Vor dem Hintergrund wachsender Bedrohungen von Menschenrechten und Demokratie und angesichts "menschenverachtender Reden, Taten und Pläne sowie der Verharmlosung des Nationalsozialismus und Angriffen jüdischer Menschen und Einrichtungen" hat der 128. Ärztetag in Mainz in einer Resolution die zentrale Bedeutung von Demokratie, Pluralismus und Menschlichkeit betont. Das Genfer Gelöbnis verpflichte alle Ärzte, Patienten unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion, sozialer Herkunft und sexueller Orientierung zu versorgen. Die Internationalität und das Zusammenwirken von Ärzten aus verschiedenen Nationen bereichere die ärztliche Arbeit und fördere wissenschaftliche Exzellenz und Fortschritt. Aus diesem Selbstverständnis ergebe sich, dass Menschenrechte, Freiheit, Pluralismus und Demokratie von zentraler Bedeutung für den ärztlichen Beruf seien. Angesichts ihrer unmenschlichen Verbrechen im Nationalsozialismus stehe die deutsche Ärzteschaft in einer besonderen Verantwortung.
Die gegenwärtig vom Bundesgesundheitsministerium erarbeiteten Pläne insbesondere für die Krankenhausreform werden nicht ihrem Ziel gerecht, effizientere Strukturen zu schaffen. Ein Schlüssel für das Gelingen der Reform sei der adäquate Umgang mit Humanressourcen und auch politische Wertschätzung aller Mitarbeiter in Medizin und Pflege. Vor diesem Hintergrund fordert der Ärztetag Bund und Länder dazu auf, das Reformprojekt gemeinsam zu überarbeiten. Dabei sei insbesondere zu beachten:
Vor dem Hintergrund der wachsenden Alterung der Bevölkerung, die einhergeht mit einer zunehmenden Morbiditätsbelastung fordert der Ärztetag zur Entlastung der Humanressourcen die verbindliche Einführung eines Primärarztsystems, in dem Hausärzte die Koordination und die notwendige Weiterbehandlung von Patienten durch Fachärzte steuern. Dabei soll der unmittelbare Zugang zu Gynäkologen und Augenärzten erhalten bleiben. Für Patienten mit besonderen chronischen Erkrankungen sollten auch die in der Hauptsache behandelnden Fachärzte diese Steuerungsfunktion übernehmen können. Parallel dazu sollte nach der hausärztlichen auch die fachärztliche Vergütung entbudgetiert werden.
Mit Blick auf die Notfallversorgung fordert der Ärztetag die Einrichtung gemeinsamer oder vernetzter Leistellen von ärztlichem Bereitschaftsdienst (116 117) und Rettungsdienst (112). Die Dringlichkeit müsse über eine validierte standardisierte medizinische Ersteinschätzung für eine Zugangssteuerung zur geeigneten und notwendigen Versorgungsebene erfolgen. Dazu müsse auch eine enge Vernetzung von ambulanten und stationären Einrichtungen mit Pflegediensten und Sozialdiensten organisiert werden.
In einer Verbändeanhörung zum Referentenentwurf für das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung vor negativen Effekten auf die Praxisumsätze und Erträge hausärztlicher Praxen im Zusammenhang mit der Einführung jährlicher Versorgungspauschalen gewarnt. Je nach Ausgestaltung des neuen Vergütungskonzepts im Zusammenhang mit der Entbudgetierung der Vergütung könnten die Überschüsse im Durchschnitt für große Teile der Hausärzte um einen fünfstelligen Betrag sinken. Überdies entstünden schwer lösbare Identifikationsprobleme, welcher Praxis die Versorgungspauschale zustehe. Das sei insbesondere bei den etwa 35 Prozent der GKV-Versicherten und Hausarzt-Patienten der Fall, die mehr als einen Hausarzt im Jahr in Anspruch nehmen. Dabei handele es sich nicht nur um Fälle von Doktor-Hopping durch Patienten, sondern auch um medizinische notwendige Konstellationen etwa die Versorgung von Diabetikern in Diabetes-Schwerpunktpraxen oder die Behandlung von Patienten in HIV-Schwerpunktpraxen, in der Substitutionsbehandlung, bei Schmerz- und Psychotherapeuten. Über den betroffenen Ärzten schwebe das Damoklesschwert, dass ihnen im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen die Jahrespauschalen wieder entzogen werden könnten.