Coronaimpfung bei Rheumapatienten: Datenlage und aktuelle Empfehlungen

Die Impfsaison hat begonnen, doch nach wie vor herrscht Unsicherheit: Profitieren Patienten mit rheumatischen Erkrankungen unter Immunsuppression überhaupt von der Impfung gegen Covid-19 und andere Erreger? Was ist bei dieser vulnerablen Patientengruppe zu beachten?

Aktuelle STIKO-Empfehlungen zur Covid-19-Impfung:

Antikörpertiter allein nicht aussagekräftig

Die Crux vieler Studien zum Impfansprechen bei Immunsupprimierten ist, dass ein gesicherter Surrogatparameter für eine klinisch relevante Immunität nach wie vor fehlt. Bisher wurde kein bestimmter Antikörpertiter festgelegt; außerdem könnte neben der reinen Quantität auch die Qualität der gebildeten Antikörper eine Rolle spielen. Schließlich ist unklar, inwieweit neben den B-Zellen auch die T-Zell-Antwort sowie die mukosale Immunabwehr eine Rolle beim Aufbau einer effektiven Immunität spielen. So würde man In-vitro-Daten zufolge oft ein schlechteres klinisches Outcome erwarten, als es in der Realität der Fall ist.

Dennoch gibt es inzwischen für einzelne Immunsuppressiva belastbare Daten. Demnach können insbesondere B-Zell-depletierende Medikamente wie Rituximab, aber auch Antimetabolite und Glukokortikoide eine Impfantwort reduzieren. 

Bei unzureichender Immunantwort ggf. 3. Impfung 

Für Steroide konnte gezeigt werden, dass sie in höheren Dosierungen nicht nur den Verlauf einer Covid-19-Infektion negativ beeinflussen, sondern auch die Impfantwort abschwächen können. Daher empfiehlt die EULAR (Eurpean Alliance of Associations for Rheumatology) bei einer langfristigen Einnahme von mehr als 10 mg/Tag Prednisolonäquivalent eine 3. Impfung.

Auch Methotrexat und Mycophenolat-Mofetil können die Immunantwort schmälern. Umgekehrt verbesserte sie sich bei Pausieren der Behandlung, zumindest numerisch. Am deutlichsten ist der Effekt allerdings bei einer medikamentös induzierten B-Zell-Depletion, die die humorale Antwort langanhaltend beeinträchtigen kann. Die kumulative Rituximab-Dosis scheint darüber hinaus auch die zellvermittelte Impfreaktion zu beeinflussen. Entsprechend hoch ist für die Betroffenen das Risiko für eine Durchbruchinfektion auch nach der 3. Impfung.

Ob eine Therapiepause für den Aufbau einer ausreichenden Immunität indiziert ist, wird kontrovers diskutiert, zumal dadurch die Krankheitsaktivität zunehmen kann. Zwar wurden nach Pausieren einzelner Substanzen höhere Antikörpertiter gemessen, die klinische Relevanz bleibt jedoch unklar. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie empfiehlt daher keine generelle Unterbrechung der Therapie aufgrund einer Impfung. Nur bei Rituximab wird, sofern möglich, ein zeitlicher Abstand zur Impfung empfohlen. 

Covid-19-Impfung: bei Rheumapatienten erst recht! 

Grundsätzlich herrscht Konsens, dass Impfungen stets in einer stabilen Krankheitsphase erfolgen sollten. Idealerweise werden sie bereits vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie komplettiert, um einen ausreichenden Impfschutz zu gewährleisten.

Trotz der noch lückenhaften Datenlage sind die Empfehlungen von STIKO und EULAR übereinstimmend klar: Alle Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen sollten auch bei möglicherweise reduziertem Ansprechen eine Covid-19-Impfung sowie alle weiteren empfohlenen Standardimpfungen erhalten. Gerade unter Immunsuppression ist dieser Schutz besonders wichtig.

Quellen

  1. Hasseli-Fräbel R et al. Coronaimpfung unter Immunsuppression. Z Rheumatol 2024; 83: 544–548. https://doi.org/10.1007/s00393-024-01555-2. 

  2. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung in den allgemeinen Empfehlungen der 2024. Epid Bull 2/2024.