- Makhmudova U, Weingärtner O. Statine: Nebenwirkungen – alternative Therapieoptionen. Kardiologie 2024; 18: 224–236. https://doi.org/10.1007/s12181-024-00669-w
Was genau eine Statinintoleranz überhaupt ist, ist nicht ganz klar. Nach der amerikanischen National Lipid Association (NLA) ist sie definiert als eine oder mehrere unerwünschte Wirkungen, die mit dem Einsatz von Statinen in Zusammenhang stehen und sich durch eine Dosisreduktion oder das Absetzen der Therapie bessern. Unterschieden wird außerdem zwischen partieller Intoleranz, bei der niedrige Statindosen vertragen werden, und kompletter Unverträglichkeit, die keinerlei Statintherapie duldet.
Obwohl Ärzte oft vor das Problem der Statinintoleranz gestellt sind, wird die Inzidenz auf unter 10 Prozent geschätzt. Am häufigsten werden Muskelschmerzen und -schwäche, Steifigkeit und Krämpfe berichtet. Doch nur 1–2 Prozent dieser Symptome gelten als tatsächlich pharmakologisch verursacht, der Rest wird dem sogenannten "Noceboeffekt" zugeschrieben. Das bedeutet, allein die negative Erwartungshaltung und nicht das Medikament selbst führt zu den Beschwerden.
Studien haben gezeigt, dass eine intensive Aufklärung der Patienten über die Wirkweise und den Nutzen der Therapie dazu führt, dass weniger Myopathien auftreten. Offenbar sind Nebenwirkungen deutlich seltener, wenn die Patienten selbst von der Therapie überzeugt sind und sich auf sie einlassen. Entscheidend ist daher ein guter Draht zwischen Arzt und Patient, der auf Vertrauen und Wertschätzung beruht.
Empfohlen wird, vor Beginn einer Statintherapie einmalig den CK(Kreatininkinase)-Wert zu bestimmen. Liegt er über dem Vierfachen des ULN ("upper limit of normal"), sollte von der Behandlung abgesehen werden. Darüber hinaus sind potenzielle Risikofaktoren wie Hypothyreose, muskuloskelettale Erkrankungen, intensiver Sport, Alkohol und Drogen auszuschließen.
Liegt tatsächlich eine Statinintoleranz vor, gibt es inzwischen zahlreiche Alternativen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen. Dazu gehört etwa Ezetimib, das die intestinale Cholesterinaufnahme blockiert. Es wird oft zusätzlich zu Statinen verabreicht, kann jedoch auch als Monotherapie eine LDL-Senkung um die 20 Prozent erzielen. Ein zusätzlicher Vorteil: Ezetimib wird nicht über Cytochrom-P450 metabolisiert und interagiert damit kaum mit anderen Medikamenten.
Eine weitere Therapieoption ist Bempedoinsäure. Es hemmt den gleichen Stoffwechselweg wie die Statine und reduziert damit ebenfalls die Cholesterinsynthese. In einer Studie brachte es eine Senkung des LDLs um ca. 18 Prozent, allerdings auch hier wieder mit einer erheblichen Variabilität.
Neu in der Pipeline und zum Teil noch in klinischer Entwicklung sind Hemmstoffe von PCSK9 (Proprotein convertase subtilisin/kexin type 9) und ANGPTL3 (Angiopoietin-like 3). Erste Daten zur Reduktion von LDL sind vielversprechend, der prognostische Nutzen wird derzeit noch geprüft.
Eine echte Statinintoleranz ist selten, meist geht eine vermeintliche Unverträglichkeit auf den Noceboeffekt zurück. Entscheidend für die Verträglichkeit der lipidsenkenden Therapie ist daher die Überzeugungsarbeit des Arztes. Wenn er seine Patienten für die Behandlung gewinnen kann, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie vertragen wird. Ansonsten stehen mittlerweile gute Alternativen zur altbewährten Statintherapie zur Verfügung.