Minipillen, die nur Gestagene enthalten, sind bereits seit mehreren Jahrzehnten auf dem Markt. Die Minipillen der neueren Generation gehören heutzutage zu den am häufigsten verschriebenen oralen Kontrazeptiva – vor allem kommen hier die Wirkstoffe Desogestrel und Drospirenon zum Einsatz. Bisher wurde angenommen, dass es unter diesen Präparaten permanent zu unregelmäßigen Blutungsintervallen bzw. Durchbruchblutungen kommen kann. Neue Studienergebnisse bringen hier Licht ins Dunkel: So führt z.B. das synthetische Gestagen der 3. Generation Desogestrel nach solchen anfänglichen und vorübergehenden Anpassungseffekten im Langzeitverlauf sogar zu einer Stabilisierung des Blutungsmusters. Diese Blutungsmuster-regulierenden Effekte mit nachhaltiger Zyklusstabilisierung und hoher Amenorrhoe-Rate können bei Patientinnen mit Menstruationsbeschwerden zu einer deutlichen Erleichterung führen.2-5
Das Thema Verhütung könnte nicht aktueller sein als in den heutigen Zeiten, in denen der weibliche Körper wieder zum Politikum gemacht wird. In manchen bisher modernen Ländern dieser Welt dürfen Frauen nach Eintritt einer Schwangerschaft nicht mehr über ihren Körper entscheiden. Ein Beispiel ist das Herzschlaggesetz aus Texas, Amerika. Doch auch in Europa könnten mit der Zunahme des Rechtspopulismus die Frauenrechte allmählich schwinden. Die Einführung der Verhütung in Pillenform war ein Meilenstein in der Selbstbestimmung des weiblichen Geschlechts. Sie war ein Teil des Fundaments gegen althergebrachte Machtstrukturen, die Personen weiblichen Geschlechts in bestimmte Rollen zwängen wollten und immer noch wollen. Seitdem hat sich viel getan.6
Der Weg von „The Pill“ bis zu modernen Kontrazeptiva
Die Geburtsstätte der 1. Antibabypille war Mexiko-Stadt in den 1950ern. Im Jahr 1953 leisteten Margaret Sanger und Gregory Pincus Pionierarbeit bei der Erprobung von Enovid, der ersten hormonellen Verhütungspille („The Pill“). Im Jahr 1961 wurde die 1. Antibabypille dann auch in Deutschland zugelassen. Im Laufe der Zeit wurden immer innovativere Präparate entwickelt und die Verträglichkeit der oralen Verhütung wurde kontinuierlich verbessert. In der heutigen Zeit gibt es dank der reinen Gestagen-Präparate nun auch Möglichkeiten der oralen Verhütung ohne potentielle östrogenbedingte Komplikationen.7, 8
Welche Vorteile hat die Minipille?
Bei kardiovaskulären Risikofaktoren und in der Stillzeit helfen Progesteron-only-Pillen
Mittlerweile gibt es orale Verhütungspräparate, die selbst von stillenden Müttern oder Personen mit Kontraindikationen für Östrogenpräparate eingenommen werden können. Zu weiteren Kontraindikationen für Östrogenpräparate zählen Migräne sowie kardiovaskuläre Risikofaktoren. Auch hier können reine Gestagen-Präparate zum Einsatz kommen.3 Diese gehen mit einem geringeren Thromboserisiko einher und nehmen weniger Einfluss auf den Stoffwechsel der Anwenderinnen. Sie stellen bei korrekter Einnahme eine wirksame Alternative zu östrogenhaltigen Kombinations-Präparaten dar.
Ein ausschlaggebender Vorteil der Minipille ist, dass östrogenbedingte Nebenwirkungen wegfallen. Auch wird die Milchzusammensetzung sowie die Milchmenge stillender Frauen nicht beeinflusst.2 Ein solches Gestagen-Präparat ist zum Beispiel Desogestrel. Als synthetisches Gestagen der 3. Generation unterscheidet es sich von seinen Vorgängern hinsichtlich der Verhütungseffektivität: Desogestrel wirkt ovulationshemmend und stellt hierdurch, bei korrekter Anwendung, ein zuverlässiges Kontrazeptivum dar.3-5
Stabilisierung des Blutungsmusters im Langzeitverlauf durch Progesteron-only-Pillen
Progesteron-only-Pillen wie Desogestrel und Drospirenon bieten noch weitere Vorteile hinsichtlich der Modulation sowie der Stabilisierung des Blutungsmusters. Die kontinuierliche Einnahme der Progesteron-only-Pillen geht mit einer Reduktion hormoneller Schwankungen einher. Im Gegensatz hierzu kommt es bei der Anwendung kombinierter oraler Kontrazeptiva zu einer zyklischen Hormonentzugsblutung, sobald die 7-tägige Pause durchgeführt wird. Es ist nicht außer Acht zu lassen, dass bei Desogestrel in der Anfangsphase nach Beginn der Einnahme unregelmäßige Blutungsintervalle bzw. Durchbruchblutungen auftreten können. Hierbei handelt es sich jedoch um initiale Anpassungseffekte, die sich mit der Zeit verlieren. Mit zunehmender Einnahmedauer kommt es zu einer deutlichen Reduktion der Frequenz und Stärke der Blutung.3-5
Fazit für die Praxis
- Bei Kontraindikationen für östrogenhaltige Kombinationspräparate stellen Progestagen-only-Pillen, bei korrekter Anwendung, eine zuverlässige Alternative dar.
- Es ist wichtig Anwenderinnen der Progestagen-only-Pille Desogestrel darüber aufzuklären, dass unregelmäßige Blutungsereignisse nur anfänglich und vorübergehend auftreten können und es zu einer langfristigen Stabilisierung des Blutungsmusters kommen kann.
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https://www.frauenaerzte-im-netz.de/familienplanung-verhuetung/pille-anti-baby-pille/minipille-und-gestagenpille/
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https://www.zavamed.com/de/minipille.html#:~:text=Ärzte%20verschreiben%20heutzutage%20am%20häufigsten,hingegen%20nur%20noch%20selten%20verordnet
- Benagiano G. et al. (2003). Seventy-five microgram desogestrel minipill, a new perspective in estrogen-free contraception. Ann N Y Acad Sci. 2003 Nov;997:163-73.
- Barton BE. et al. (2024). Reversible female contraceptives: historical, current, and future perspectives, Biology of Reproduction, Volume 110, Issue 1, January 2024, Pages 14–32.
- Palacios S. et al. (2019). A multicenter, double-blind, randomized trial on the bleeding profile of a drospirenone-only pill 4 mg over nine cycles in comparison with desogestrel 0.075 mg. Arch Gynecol Obstet. 2019 Dec;300(6):1805-1812.
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https://www.zeit.de/gesellschaft/2024-05/frauenrechte-koerper-frauen-schwangerschaftsabbruch-rechtsextremismus
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https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Djerassi#:~:text=Luis%20E.,damit%201951%20die%20erste%20Antibabypille.
- https://www.zavamed.com/de/minipille.html#:~:text=Ärzte%20verschreiben%20heutzutage%20am%20häufigsten,hingegen%20nur%20noch%20selten%20verordnet.