Psilocybin: neue therapeutische Perspektiven

Psilocybin wird gerade in zwei Pilotstudien untersucht: zur Behandlung von Depressionen bei Menschen mit Alzheimer sowie bei Patienten mit Borreliose. Beide Untersuchungen suchen nach Alternativen zu unwirksamen Standardbehandlungen.

Übersetzt aus dem Italienischen

Studien zu Psilocybin zeigen vielversprechende Ergebnisse

Psilocybin, das ursprünglich aus bestimmten halluzinogenen Pilzen (der Gattungen Psilocybe, Panaeolus, Inocybe und Stropharia) gewonnen wurde, ist eine Substanz, die heute leicht synthetisiert werden kann. Sie wird seit einiger Zeit als Zusatzbehandlung zur Psychotherapie bei schweren Depressionen, Depressionen, die gegen die üblichen Antidepressiva resistent sind, Zwangsstörungen, Alkohol- und anderen Süchten, Anorexia nervosa und Angstzuständen bei Patienten mit schweren Erkrankungen untersucht.

Prof. Albert Garcia-Romeu, Experte für Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften von der Johns Hopkins University, Baltimore (USA), und Gründungsmitglied des Center for Psychedelic and Consciousness Research  an der Johns Hopkins University, berichtete auf der INSIGHT 2023 über den aktuellen Stand der Forschung zu Psilocybin.1 Er hob die zahlreichen Studien hervor, die die schnelle und antidepressive Wirkung von Psilocybin belegen. Darüber hinaus haben jüngste Ergebnisse gezeigt, dass sich Angstzustände und depressive Verstimmungen verringern und sich die Lebensqualität von Patienten mit schweren Krankheiten wie Krebs verbessert. Diese vielversprechenden Ergebnisse deuten auf ein potenziell breites Anwendungsspektrum für die Psilocybin-Therapie hin.

Herausforderung bei neurodegenerativen Erkrankungen

Neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer gehen häufig mit neuropsychiatrischen Symptomen wie Apathie und Depression einher, die die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigen. Leider sind Standard-Antidepressiva bei diesen Patientengruppen oft nicht wirksam, sodass nach neuen Behandlungsmöglichkeiten gesucht werden muss.

Die erste Pilotstudie, die im Vortrag besprochen wird, konzentriert sich auf die Wirkung von Psilocybin bei Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) oder Alzheimer im Frühstadium.2 Mit diesen Voruntersuchungen soll festgestellt werden, ob Psilocybin depressive Symptome bei Personen, die mit einem kognitiven Abbau zu kämpfen haben, lindern kann.

Prof. Garcia-Romeu konzentriert sich auf die Herausforderungen, die neurodegenerative Erkrankungen, insbesondere die Alzheimer-Krankheit, die weltweit Millionen von Menschen betrifft, mit sich bringen. Trotz der zahlreichen Wirkstoffe, die im Laufe der Jahre getestet wurden, haben nur wenige von ihnen signifikante Ergebnisse geliefert. Spannend ist, dass die Forschung an psychedelischen Drogen in Tiermodellen ermutigende Ergebnisse erzielt hat, die das Potenzial haben, die kognitive Leistung zu verbessern.

Psilocybin bei Lyme-Borreliose nach der Behandlung

Die Lyme-Borreliose, von der ein erheblicher Prozentsatz der Borreliose-Patienten betroffen ist, kann nach der Behandlung zu chronischen Symptomen führen. Die Symptomatik besteht aus anhaltender Müdigkeit, Schmerzen und kognitiven Schwierigkeiten. Für diese Erkrankung gibt es derzeit keine wirksame Therapie.

Eine laufende Studie beschäftigt sich momentan mit dem Potenzial von Psilocybin bei Patienten mit dieser Problematik. Vorläufige Ergebnisse deuten auf eine statistisch signifikante Verringerung der Symptome hin, insbesondere in den Bereichen Schmerzen und Müdigkeit.3

Überlegungen von Professor Albert Garcia-Romeu zur psychedelischen Therapie

Zum Abschluss seines Vortrags geht Prof. Garcia-Romeu auf den breiteren Kontext der psychedelischen Forschung ein. Er unterstreicht die Bedeutung einer verantwortungsvollen Berichterstattung durch die Medien und betont, dass Vereinfachungen und Sensationshascherei vermieden werden müssen. Außerdem spielen ethische Erwägungen im Zusammenhang mit der Kommerzialisierung psychedelischer Drogen eine wichtige Rolle. Zudem stellt die Qualitätskontrolle eine Herausforderung dar, da diese Therapien immer beliebter werden.

In der Sitzung wurden die faszinierenden Möglichkeiten des Einsatzes von Psilocybin bei der Behandlung von neurodegenerativen und chronischen Krankheiten untersucht. Die heute verfügbaren Daten sind vorläufig, geben aber den Patientinnen und Patienten Hoffnung, die mit konventionellen Behandlungen keine Linderung erfahren. 

Weitere Highlights von der INSIGHT 2023 finden Sie in unserer Kongressberichterstattung.

Jetzt sind Sie gefragt: Umfrage zu Psilocybin

Die Psychotherapie-Forschung ist in vollem Gange, doch um das Potenzial psychedelischer Therapien zu maximieren und Risiken zu minimieren, brauchen wir eine gesellschaftliche Beteiligung. Die MIND Foundation benötigt Ihre Teilnahme an folgender Befragung zum therapeutischen Einsatz von Psilocybin, um Meinungen, Wünsche und Bedenken besser zu verstehen. Die Teilnahme an dieser Umfrage wird nicht mehr als 10 Minuten Zeit in Anspruch nehmen. Vielen Dank für die Bereitschaft zur Beteiligung!

Referenzen:
  1. Prof. Dr. Albert Garcia-Romeu. New Directions for Psychedelic Therapies: Psilocybin in Neurodegenerative Disease and Chronic Illness. INSIGHT 2023.  01/09/2023 11:00-11:30.

  2. https://hopkinspsychedelic.org/alzheimers

  3. https://classic.clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT05305105