Neue Evidenz zu Letrozol
Zahlreiche Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit dem Aromatasehemmer Letrozol. Drei aktuelle Publikationen werden hier kurz vorgestellt.
Zahlreiche Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit dem Aromatasehemmer Letrozol. Drei aktuelle Publikationen werden hier kurz vorgestellt.
Der Aromatasehemmer Letrozol ist im Rahmen der adjuvanten endokrinen Therapie von postmenopausalen Frauen mit hormonsensitivem Mammakarzinom indiziert. Off Label kommt auch der Einsatz bei prämenopausalen Frauen unter ovarieller Suppression in Betracht. Zudem wird Letrozol u. a. zur Ovulationsstimulation bei Frauen mit polyzystischem Ovarialsyndrom (PCOS) sowie zur Hormonbehandlung von Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch eingesetzt.
Langzeit-Nachbeobachtung: Upfront-Therapie mit Letrozol bei Brustkrebs1
Als Bestandteil der adjuvanten Therapie von Patientinnen mit Mammakarzinom im Frühstadium wird der Einsatz eines Aromatasehemmers empfohlen. Dabei profitieren besonders Patientinnen mit einem hohen Rezidivrisiko von einer Upfront-Therapie mit einem Aromatasehemmer über einen Mindestzeitraum von 5 Jahren. Die deutsche multizentrische Langzeitbeobachtungsstudie PreFace untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit einer solchen Upfront-Therapie mit Letrozol (2,5 mg/Tag) im klinischen Alltag in Abhängigkeit von den Patienten- und Tumorcharakteristika. Im Rahmen der 2009 gestarteten Phase-IV-Studie begannen 3.297 postmenopausale hormonrezeptorpositive Brustkrebspatientinnen eine Letrozol-Therapie, wobei die Patientenselektion den behandelnden Ärzten gemäß eigener Risikoeinschätzung oblag.
Die Mehrheit der Betroffenen (n = 1.639, 57 %) schloss die Therapie nach der vorgesehenen Dauer von 5 Jahren ab. Ein gutes Drittel von ihnen (34,5 %) machte im Anschluss daran mit einer endokrinen Therapie weiter. Die Raten für das krankheitsfreie Überleben (PFS) bzw. das Gesamtüberleben (OS) nach 5 Jahren lagen bei 89 % bzw. 95 %. Bei der Subgruppenanalyse betrugen die PFS-Raten für Patientinnen mit nodal-positivem Brustkrebs 83 %, mit Tumorgrad G3 84 % und mit pT3-Tumoren 78 %. Schmerzen sowie Hitzewallungen zählten mit einer Häufigkeit von 66,8 % bzw. 18,3 % zu den wichtigsten unerwünschten Ereignissen (aller Schweregrade). Insgesamt erwies sich das Sicherheitsprofil als konsistent mit früheren Aromatasehemmer-Studien.
In der Analyse des Risikoprofils der für die Upfront-Therapie mit Letrozol selektierten Brustkrebspatientinnen zeigte sich ein mäßiges Rezidiv- und Mortalitätsrisiko. Die Auswahl der Patientinnen in der klinischen Routine wies eine große Ähnlichkeit mit der Patientenpopulation der kontrollierten Studien zur adjuvanten Upfront-Behandlung mit Aromatasehemmern auf.
Die Studienergebnisse zu molekularen Markern (K i-67-Werte und Multigene-Test), die als Selektionskriterium für Patientinnen mit Hochrisiko-Profil dienen können, lagen zum Zeitpunkt der Publikation noch nicht vor. Nach Einschätzung der Autoren rechtfertigt die Prognose bei Untergruppen mit ungünstigen Risikofaktoren die Suche nach Verbesserungen mithilfe neuartiger zielgerichteter Therapien. Demzufolge „scheint eine sorgfältige Bewertung des Rezidivrisikos notwendig zu sein, um die Patientinnen für diese Therapieeskalation auszuwählen, bei der ein CDK4/6-Inhibitor zu einer Behandlung mit einem Aromatasehemmer hinzugefügt wird“, so die Autoren.
