- FOKO Fortbildungskongress 2025 BVF Akademie, Düsseldorf, CCD Stadthalle, 13. – 15. März 2025
Mastodynie, Beckenbodenschmerzen, Blasenschmerzen, Urethraschmerzen, Dyspareunie, Vulvodynie – chronische Schmerzen im gynäkologischen Alltag sind vielfältig. Hinzu kommt: Die Schmerzen können psychosomatisch/psychisch, neurologisch oder chronisch-entzündlich bedingt sein. Auch postoperative oder postpartale Narben können anhaltende Beschwerden verursachen. Wie eine gezielte, individuell abgestimmte Behandlung aussehen kann, erklärte Dr. Miriam Deniz vom Interdisziplinären Beckenbodenzentrum der Universität Ulm auf dem FOKO Fortbildungskongress 2025 des Bundesverbands der Frauenärzte e.V. in Düsseldorf.
Als Ursache für die chronischen Schmerzen kommen verschiedenste Erkrankungen infrage:
Das macht die Suche nach der eigentlichen Ursache komplex. Zudem haben Patientinnen mit chronischen Schmerzen eine hohe Erwartungshaltung an ihre Frauenärzte, erklärt Deniz. „Diese Erwartungshaltung macht etwas mit uns“, so die Gynäkologin und Psychotherapeutin. Die hohe Erwartungshaltung verursache oft unterschiedliche Reaktionen bei den Behandelnden:
Deniz zeigte am Beispiel einer Patientin mit chronischen Beckenbodenschmerzen auf, wie man am besten vorgeht. Chronische Beckenbodenschmerzen liegen vor, wenn intermittierende oder anhaltende Schmerzen länger als sechs Monate bestehen und den Alltag sowie die Lebensqualität der Betroffenen spürbar beeinträchtigen. Handelt es sich bei den chronischen Beckenbodenschmerzen um ein Symptom, ist das noch vergleichsweise einfach zu behandeln. Liegt den Schmerzen zum Beispiel eine chronische Zystitis zugrunde, kommen Antibiose, Immunisierung und Prophylaxe infrage. Verursacht eine Spannung auf einem Netzimplantat (Mesh) nach Deszensusoperation die Schmerzen, kann eine Revision des Netzes erfolgen. Schwieriger allerdings ist es, wenn chronischer Beckenbodenschmerz als Syndrom auftritt. Risikofaktoren dafür sind:
Chronische Beckenbodenschmerzen als Syndrom sind noch dazu assoziiert mit:
Für die Diagnostik wurde das biopsychosoziale Modell empfohlen, das chronische Beckenbodenschmerzen ganzheitlich erfasst. Es berücksichtigt biologische Faktoren (Endometriose, Interstitielle Zystitis, Adhäsionen), psychologische Faktoren (wie z.B. Ängstlichkeit, Depressionen, Missbrauch in der Vergangenheit) und soziale Faktoren wie kulturelle Überzeugungen, Beziehungen.
„Frauen mit chronischen Beckenbodenschmerzen wollen ernst genommen werden, Sicherheit spüren und eine Erklärung für ihre Schmerzen bekommen“, betont Deniz. Entscheidend ist eine genaue Anamnese: „Gut zuhören ist wichtig“, so Deniz. Wichtig ist, eine gute und vertrauensvolle Beziehung zur Patientin aufzubauen, betont Deniz und wirbt für einen gelassenen und empathischen Umgang mit der Patientin.
Bei der Schmerzanamnese sollte erfragt werden, wo genau der Schmerz sitzt, ob sich der Schmerz stechend, brennend oder dumpf äußert und wann der Schmerz auftritt (z.B. während Zyklus, Miktion, Stuhlgang oder Geschlechtsverkehr). Nach der Anamnese sollte eine einfühlsame Untersuchung mit Bestimmung der Lokalisation der Schmerzen erfolgen. Die Spekulumeinstellung sollte Vulva, Vagina, Portio und eine mögliche Senkung berücksichtigen.
Generell sollte eine Sonographie erfolgen, der Urin untersucht und Laborwerte (Infektwerte) erhoben werden, wobei die Sonographie als dynamische Funktionsuntersuchung durchzuführen ist. Darüber hinaus kommen Laparoskopie, Koloskopie, Zystoskopie und bildgebende Verfahren (CT, MRT, Röntgen) zum Einsatz. Bereits durchgeführte Untersuchungen sollten jedoch nicht wiederholt werden, so Deniz. Hinsichtlich bisheriger Therapien ist es wichtig zu erfragen, was geholfen hat und was nicht. Bei der Palpation ist darauf zu achten, dass Triggerpunkte am sakrospinalen Ligament, Musculus pubococcygeus, Musculuspuborectalis, Vulva und Vestibulum, eingeschlossen werden.
Deniz rät, Patientinnen in den Ultraschall einzubeziehen, sie beispielsweise aufzufordern, ihren Beckenboden anzuspannen und ihnen das Anspannen und Lockerlassen des Beckenbodens im Ultraschall zu zeigen. Wichtig ist auch, den Patientinnen zu erklären, dass es durch die Verspannung zu einer Zunahme der Schmerzen kommt. Die Schmerzen verursachen Stress, der wiederum erhöht die Schmerzwahrnehmung im Nervensystem.
Für das weitere Vorgehen empfiehlt Deniz, alles zu dokumentieren, was in den bisherigen Untersuchungen unauffällig und auffällig war. Zudem sollten noch anstehende Untersuchungen abgestimmt, dokumentiert und geplant werden. Auch gilt es für das weitere Vorgehen, zwischen schmerz-auslösenden Bereichen zu differenzieren, etwa Muskeln, Organen, Nerven oder Stress. Zudem sollten spezialisierte Zentren und/oder ergänzende Therapiekonzepte (z.B. Endometriosezentrum, Beckenbodenzentrum, Physiotherapie, Biofeedback) immer mitgedacht werden.