Umfrage offenbart massive Unzufriedenheit bei Vertragsärzten
Arbeitsüberlastung und bürokratische Hürden setzen Ärzte enorm unter Druck. 60 Prozent erwägen einen vorzeitigen Ausstieg, 72 Prozent befürchten, keinen Nachfolger zu finden – ein bedrohliches Szenario für die Gesundheitsversorgung in Deutschland.
Deutsche Vertragsärzte werden immer unzufriedener
Arbeitsüberlastung, nicht mehr angemessene Honorierung, zeitfressende Bürokratie und eine dysfunktionale Digitalisierung sorgen unter Vertragsärzten für zunehmenden Missmut mit ihren Arbeitsbedingungen. Die Folge: Gut 60 Prozent der niedergelassenen Mediziner denken daran, vorzeitig aus der Patientenversorgung auszuscheiden. 72 Prozent haben die Sorge, keinen Nachfolger zu finden.
"Miserable Rahmenbedingungen bremsen Ärzte an allen Ecken und Enden aus", kommentiert die Vorsitzende der KBV-Vertreterversammlung, Dr. Petra Reis-Berkowicz am Freitag veröffentlichte Zahlen einer Online-Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung, an der zwischen dem 19. Oktober und dem 4. Dezember insgesamt 31.739 Ärzte und Psychotherapeuten teilgenommen hatten.
Die wichtigsten Ergebnisse:
- 98 Prozent halten ihre Arbeit für sinnvoll und nützlich; daraus folgt: Im Prinzip ist die Arbeit der Mediziner und Psychotherapeutennach wie vor durch eine hohe intrinsische Motivation geleitet.
- Nur knapp 27 Prozent finden aber, dass sie ausreichend Zeit für die Versorgung ihrer Patienten haben. Eine wesentliche Ursache könnte die Bürokratie sein: 91 Prozent fühlen sich dadurch überlastet, 62 Prozent geben an, sie seien durch ihre Arbeit ausgebrannt. 88 Prozent sehen ihren Praxisablauf durch die bisherigen Digitalisierungsmaßnahmen als beeinträchtigt an.
- Nur gut 13 Prozent halten sich für angemessen honoriert, noch schlechter ist die gefühlte Wertschätzung durch die Politik – nur fünf Prozent halten sie für hinlänglich.
- Weitere Erschwernisse: Die Rahmenbedingungen erschweren das Engagement für die Weiterbildung junger Kollegen (83 Prozent). 72 Prozent machen sich Sorgen, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Für 82 Prozent ist es schwer, auf dem Arbeitsmarkt Personal zu gewinnen, als Folge dessen sehen schon 62 Prozent ihre Patientenversorgung als eingeschränkt an. Immer noch zwei Drittel beklagen sich über Regressverfahren. Als zusätzlich Last wirkt sich aus, dass 69 Prozent der Ärzte zusätzliche Patienten von Kollegen übernehmen, die ausgeschieden sind oder ihre Arbeitszeit reduziert haben.
Überwiegend Zustimmung finden daher die zentralen Forderungen der KBV: tragfähige Finanzierung und Abschaffung der Budgetierung, sinnvolle Digitalisierung und weniger Bürokratie, Abschaffung der Regresse, mehr Weiterbildung in den Praxen.
Die Befragungsergebnisse überträfen seine schlimmsten Erwartungen, so der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen. "Wenn Politik jetzt nicht reagiert, werden wir bereits ab dem kommenden Jahr zunehmende Versorgungslücken haben, nicht nur auf dem Land, sondern auch in den Städten."