In zwei Stufen sollen Herstellung, Verkauf und Konsum von Cannabis für Erwachsene in Deutschland legalisiert werden. Die erste Stufe, die Produktion in nicht kommerziellen Vereinen und der Konsum für deren Mitglieder, soll bis Ende des Jahres möglich werden. Kommerzielle Herstellung und Distribution sollen in einer zweiten Stufe zunächst in Modellen evaluiert werden. Das ist der Kompromiss der Bundesregierung mit der EU-Kommission zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland.
Die bislang repressive, auf Kriminalisierung und Pönalisierung gerichtete Drogenpolitik ist in Bezug auf Cannabis gescheitert. Der Schwarzmarkt blüht, mit erheblichen Risiken für Konsumenten, vor allem aber auch für Kinder und Jugendliche, die von kriminellen Dealern als zukünftige Konsumenten im Schwarzmarkt in die Abhängigkeit geführt werden. Die Zahl der registrierten Drogendelikte im Zusammenhang mit Cannabis steigt trotz Strafverfolgung und erreichte zuletzt eine Zahl von jährlich 360.000.
Nach zähem Ringen mit der EU-Kommission hat die Bundesregierung nun ein Zwei-Säulen-Modell unter der Federführung des Bundesgesundheitsministeriums und unter Beteiligung der Ressorts für Landwirtschaft, Justiz, Wirtschaft und Äußeres erarbeitet, das am 12.04. von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Bundesagrarminister Cem Özdemir vorgestellt worden ist.
Das Ziel sei, so Lauterbach, für Konsumenten mehr Sicherheit zu schaffen, sie vor gefährlichen Verunreinigungen und Beimengungen zu schützen, den Jugendschutz effektiv zu verbessern und den Schwarzmarkt sukzessive auszutrocknen. Mit der Schaffung der legalen Herstellung und des legalen Konsums durch Erwachsene soll der Schwarzmarkt überflüssig gemacht werden. Das sei auch ein entscheidender Beitrag zum Kinder- und Jugendschutz, argumentierte Lauterbach. Dies mache es für kriminelle Dealer uninteressant, Kinder und Jugendliche als zukünftige langfristige Konsumenten in Abhängigkeit zu bringen. Die Schaffung eines legalen Marktes für Cannabis werde darüber hinaus mit einem umfassenden Präventionsprogramm verbunden. "Die kriminellen Dealer werden sich über den heutigen Tag nicht freuen", resümierte Cem Özdemir den jetzt gefundenen Kompromiss.
Umgesetzt werden soll der Plan in zwei Gesetzen. Für die erste Säule soll noch bis zur Sommerpause ein Gesetzentwurf erarbeitet werden (Vorlage eines Arbeitsentwurf noch im April), der nach den parlamentarischen Beratungen im Herbst noch in diesem Jahr rechtwirksam werden soll. Vorgesehen sind darin:
Nicht gewinnorientierte Vereinigungen mit maximal 500 Mitgliedern dürfen unter gesetzlich definierten Rahmenbedingungen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und an (erwachsene) Mitglieder zum Selbstkostenpreis abgeben. Eine Beauftragung Dritter mit dem Anbau ist ausgeschlossen. Der Verkauf an Nichtmitglieder ist nicht erlaubt. Die Höchstabgabemengen betragen 25 Gramm Cannabis täglich, maximal 50 Gramm im Monat, ferner höchstens sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinigungen ist nicht erlaubt. Ein Konsum in den Räumlichkeiten der Vereinigungen ist verboten, ebenso die Abgabe von Alkohol, Tabakerzeugnissen oder anderer Genuss- und Rauschmittel
Neben dem geernteten Genuss-Cannabis (zu Konsumzwecken) dürfen an die Mitglieder auch Samen und Stecklinge zum Eigenanbau abgegeben werden. Geprüft wird noch, ob und inwieweit Saatgut und Stecklinge für den privaten Eigenanbau über eine solche Vereinigung bezogen werden dürfen, ohne dass der Käufer selbst Mitglied in einer Vereinigung ist.
Für die Zulassung und Überwachung der Vereinigungen sind Landesbehörden zuständig; sie prüfen die Einhaltung der Mengen- und Qualitätsvorgaben sowie den Jugendschutz durch Stichproben und Besuche vor Ort. Bei Verstößen sind Bußgelder, Zulassungsentzug und Freiheitsstrafen möglich. Anbau- und Erntemengen müssen auf die Bedarfsdeckung ausgerichtet sein; dafür gibt es Berichts- und Dokumentationspflichten. Export und Import von Genuss-Cannabis sind nicht möglich.
Eine zweite Säule soll die Etablierung kommerzieller Lieferketten ermöglichen. Das wird allerdings in einem ersten Schritt in Modellvorhaben, die fünf Jahre laufen, wissenschaftlich evaluiert. Erlaubt werden sollen die kommerzielle Produktion und die gewerbsmäßige Abgabe von Cannabis in Fachgeschäften. Die Einzelheiten dazu sollen in einem eigenen Gesetzentwurf geregelt werden, der nach der Sommerpause vorgelegt werden soll. Federführend ist das Bundesministerium für Gesundheit, beteiligt sind Justiz, Landwirtschaft, Wirtschaft und Äußeres.
In diesem Zwei-Säulen-Modell sehen Lauterbach und Özdemir die Chance, eine europäische Vorreiterrolle in einer neuen Drogenpolitik einzunehmen, die zur Entkriminalisierung führt, den Schwarzmarkt austrocknet, den Jugendschutz stärkt und die Strafverfolgungsbehörden erheblich entlastet.
