Malabsorption – Schlüsselkonzepte und klinische Ansätze

Ein umfassender Überblick zu Malabsorptionssyndromen, von Diagnose bis Therapie: Auf der UEG Week wurden aktuelle Ansätze zur Diagnostik und Behandlung intensiv diskutiert, mit besonderem Fokus auf praktische klinische Überlegungen.

Klinische Präsentation und Diagnose

Dr. Michael Schumann eröffnete die Sitzung mit einem systematischen Ansatz zur Malabsorption und betonte, wie wichtig es ist, die verschiedenen Phasen der Nährstoffaufnahme im Dünndarm zu verstehen. Er erklärte die Unterschiede zwischen Malabsorption und Maldigestion und wies darauf hin, dass Maldigestion meist durch eine eingeschränkte Enzymaktivität verursacht wird, während Malabsorption typischerweise auf eine strukturelle Schädigung der Darmschleimhaut zurückzuführen ist.

Eine Malabsorption kann sich durch eine Vielzahl von Symptomen äußern, darunter Durchfall, Gewichtsverlust, Steatorrhoe und Mangel an fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K) oder Mineralien wie Eisen und Zink. Ein praktischer Ansatz besteht darin, mit grundlegenden Bluttests zu beginnen, um Mängel zu erkennen. Untersuchungen auf Eisen, Albumin, Magnesium und fettlösliche Vitamine sind besonders hilfreich, da diese Werte bei Malabsorption häufig verändert sind.

Stuhltests sind nach wie vor wichtig, werden aber in einigen klinischen Umgebungen zu selten eingesetzt, insbesondere in Ländern wie Deutschland, wo technische Herausforderungen zu einem Rückgang ihrer routinemäßigen Anwendung geführt haben. Dr. Schumann hob die Bedeutung von Fettstuhltests hervor, die zwar seltener verwendet werden, aber weiterhin eine entscheidende Rolle bei der Diagnose von Steatorrhoe im Rahmen von Malabsorptionssyndromen spielen können.

Ein entscheidendes diagnostisches Instrument ist die Beurteilung der Körperzusammensetzung. Methoden wie die Bioimpedanzanalyse (BIA) oder die Dual-Röntgen-Absorptiometrie (DEXA) sind nützlich, um die fettfreie Masse zu schätzen, die als Richtschnur für Ernährungsinterventionen dienen kann. Diese werden oft übersehen, bieten aber wichtige Einblicke in den Stoffwechselstatus des Patienten.

Refraktäre Enteropathien: eine diagnostische Herausforderung

Dr. Annalisa Schiepattis Vortrag konzentrierte sich auf die Differentialdiagnose refraktärer Enteropathien, mit besonderem Schwerpunkt auf der refraktären Zöliakie (RCD). Eine RCD sollte bei Patienten in Erwägung gezogen werden, die nach 12 Monaten strikter glutenfreier Diät keine Besserung zeigen. Es ist besonders wichtig, die Erstdiagnose bei Non-Respondern neu zu bewerten, da Fehldiagnosen von Zöliakie keine Seltenheit sind.

Dr. Schiepatti betonte die Notwendigkeit, zwischen Typ-1- und Typ-2-RCD zu unterscheiden. Typ-1-RCD spricht im Allgemeinen auf Immunsuppressiva an, während Typ-2-RCD aggressiver ist und mit einem höheren Risiko für die Entwicklung eines enteropathieassoziierten T-Zell-Lymphoms (EATL) verbunden ist. Klinisch gesehen benötigen Patienten mit Typ-2-RCD eine strengere Überwachung und profitieren oft von der Durchflusszytometrie zur Erkennung klonaler T-Zell-Populationen sowie von Untersuchungen zur T-Zell-Rezeptor-Genumlagerung.

Ein praktischer Punkt für Kliniker ist die Verwendung der Durchflusszytometrie, die zwar nicht weit verbreitet ist, aber ein reproduzierbares Instrument darstellt und dabei helfen kann, Typ-2-RCD von anderen seronegativen Enteropathien zu unterscheiden. Diese Technologie kann in Zentren integriert werden, die auf komplexe Fälle von refraktären Enteropathien spezialisiert sind.