Polypharmazie: rezeptfreie Medikamente und Aromatasehemmer-Adhärenz2
Eine US-amerikanische Studie hat erstmals untersucht, wie sich der Konsum von rezeptfreien Medikamenten („over-the-counter“ = OTC) auf die Aromatase-Adhärenz auswirkt. Die Autoren postulierten als Haupthypothese, dass die Polypharmazie ein vorzeitiges Absetzen der Aromatasehemmer begünstigt. Für die explorative Analyse wurden Daten aus der Exemestan- und Letrozol-Pharmakogenetik-Studie (ELPh) verwendet. Die eingeschlossenen postmenopausalen Patientinnen mit Brustkrebs im Stadium 0–III wurden nach indizierter Chemotherapie, Operation bzw. Bestrahlung per Zufallsprinzip für die adjuvante Behandlung mit Exemestan oder Letrozol ausgewählt und zwei Jahre lang klinischen Reihenuntersuchungen sowie Fragebogenanalysen unterzogen. Die Daten zur Begleitmedikation wurden prospektiv erhoben.
Das Ergebnis der Auswertung (n = 490):
- Die Einnahme von verschreibungspflichtigen Medikamenten im Allgemeinen und von selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRIs) oder selektiven Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern (SNRIs) im Speziellen zu Beginn der Studie war mit einem geringeren Risiko für ein vorzeitiges Absetzen der Aromatasehemmer assoziiert.
- Es fand sich kein Zusammenhang zwischen der Einnahme von rezeptfreien Medikamenten und dem Absetzen von Aromatasehemmern.
Die Autoren halten weitere Forschungsbemühungen für erforderlich, um zu verstehen, wie dieser (ihre Arbeitshypothese widerlegende) Befund zur Förderung der Therapietreue genutzt werden kann.
Sequenzielle Therapie mit 2,5 mg Letrozol/FSH bei PCOS und Kinderwunsch3
Im (leitlinienempfohlenen) Off-Label-Gebrauch kommt Letrozol auch bei Frauen mit PCOS und unerfülltem Kinderwunsch zur Ovulationsinduktion und Schwangerschaftsförderung zum Einsatz.4 Welche Dosierung ist nun aber wirksamer im Rahmen einer sequenziellen Anwendung von Letrozol mit follikelstimulierendem Hormon (FSH): 2,5 mg oder 5 mg Letrozol?
Die Antwort einer aktuellen chinesischen Publikation lautet: 2,5 mg. An der pragmatischen klinischen Studie (randomisiert, kontrolliert) nahmen 220 unfruchtbare Frauen mit PCOS im Alter zwischen 20 und 40 Jahren teil. Sie wurden 1:1 in zwei Behandlungsarme randomisiert (2,5 bzw. 5 mg Letrozol an den Zyklustagen 3–7 und eine sequenzielle FSH-Injektion [75 IU] an den Zyklustagen 8–10). Die Dauer der FSH-Behandlung variierte je nach Entwicklungsstadium des Follikels. Jede Teilnehmerin unterzog sich 1–3 Behandlungszyklen bis zur Schwangerschaft. Primärer Endpunkt war die kumulative Schwangerschaftsrate aller Teilnehmerinnen. Zu den sekundären Ergebnissen gehörten die klinischen Schwangerschaftsraten sowie Charakteristika aller Interventionszyklen.
In der Behandlungsgruppe mit der niedrigeren Letrozol-Dosierung war die kumulative Schwangerschaftsrate bezogen auf die Studienpopulation signifikant erhöht (72,7 % vs. 59,1 %). Gleiches galt mit Bezug auf alle 468 Interventionszyklen (36,2 % gegenüber 26,3 %), wobei keine statistisch signifikanten Unterschiede bei den Ovulationsraten oder unerwünschten Wirkungen beobachtet wurden.
- Hack CC et al. Long-term Follow-up and Safety of Patients after an Upfront Therapy with Letrozole for Early Breast Cancer in Routine Clinical Care – The PreFace Study. Geburtshilfe Frauenheilkd 2024;84(2):185-95
- Joyce E et al. Polypharmacy, over-the-counter medications, and aromatase inhibitor adherence in early-stage breast cancer. Breast Cancer Res Treat 2024;204(3):539-46
- Chen L-J et al. Sequential 2.5 mg letrozole/FSH therapy is more effective for promoting pregnancy in infertile women with PCOS: a pragmatic randomized controlled trial. Front Endocrinol (Lausanne) 2023;14:1294339
- Teede HJ et al. Recommendations from the 2023 International Evidence-based Guideline for the Assessment and Management of Polycystic Ovary Syndrome. Hum Reprod 2023;38(9):1655-79