Dagegen zweifeln die Bundesärztekammer und andere ärztliche Organisationen daran, dass es gelingt, mit der Legalisierung von Herstellung und Konsum gelingt, den Schwarzmarkt auszutrocknen. Die Bundesärztekammer weist ferner auf einen Bericht des UN-Drogenkontrollrats, wonach die Legalisierung zu mehr Konsum von Cannabis, vor allem in vulnerablen Gruppen führt. Das Versprechen von "sicherem Cannabis" sei irreführend – es handle sich um abhängigkeitserzeugende Drogen – und das sei immer unsicher, so BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt. Anstelle einer Legalisierung light sei ein deutlicher Ausbau von Präventionsangeboten und Interventionsprogrammen vor allem für junge Menschen notwendig. Es sei allerdings nicht klug, junge Menschen bei erstmaligem Besitz geringer Cannabismengen strafrechtlich zu verfolgen; alternativ schlägt Reinhardt vor, solche Delikte als Ordnungswidrigkeit einzustufen, die mit einer Beratungsauflage verknüpft wird.
Die Bundesregierung hat am 5. April den Entwurf eines "Gesetzes zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln" (ALBVVG) beschlossen. Erfasst werden von dem Gesetz neben Kinderarzneimitteln lediglich Antibiotika – das hält die Industrie nicht für ausreichend. Insgesamt zählt die Datenbank der BfArM aktuell 473 Arzneimittel, die von Lieferausfällen betroffen sind, darunter unter anderem Onkologika, Antidiabetika, Antihypertonika und Lipidsenker.
Gesetzlich vorgesehen sind nun:
Die Industrie hält die gesetzgeberischen Pläne für unzureichend. So kritisiert Pro Generika, dass die noch im Referentenentwurf vorgesehen Maßnahmen zur Stabilisierung der Versorgung mit Onkologika entfallen sind. Die Forderungen des Branchenverbandes:
KBV und KZBV haben die Verhandlungen über die Finanzierung der Telematik-Infrastruktur mit dem GKV-Spitzenverband für gescheitert erklärt. Nach dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz war vorgesehen, dass die Vertragspartner sich bis zum 30. April auf eine Vergütung mit Wirkung ab dem 1. Juli hätten einigen sollen – allerdings mit der Möglichkeit, dass das Bundesgesundheitsministerium ersatzweise eine Vergütung vorschreibt. Mit dieser Option hätten Gesetzgeber und BMG von vornherein wenig Platz für eine Verhandlungslösung gelassen, so KBV und KZBV. In einem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach betont der KBV-Vorstand, dass Vertragsärzte der Digitalisierung offen gegenüberstehen, weil sie sich Arbeitserleichterungen versprächen. Das erfordere nicht nur technisch funktionierende Lösungen, sondern auch eine kostendeckende Finanzierung.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie sieht einen erheblichen Verlust in der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland in der klinischen Forschung. Binnen sechs Jahren sei Deutschland weltweit von Platz 2 (nach den USA) auf Platz 6 für klinische Studien mit neuen Arzneimitteln zurückgefallen und rangiere nun hinter China, Großbritannien, Spanien und Kanada. Dabei forderte der Präsident der Fachgesellschaft, Professor Stephan Baldus (Köln) bei der Eröffnung der 89. Jahrestagung seiner Organisation am 13.04. in Mannheim verstärkte Forschungsanstrengungen in der Kardiologie. Die Zahl der laufenden Studien betrage nur etwa 20 Prozent des Volumens in der Onkologie-Forschung. Angesichts neuer Erkenntnisse und neuer Therapieprinzipien sei es notwendig, in der Kardiologie neue, präzisere Endpunkte und stratifizierte Behandlungskonzepte zu entwickeln, wofür die Onkologie einige Blaupausen entwickelt habe.
Der Bundesverband der Belegärzte sieht positiver Signale aus dem Bundesgesundheitsministerium dafür, dass bei der anstehenden Krankenhausreform ein Teil seiner Forderungen berücksichtigt wird. Dazu gehört laut einer Mitteilung des Verbandes die Zusage von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, wonach bei der Entwicklung der Vorhaltepauschalen für die Kliniken das BMG gemeinsam mit den Fachgesellschaften Leistungskomplexe definieren könnte, von denen auch das Belegarztwesen profitieren könnte. Der Belegarztverband fordert insbesondere, Belegkliniken und Krankenhäuser mit Hauptabteilungen des Level 1 hinsichtlich der Vorhaltekosten gleich zu behandeln. Eine Absage habe Lauterbach einer Etablierung von Praxiskliniken neben bestehenden Krankenhäusern erteilt.
Die Beitragsrückstände in den gesetzlichen Sozialversicherungen haben nach Daten des Bundesamtes für Soziale Sicherheit als Folge der Corona-Pandemie im Januar 2023 einen Rekordwert von 20,1 Milliarden Euro erreicht. Ende 2019 waren es 17,3 Milliarden Euro. Den relativ größten Anstieg der Schulden gab es bei der gesetzlichen Krankenversicherung von 9 auf nunmehr 11,4 Milliarden Euro. Zu den säumigen Beitragszahlern gehören vor allem Selbstständige und Studenten, die von der Pandemie besonders betroffen waren. Für deren medizinische Versorgung ist dies kritisch, weil nach zwei Monaten Zahlungsausfall nur noch ein Anspruch auf Notfallversorgung besteht. Ferner stehen diese Personen vor dem Problem eines hohen Schuldenberges: Laut 2007 bestehenden gesetzlichen Bestimmungen müssen sie ihre Beiträge nachentrichten. Die PKV hat diese Probleme nicht. Die Zahl der Mitglieder, die im Notfalltarif versichert sind, stieg nur geringfügig um einige hundert auf 84.100 an.