- Kühn LM et al. Nützliches Wissen zu Tätowierungen. Dermatologie 2023; 74: 543-553.
Neben den Farbpigmenten sind in Tätowierfarben alle möglichen Zusatzstoffe enthalten. Dazu gehören Lösungs- und Bindemittel, Konservierungsstoffe und Tenside. Im Jahr 2022 ist mit REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) eine EU-Verordnung in Kraft getreten, die eine Kennzeichnungs- und Informationspflicht für Tätowiermittel sowie eine Beschränkung gefährlicher Inhaltsstoffe vorsieht. Überprüft werden die Hersteller in Deutschland stichprobenartig vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Untersuchungen ergaben jedoch, dass etwa 40 Prozent die REACH-Vorgaben nicht einhalten.
Für die Haut kann das dramatische Folgen haben. In einer Studie traten bei knapp 70 Prozent der tätowierten Personen Komplikationen auf. Sie reichen von Allergien und Infektionen über granulomatöse Reaktionen und Ulzerationen bis hin zu Neoplasien.
Infektionen gehören dabei zu den häufigsten Reaktionen. Oft gehen sie auf mangelnde Hygiene zurück. Auch schon die Farben selbst können kontaminiert sein. In Untersuchungen wurden in 10 bis 50 Prozent aller Proben infektiöse Erreger gefunden. Zwar wurde von Verbänden professioneller Tätowierer im Jahr 2020 eine DIN-EN-Leitlinie zur sicheren und hygienischen Praxis beim Tätowieren herausgegeben; verbindlich vorgeschrieben ist sie allerdings nicht.
Kontaktallergien kommen ebenfalls häufig vor. Sie können je nach vorangegangener Sensibilisierung innerhalb von wenigen Tagen oder erst nach einigen Wochen bis Monaten auftreten. Heikel ist vor allem rote Farbe. Sie enthält u.a. synthetische Azofarbstoffe, die zusammen mit Bindemitteln und Konservierungsstoffen Hauptauslöser für kontaktallergische Reaktionen sind. Aber auch Henna-Farbe, die nur oberflächlich auch die Haut aufgetragen wird, kann Allergien hervorrufen. Manche Produkte enthalten p-Phenylendiamin (PPD), ein starkes Kontaktallergen, das ausgedehnte Ekzeme verursachen kann.
Seltener sind lichenoide oder granulomatöse Reaktionen. Auch die Bildung von Pseudolymphomen wurde nach Tätowierungen beobachtet. Tattoos können außerdem im Sinne des Köbner-Phänomens bestehende Hauterkrankungen verschlimmern. Ob Tätowierungen auch die Tumorgenese begünstigen können, ist nicht erwiesen. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die etwa in schwarzer Tattoofarbe enthalten sind und zum Teil kanzerogen wirken, könnten jedoch dazu beitragen. Sie verbleiben lebenslang in der Haut und können sie empfindlich stören.
Tätowierungen sind ein Eingriff in die Integrität der Haut, der ohne Einverständniserklärung den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung erfüllt. Umso wichtiger ist die Aufklärung über kutane Nebenwirkungen und mögliche Langzeitfolgen. Hier sind allen voran Dermatologen und Dermatologinnen gefragt. Sie sollten sich mit den Inhaltsstoffen von Tattoofarben und den rechtlichen Vorgaben dazu auskennen und Tätowierwillige vor drohenden Gefahren warnen.