Große Unsicherheiten im Umgang mit Patientenverfügungen

In Erhebungen offenbaren sich immer wieder große Wissenslücken und Fehlannahmen bezüglich Vorsorgedokumenten – auch bei Fachpersonal. In einer aktuellen deutschen Studie konnten die Befragten im Schnitt 40% der Fragen nicht korrekt beantworten.

Ungedeckter Weiterbildungsbedarf auch in Deutschland

In Rahmen einer aktuellen Würzburger Erhebung3 wurden 363 Ärzte, Sozialarbeiter, Kranken- und Altenpfleger, Rettungsdienstpersonal und fortgeschrittene Medizinstudenten zum Thema befragt. Die Mehrheit (78%) war in der Patientenversorgung tätig und 40% gaben an, täglich bis mehrfach pro Monat Entscheidungen auf Grundlage solcher Dokumente zu treffen. 42% der Befragten besaßen selbst eines der drei Vorsorgedokumente, die meisten davon eine Vorsorgevollmacht (87%) und eine Patientenverfügung (79%) und nur 39% eine Betreuungsverfügung.

In einem Wissenstest mit Multiple Choice-Fragen zu vier Fallvignetten wurden formale Voraussetzungen für die Gültigkeit von Folgendem abgefragt: Vorsorgedokumenten, die Rechtslage zur Patientenvertretung und zur Anwendung von Patientenverfügungen, konkrete Behandlungsentscheidungen auf Basis von Patientenverfügungen, Aufgaben des Betreuungsgerichts, Sterbehilfearten sowie Pflichten nicht ärztlichen Personals.

Im Mittel konnten nur 18 von 30 Fragen (60%) korrekt beantwortet werden. Ärzte, männliche Pflegefachkräfte und diejenigen, die oft mit Vorsorgedokumenten umgingen, schnitten vergleichsweise am besten ab.

Beschäftigung mit dem Thema lohnt sich – für jeden

Auch aus Patientensicht ist die Unsicherheit oft groß. Viele Menschen treffen entweder gar keine oder keine hinreichend konkrete Vorsorge in Form der o.g. Dokumente – oft, weil sie nicht wissen, was zu beachten ist, damit Fachkräfte und Angehörige im Ernstfall ihre Wünsche umsetzen können. Aktuelle repräsentative Umfragen in der Allgemeinbevölkerung offenbaren immer wieder eine Diskrepanz zwischen dem Wissensniveau einerseits und dem häufig geäußerten Wunsch andererseits, durch das Erstellen von Vorsorgedokumenten die Selbstbestimmung zu wahren.1 Die meisten informieren sich (zumeist im Internet), aber nur wenige nehmen professionelle Hilfe bei der Erstellung solcher Dokumente in Anspruch.

Für beide Seiten – sowohl für Fachkräfte, die für Aufklärungsgespräche und Umsetzung gewappnet sein wollen, als auch für Patienten, die sich über das Thema Gedanken machen – wurde das Informationsportal https://vorausverfuegt.de/ geschaffen, welches vom Bundesministerium für Gesundheit unterstützt wird. Hier werden unter anderem die Möglichkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Dokumenten in Lernmodulen vermittelt.

Quelle:
  1. Fleischmann, C., Henking, T. & Neuderth, S. Wissensstand und Fehlvorstellungen zu Vorsorgedokumenten – Ergebnisse einer Bürgerbefragung. Bundesgesundheitsbl 66, 1172–1182 (2023).

  2. Klemmt, M., Zehl, F., Neuderth, S. & Henking, T. Bekanntheit und Verbreitung von Patientenverfügungen in Deutschland – Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage in der Allgemeinbevölkerung. Gesundheitswesen (2023) doi:10.1055/a-2055-1002.

  3. Fleischmann, C., Henking, T., Schuler, M. & Neuderth, S. Was wissen Fachkräfte im Gesundheitswesen über Vorsorgedokumente? Dtsch Med Wochenschr 148, e76–e86 (2023).

    letzter Zugriff auf Websites: 18.11.23