Die aktuelle Leitlinie der European Society of Cardiology empfiehlt, dass bei Patienten mit hohem und sehr hohem Erkrankungsrisiko unabhängig von ihrem individuellen LDL-C-Ziel immer eine LDL-C-Reduktion um mindestens 50% des Ausgangswerts erreicht werden sollte. Bei vielen Patienten werden mit der maximal tolerierten Statindosis die LDL-C-Ziele nicht erreicht. Außerdem haben viele Patienten eine Statin-Intoleranz. Für diese Patienten gibt es nun eine neue RNA-basierte Wirkstoffklasse, die in den klinischen Studien gute Ergebnisse lieferte.
Die neue Wirkstoffklasse besteht aus einer doppelsträngigen small interfering RNA (siRNA), die in den Hepatozyten aufgenommen wird und die PCSK9-Expression unterdrückt, wodurch Recycling und Verfügbarkeit des LDL-Rezeptors auf der Oberfläche der Leberzellen gesteigert werden. Somit wird die LDL-C Aufnahme in die Hepatozyten erhöht und die LDL-C-Konzentration im Blutkreislauf gesenkt.
Basierend auf den Daten der Phase-III-Studien ORION-9, -10 und -11, zeigte die neue Wirkstoffklasse eine über sechs Monate anhaltende LDL-C Senkung. Somit kann die Infusion zweimal jährlich verabreicht werden. Die Lagerung erfolgt bei Raumtemperatur. Darüber hinaus waren die einzigen assoziierten Nebenwirkungen Schmerzen und Rötung an der Injektionsstelle, welche nach wenigen Tagen vollständig rückläufig waren. Diese Eigenschaften werden für eine hohe Compliance der Patienten sorgen.
Die RNA-basierte Lipidtherapie bringt viel Hoffnung mit sich und wird einen hohen Stellenwert in der Prävention von Herzinfarkt und Schlaganfall künftig erhalten. Aus der aktuellen Datenlage, ist es sicherlich nur noch eine Frage der Zeit, dass die siRNA-Lipitherapie den Weg in den internationalen Leitlinien findet.
Das Interview haben wir im Rahmen des DGIM-Kongresses 2022 aufgezeichnet. Die gesamte Berichterstattung finden Sie in unseren DGIM-Kongesshighlights.