Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erwartet zum Jahresbeginn 2025 einen Anstieg der Beitragssätze. "Das liegt daran, dass in der Vergangenheit wichtige Reformen ausgeblieben sind", erklärte er in einem Interview des Nachrichtenmagazins "Stern". Er hält steigende Beiträge allerdings für unausweichlich: "Wenn wir die Krankenhäuser jetzt nicht unterstützen, werden viele das rettende Ufer der Krankenhausreform nicht erreichen. Das müssen wir verhindern." Strukturreformen im Gesundheitswesen, insbesondere in der stationären Versorgung würden nur gelingen, wenn dazu auch das Geld der Beitragszahler in die Hand genommen werde. Diese würden langfristig schließlich auch davon profitieren – durch eine bessere Versorgung und eine Dämpfung der Kostenentwicklung.
Bei Krankenkassen, allen voran beim GKV-Spitzenverband stießen die Äußerungen Lauterbachs auf scharfe Kritik. "Statt eines Maßnahmenplans, wie die Versorgung der rund 75 Millionen gesetzlich Versicherten endlich wieder auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden kann, kündigt er anscheinend gleichmütig immer wieder steigende Zusatzbeiträge an", so die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes Doris Pfeiffer. Die Kassen gehen davon aus, dass "aufgrund der ausgebantreibenden Gesetzgebung der letzten zehn Jahre" die Zusatzbeiträge Anfang 2025 um mindestens 0,6 Prozent steigen müssen. Darin seien die Zusatzkosten für sie Krankenhausreform noch nicht mit eingerechnet. So ist unter anderem geplant, dass die strukturellen Veränderungen und Investitionen über einen Transformationsfonds von 50 Milliarden Euro finanziert werden sollen, an dem die GKV mit 25 Milliarden Euro über zehn Jahr beteiligt werden soll. Die andere Hälfte sollen die Länder aufbringen.
Nun hat der ehemalige Präsident des Bundessozialgerichts (BSG), Rainer Schlegel, angeregt, den Krankenkassen die Befugnis für eine Klage von dem Bundesverfassungsgericht zu geben, um prüfen zu lassen, ob sie vom Gesetzgeber zur Zweckentfremdung von Versichertengeldern für versicherungsfremde Leistungen gezwungen werden. Als Vorbild dafür nennt Schlegel das recht der Rundfunkanstalten und der Universitäten zur Klage im Zusammenhang mit ihrer Finanzierung vor dem Bundesverfassungsgericht. Im Fall der Krankenkassen könnte dies relevant sein für die Dynamisierung des Bundeszuschusses für versicherungsfremde Leistungen oder auch für den Zuschuss des Bundes für den Krankenversicherungsschutz von Bürgergeldempfängern, der um fast zehn Milliarden Euro unterhalb der Grenze zur Ausgabendeckung liegt.
Entgegen landläufiger Auffassung, wonach die Versorgung von Privatpatienten in den östlichen Bundesländern wirtschaftlich praktisch keine Rolle spielt, zeigen Daten des PKV-Verbandes im Regionalatlas für Thüringen einen erheblichen Mehrerlös der Praxen aufgrund der Behandlung von Privatpatienten. Diese Mehreinnahmen im Vergleich die den Kassenhonoraren beziffert der Atal auf fast 176 Millionen Euro für das kleine Bundesland. Pro Praxis macht der Mehrumsatz durch Privatpatienten je nach Landkreis bis zu 56.457 Euro aus. Ursächlich dafür ist, dass die GOÄ keine Mengenbeschränkungen kennt und trotz jahreslangen Reformstaus noch immer höhere Honorarsätze bietet als der EBM. Davon profitieren vor allem Ärzte in ländlichen Regionen, deren Patienten älter als die in Städten seien und daher einen überdurchschnittlichen Behandlungsaufwand erforderten. Der höchste Mehrumsatz wird auch dort erzielt, wo die Arztdichte am niedrigsten ist. Die PKV sind darin einen Beitrag zur Stabilisierung der Versorgung im ländlichen Raum.
Der Berufsverband der Pneumologen, MEDI, die AOK-Baden-Württemberg und die Bosch BKK haben eine positive Bilanz des im September 2021 geschlossenen Selektivvertrags zur pneumologischen Versorgung gezogen.Inzwischen nehme mehr als die Hälfte der baden-württembergischen Fachärztinnen und Fachärzte für Lungenheilkunde an dem Vertrag teil, eine weitere Steigerung sei möglich. Der Vertrag erleichtert eingeschriebenen Patienten etwa mit Asthma und COPD den Zugang zur fachärztlichen Versorgung und bietet zusätzliche Leistungen wie eine biopsychosoziale Anamnese und eine intensivierte Beratung und Schulung zum Rauchstopp.
Aufgrund rückläufiger Impfquoten sind aktuell rund 40 Prozent der Mädchen im Alter von 14 Jahren nicht oder nicht ausreichend durch Impfungen gegen HPV geschützt. Dies geht aus dem Arzneimittelreport 2024 der Barmer hervor. Ursächlich sind seit 2015 sinkende Impfquoten. Sie ging allein bei Mädchen von 2021 auf 2022 um 23,5 Prozent von 98 auf 75 Impfungen je 1.000 Mädchen aller Altersstufen zurück. Die Impfquote bei Jungen im Alter von 13 Jahren liegt mit 25 Prozent noch niedriger. Auch hier sank die Teilnahmerate an der Impfung drastisch. Am höchsten liegen die Impfquoten nach wie vor in den neuen Bundesländern.
Oliver Blatt, derzeit Leiter der Abteilung Gesundheit beim Verband der Ersatzkassen, soll Nachfolger der Mitte 2025 in den Ruhestand ausscheidenden Vorstandsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, werden. Als Nachfolger des bereits in den Ruhestand ausgeschiedenen Gernot Kiefer, der die Pflegeversicherung und den Bereich Prävention im GKV-Spitzenverband verantwortete, ist Martin Krasney mit Wirkung von 2025 an vorgesehen. Krasney, bislang Chefjustitiar des GKV-Spitzenverbandes, wechselt allerdings zunächst zum 1. September zur Berliner Anwaltskanzlei Dierks + Company, die auf Medizin- und Pharmarecht spezialisiert ist. Diese Kanzlei hat in jüngster Zeit ihre Ressourcen in der EU-HTA-Beratung stark ausgebaut, unter anderem durch das Engagement des ehemaligen stellvertretenden IQWiG-Leiters Stefan Lange. Mit der Neubesetzung der GKV-Chefposten beschäftigt sich der Verwaltungsrat im September, endgültig gewählt wird Ende November.