Vorteile der neoadjuvanten Therapie
Die neoadjuvante Therapie, die vor der chirurgischen Resektion durchgeführt wird, hat bei der Behandlung des Melanoms zahlreiche Vorteile gezeigt. Wie Prof. Christian Blank (Amsterdam, Niederlande) hervorhob, besteht ein Hauptvorteil darin, dass eine stärkere Immunreaktion ausgelöst wird, solange der Primärtumor noch vorhanden ist. Der Tumor wirkt wie ein „natürlicher Impfstoff“, der Antigene präsentiert, die zur Aktivierung tumorspezifischer T-Zellen beitragen. Dies verbessert die Fähigkeit des Immunsystems, mikrometastatische Erkrankungen zu beseitigen, was die langfristigen Ergebnisse verbessert.
Klinische Studien, einschließlich der OpACIN-Studie, haben gezeigt, dass die neoadjuvante Immuntherapie, insbesondere die Kombination von Anti-CTLA-4 (Ipilimumab) und Anti-PD-1 (Nivolumab), das ereignisfreie Überleben (EFS) im Vergleich zu herkömmlichen adjuvanten Therapien signifikant verlängert. Durch die präoperative Behandlung kann die Therapie auch das Risiko eines systemischen Rückfalls verringern.
Optimierung der Dosierung und Verringerung der Toxizität: OpACIN und OpACIN-neo
In der ursprünglichen OpACIN-Studie führte die Kombination von Ipilimumab und Nivolumab zu einer bemerkenswerten Wirksamkeit, aber auch zu einer beträchtlichen Toxizität, wobei fast 50 % der Patienten von unerwünschten Ereignissen des Grades 3/4 betroffen waren. Aus diesem Grund wurde die OpACIN-neo-Studie konzipiert, in der niedrigere Ipilimumab-Dosen untersucht wurden, um diese Nebenwirkungen abzuschwächen. Durch die Verringerung der Dosis konnte in der Studie ein deutlicher Rückgang der schwerwiegenden Nebenwirkungen (bis auf 20 %) bei gleichbleibend hohen Ansprechraten erzielt werden.
Diese Ergebnisse waren entscheidend, da das Therapieschema eine pathologische vollständige Ansprechrate von 60 % erzielte und die EFS-Daten im neoadjuvanten Setting eine verbesserte Krankheitskontrolle im Vergleich zum traditionellen postoperativen adjuvanten Ansatz zeigten.
Chirurgische Implikationen und PRADO-Studie
Mit der PRADO-Studie wurde eine chirurgische Verfeinerung eingeführt, die das Ausmaß der Lymphknotendissektion bei Patienten mit Melanom reduziert. Es wurde gezeigt, dass Patienten mit einem ausgeprägten pathologischen Ansprechen (MPR) nach einer neoadjuvanten Immuntherapie von weniger invasiven chirurgischen Eingriffen profitieren, da eine vollständige Lymphadenektomie häufig vermieden werden konnte.
Patienten, die nach einer neoadjuvanten Behandlung ein MPR oder ein vollständiges pathologisches Ansprechen erreichten, hatten hervorragende Ergebnisse, ohne dass eine weitere aggressive Operation erforderlich war. Dieser Ansatz verbessert nicht nur die Lebensqualität, sondern verringert auch die mit ausgedehnten Knotenresektionen verbundenen Risiken, wie z. B. ein Lymphödem.
Biomarker und personalisierte neoadjuvante Strategien
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt in der neoadjuvanten Therapie ist die Identifizierung von prädiktiven Biomarkern für eine maßgeschneiderte Behandlung. Biomarker wie die Tumormutationslast (TMB) und Interferon-Gamma-Gensignaturen erweisen sich als nützlich für die Vorhersage des Ansprechens von Patienten auf Checkpoint-Inhibitoren.
Patienten mit einer hohen Interferon-Gamma-Signatur sprechen mit größerer Wahrscheinlichkeit auf eine Anti-PD-1-Monotherapie (z. B. Nivolumab oder Pembrolizumab) an. Umgekehrt kann bei Patienten mit niedrigeren Expressionswerten eine Kombinationstherapie (Ipilimumab + Nivolumab) erforderlich sein, um eine ausreichende Immunantwort zu erzielen. Diese Strategie hilft bei der Personalisierung der Therapie und zielt auf eine höhere Wirksamkeit bei gleichzeitiger Minimierung der unnötigen Toxizität ab.
Erforschung des Melanoms im Stadium II
Mit Blick auf die Zukunft wurden laufende Studien erörtert, die die Rolle der neoadjuvanten Therapie bei Patienten mit Melanom im Stadium II untersuchen. Obwohl die neoadjuvante Behandlung traditionell bei Patienten mit einer Erkrankung im Stadium III/IV eingesetzt wird, deuten neuere Erkenntnisse darauf hin, dass ein frühzeitiges Eingreifen mit einer Immuntherapie auch die Ergebnisse bei Patienten mit einer Erkrankung in einem niedrigeren Stadium verbessern könnte, was das Risiko eines erneuten Auftretens der Erkrankung verringern und die Gesamtüberlebensrate verbessern könnte.
Behandlung von Toxizitäten
Das Management von immunbedingten unerwünschten Ereignissen (irAEs) bleibt eine zentrale Herausforderung bei der neoadjuvanten Therapie. Wie bei OpACIN-neo zu sehen war, war die Verringerung der Ipilimumab-Dosis eine erfolgreiche Strategie zur Begrenzung der Häufigkeit und des Schweregrades von Toxizitäten ohne Beeinträchtigung der Wirksamkeit. Die laufende Forschung konzentriert sich darauf, den therapeutischen Nutzen mit dem Risiko immunbedingter Toxizitäten in Einklang zu bringen, um sicherzustellen, dass die Behandlung nicht nur wirksam, sondern auch für eine breitere Patientengruppe erträglich ist.