Smart und Medical Wearables: Welche gibt es? Wie helfen sie schon heute, Krankheiten oder ihre Vorboten zu erkennen und zu behandeln? Und auf welche Funktionen können wir in der Zukunft gespannt sein?
445 Millionen Wearables wurden 2020 verkauft. Das waren rund 30 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Ihr seht: Der Markt boomt. Doch: Was sind Wearables überhaupt? Wearables, das sind - ganz einfach gesagt - technische Geräte, die direkt am Körper getragen werden. Sie sind mit Sensoren ausgestattet, die bestimmte Messwerte ermitteln können.
Ob Vitalwerte, die tägliche Schrittzahl oder der Blutzuckerspiegel: Die Technik kann immer mehr unterschiedliche Messwerte erfassen. Und viele davon haben das Potenzial, auch für medizinische Zwecke eine große Rolle zu spielen.
Das gibt es eigentlich schon lange. Wenn man so will, ist das Langzeit-EKG eines der ersten medizinischen Wearables. Schließlich trägt man es für längere Zeit direkt am Körper und es ist mit Elektroden ausgestattet, die permanent die Herzfunktion messen.
Doch heute verstehen wir unter Wearables natürlich deutlich smartere Geräte. Und vor allem auch mit höherem Tragekomfort: Denn wer schon mal ein Langzeit-EKG gemacht hat, weiß: Das Ding möchte man bestimmt nicht sein ganzes Leben tragen.
Unterscheiden müssen wir bei Wearables zwischen Geräten für die Freizeit, wie zum Beispiel Fitnesstracker, und Geräten, die einen wirklichen medizinischen Zweck haben. Klar, die Übergänge scheinen hier fließend. Schließlich kann die Apple Watch inzwischen sogar einfache EKGs ableiten und vor Vorhofflimmern warnen. Und obwohl Funktionen wie diese von Mediziner:innen bereits gelobt werden, vor allem weil die Compliance der Träger:innen hoch ist, ist der Weg zum zertifizierten Medizinprodukt noch lang.
Medizinische Wearables fallen in Europa nämlich unter die europäische Medizinprodukte-Verordnung und müssen einen aufwändigen Zulassungsprozess durchlaufen. Dennoch lässt sich bereits jetzt orakeln, dass spätestens in fünf Jahren hier tiefgreifende Änderungen stattgefunden haben. Insbesondere die Monitoring-Funktionen und die vielen aufgezeichneten Bewegungs- und Vitaldaten sind viel zu verführerisch, um auf ihre Auswertung zu verzichten.
Mediziner:innen müssen die neuen, gut kehrenden Besen allerdings nicht fürchten: Freizeit-Wearables monitoren und kontrollieren Körperfunktionen. Daten bewerten, eine Diagnose oder eine Therapie einleiten, können sie aber nicht. Und das wird wohl auch so bleiben.
In den nächsten Jahren werden zunehmend dann auch wirkliche, medizinische Wearables zum Einsatz kommen: Blutzuckermessgeräte, die permanent den Blutzuckerspiegel von Diabetiker:innen überwachen und zielgenau Insulindosen abgeben können. Intelligente Textilien, die bei Asthmatiker:innen wichtige Atemparameter überwachen und Alarm schlagen, wenn ungewöhnliche Geräusche oder nächtliche Atemaussetzer auftreten. Und intelligente Pflaster, die merken, wenn Patient:innen sich wundliegen und umgelagert werden müssen.
Das Potenzial klingt gewaltig: In einer zunehmend vernetzten medizinischen Versorgung mit elektronischer Gesundheitsakte und Telemedizin-Angeboten könnten Wearables wichtige Parameter für die ärztliche Beratung liefern.
Doch die smarten Geräte bergen auch Gefahren: Sie erheben und senden permanent Daten. Daraus ergeben sich zahlreiche Fragen: Was passiert mit meinen Daten? Wo werden sie gespeichert? Und wer hat alles Zugriff darauf?
Und der zunehmende Fokus auf Daten könnte die Medizin entmenschlichen: Wenn Ärzt:innen nur noch aus der Ferne auf reine Parameter schauen, können sie dann noch ein wirkliches Gespür für die Patientenbedürfnisse entwickeln?
All diesen Themen möchten wir uns in dieser Podcast-Reihe widmen - mit spannenden Interviewpartner:innen und zahlreichen Hintergrundinformationen. In der nächsten Folge schauen wir uns die Entwicklungen rund um den Spitzenreiter unter den Wearables an - zumindest was die Absatzzahlen angeht: Die Apple Watch.