Ernährungsmanagement bei Malabsorption

Dr. Christian Lodberg Hvas betonte die entscheidende Rolle einer frühzeitigen und wirksamen Ernährungsintervention bei malabsorptiven Erkrankungen. Ernährungsdefizite sind weit verbreitet und können den Zustand des Patienten verschlechtern, was zu längeren Genesungszeiten und schlechteren Ergebnissen führt, wenn sie nicht umgehend behoben werden.

Eine wichtige Erkenntnis für die klinische Praxis ist die Bedeutung einer frühzeitigen Ernährungsunterstützung. Bei Patienten mit schwerer Malabsorption, insbesondere bei Patienten mit erheblichem Gewichtsverlust oder Elektrolytstörungen, sollte eine parenterale Ernährung als stabilisierende Maßnahme in Betracht gezogen werden, während die zugrunde liegende Ursache untersucht wird. Dr. Hvas betonte, dass orale Rehydrierungslösungen (ORS) und parenterale Ernährung oft parallel zu diagnostischen Untersuchungen verabreicht werden müssen.

Mikronährstoffmängel wie Eisen-, Magnesium- und Vitamin-B12-Mangel sind weit verbreitet und sollten routinemäßig überwacht werden. Ärzte sollten sich darüber im Klaren sein, dass der Magnesiumspiegel im Serum nicht immer einen Mangel widerspiegelt. So kann es beispielsweise sein, dass bei Patienten, die über nächtliche Krämpfe klagen, trotz normaler Serumspiegel ein Magnesiummangel vorliegt. Klinisch empfiehlt Dr. Hvas je nach Schwere des Mangels und Verträglichkeit für den Patienten die Verwendung einer oralen oder intravenösen Nahrungsergänzung.

Bei einem Eisenmangel wird häufig eine intravenöse Eisensubstitution bevorzugt, da sie eine schnellere Korrektur ermöglicht, insbesondere bei Patienten, die eine orale Supplementierung nicht vertragen. Dr. Hvas wies darauf hin, dass die mit einem Eisenmangel verbundene Müdigkeit auch dann behandelt werden sollte, wenn keine Anämie vorliegt, da dies die Lebensqualität des Patienten erheblich beeinträchtigen kann.

Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt

Ein weiterer praktischer Aspekt der Behandlung ist der Flüssigkeitshaushalt, insbesondere bei Patienten mit Stomata mit hohem Ausstoß oder chronischem Durchfall. Dr. Hvas wies auf eine „Goldilocks-Zone“ für die orale Flüssigkeitsaufnahme hin, in der isotonische Lösungen mit einem angemessenen Elektrolythaushalt am wirksamsten sind. Ein übermäßiger Konsum von Wasser oder zuckerhaltigen Getränken kann die Dehydrierung verschlimmern, indem er den Flüssigkeitsverlust über den Darm erhöht. Die beste Wahl sind isotonische Lösungen, die in ihrer Zusammensetzung Rehydrierungssalzen oder Milch ähneln. Sie helfen, die Isotonie zu bewahren und den Stuhlgang zu verringern.

Dr. Hvas empfahl Klinikern, GLP-1-Agonisten oder GLP-2-Analoga bei Patienten mit hohen fäkalen Flüssigkeitsverlusten oder Gallensäuredurchfall in Erwägung zu ziehen. Allerdings könnten die hohen Kosten und die begrenzte Verfügbarkeit von GLP-2-Analoga eine breitere Anwendung einschränken.

Referenzen:
  1. Michael Schumann. What is the approach to malabsorption? UEG WEEK 2024 - Crash course: Malabsorption. 14.10.2024
  2. Annalisa Schiepatti. Differential diagnosis: Refractory enteropathies. UEG WEEK 2024 - Crash course: Malabsorption. 14.10.2024
  3. Christian Lodberg Hvas. Nutrition: Getting the best out for the patient!. UEG WEEK 2024 - Crash course: Malabsorption. 14.10.2024