Teilnehmer waren Frauen. Alle Patienten hatten eine durchschnittliche Krankheitsdauer von 7,4 Jahren und befanden sich im Hurley-Stadium 2 oder 3.

Nach zwei Jahren Behandlung zeigte sich ein stabiler Effekt: 85,4 % der Patienten erreichten HiSCR50, 77,1 % HiSCR75, 57,6 % HiSCR90 und 44,2 % HiSCR100. Diese Werte verdeutlichen, dass ein erheblicher Anteil der Patienten auf die Therapie ansprach und dabei auch eine anhaltende Reduktion des IHS4-Scores erlebte. Der durchschnittliche IHS4-Wert sank von 35,6 zu Beginn der Studie auf 7,2 nach 96 Wochen. Diese Verbesserungen wurden auch in der Reduktion der durchschnittlichen Anzahl von Drainagetunneln deutlich, die sich von 3,8 zu Beginn auf 1,1 nach zwei Jahren verringerte. Prof. Zouboulis hob hervor, dass bisher nur chirurgische Eingriffe solche Veränderungen in der Krankheitskategorie bewirken konnten.

Sicherheit und Verträglichkeit von Bimekizumab blieben auch nach zwei Jahren stabil, ohne neue unerwartete Nebenwirkungen. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren die HS-Schübe (20,5 %), COVID-19-Infektionen (15,3 %) und orale Candidiasis (10,5 %). Diese Nebenwirkungen waren im Einklang mit den bisherigen Erkenntnissen aus der einjährigen Studiendauer. Prof. Zouboulis unterstrich, dass Bimekizumab die Krankheitskategorie bei HS-Patienten langfristig verbessern könne, was bisher nur durch chirurgische Eingriffe möglich war. Dies bietet eine neue Perspektive für die Behandlung von schwerer bis mittelschwerer HS und zeigt das Potenzial von Bimekizumab, die Krankheitslast signifikant zu senken.3

Familiäre Vorbelastung erhöht Risiko für Stoffwechselerkrankungen 

Eine kürzlich durchgeführte Meta-Analyse legt nahe, dass familiäre Fälle von Hidradenitis suppurativa (HS) mit einem signifikant höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus verbunden sind, was neue Ansätze in der Behandlung dieser Patienten erfordert. Da TNF-α/IL-17-gesteuerte Erkrankungen wie Psoriasis bereits für ihre kardiovaskulären Begleiterkrankungen bekannt sind, untersuchten Dr. Suzan Al-Gburi und ihr Team vom Universitätsklinikum Köln die Auswirkungen einer familiären Anamnese auf HS und deren Begleiterkrankungen.

In einer Meta-Analyse von 236 HS-Patienten aus den deutschen Studien EpiCAi und BATMAN hatten 25,8 % der Teilnehmer eine familiäre Vorbelastung. Diese Patienten erkrankten oft früher, erhielten jedoch ihre Diagnose erst rund vier Jahre später als andere. Patienten mit familiärer HS zeigten im Vergleich zu sporadischen Fällen ein deutlich erhöhtes Risiko für Stoffwechselerkrankungen: Die Odds Ratios für Hyperlipidämie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes lagen bei 2,36, 2,99 und 1,76. Besonders auffällig war, dass diese Risiken unabhängig von bekannten Risikofaktoren wie Rauchen oder Body-Mass-Index auftraten.

Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit einer gezielten kardiovaskulären Überwachung bei Patienten mit familiärer HS. Eine frühzeitige Diagnose und individualisierte Behandlung könnten insbesondere bei kardiovaskulären und metabolischen Komorbiditäten die Prognose für diese Patientengruppe erheblich verbessern.4

Referenzen:
  1. Lyons D, et al. Semaglutide for weight loss in obese patients as an adjunctive treatment for hidradenitis suppurativa:  its impact on disease control and quality of life. P0111, EADV Congress 2024, 25–28 September, Amsterdam, the Netherlands.
  2. Papp KA, et al. Efficacy and safety of izokibep, a novel IL-17A inhibitor, in moderate-to-severe hidradenitis suppurativa: Week 12 results from a randomized, double-blind, placebo-controlled, multicentre, phase 3 study. Efficacy and safety of izokibep, a novel IL-17A inhibitor, in moderate-to-severe hidradenitis suppurativa: Week 12 results from a randomized, double-blind, placebo-controlled, multicentre, phase 3 study. D1T01.2A, EADV Congress 2024, 25–28 September, Amsterdam, the Netherlands.
  3. Zouboulis C, et al. Bimekizumab efficacy and safety through 2 years in patients with hidradenitis suppurativa: Results from the phase 3 BE HEARD I&II trials and open-label extension BE HEARD EXT. D3T01.3A, EADV Congress 2024, 25–28 September, Amsterdam, the Netherlands.
  4. Al-Gburi S, et al. Familial occurrence of hidradenitis suppurativa is associated with increased risk of metabolic syndrome. Abstract 7997, EADV Congress 2024, 25–28 September, Amsterdam, the Netherlands.